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# taz.de -- McKinsey-Affäre in Berlin: Da ist guter Rat teuer
> Fünf Stunden lang muss Senatskanzleichef Böhning Auskunft über einen
> umstrittenen Auftrag an McKinsey geben. Die Opposition bleibt skeptisch.
Bild: Nun muss er Klartext reden: Senatskanzleichef Björn Böhning am Mittwoch…
Ich allein war‘s. Kein anderer. Und vor allem nicht der Regierende
Bürgermeister. Und legal war‘s sowieso. Es ist ein großer Schutzschirm, den
Staatssekretär Björn Böhning (SPD), der Chef der Senatskanzlei, am
Mittwochvormittag vor Regierungschef Michael Müller ausbreitet. Von
skandalöser Vergabe eines Auftrags für einen Masterplan Integration an die
Beratungsfirma McKinsey war zuvor zu lesen gewesen. Und davon, dass Müller
dem früheren SPD-Staatssekretär Lutz Diwell auf diesem Weg einen Auftrag
zugeschanzt habe. Nichts davon soll wahr sein – „es gibt keinen Filz“,
erklärt Böhning in Raum 113 des Abgeordnetenhauses.
Der Hauptausschuss ist dort am Mittwochmorgen zu einer Sondersitzung
zusammengekommen, um nachzuholen, was schon eine Woche zuvor möglich
gewesen wäre, was die rot-schwarze Koalition jedoch vertagte: Böhning zu
den Vorwürfen zu befragen. Zwei Komplexe sind es, die sich durch den
Vormittag ziehen: War der Auftrag überhaupt nötig und warum ging er ohne
Ausschreibung an McKinsey? Und: Welche Rolle spielte Diwell dabei, der bis
2009 erst in der Berliner Innenverwaltung, später im Bundesinnen- und
-justizministerium Staatssekretär war?
Dass Böhning den Auftrag nicht wie eigentlich vorgeschrieben öffentlich
ausschreiben ließ, begründet er mit einer Ausnahmeregelung im Gesetz:
Demnach besaß nur McKinsey eine einzigartige Expertise in Sachen
Flüchtlinge. Er zitiert zudem die Bundeskanzlerin, die in der
Flüchtlingskrise Flexibilität eingefordert habe. Elf andere
Beratungsunternehmen will Böhning mit seinen Mitarbeitern dennoch geprüft
haben und sich auch bei Bundesbehörden erkundigt haben, bevor er sich Ende
Dezember für McKinsey entschied – er als Chef der Senatskanzlei, nicht etwa
der gesamte Senat. Dabei soll es keine Rolle gespielt haben, dass McKInsey
zuvor „pro bono“, also ehrenamtlich, für das Land tätig war, als es um das
Flüchtlingsmanagement am Lageso ging.
Für die Opposition aus Grünen, Linkspartei und Piraten hingegen liegt es an
diesem Vormittag nahe, dass McKinsey durch diese Tätigkeit einen Fuß in die
Tür bekommen hat. Und was die angeblich einzigartige Expertise des
Unternehmens angeht: Die kann die Opposition in dem Ergebnis nicht
wiederfinden, weder in Zeitschienen noch in Prognosen. Es sei ein zeitloser
Plan, wie man ihn vielfach kenne. Das sieht Böhning ganz anders: McKinsey
habe „exzellente Arbeit geleistet“, stolz sei er auf den Masterplan des
Senats.
Allein in einem Punkt leistet Böhning Abbitte: dass er den Hauptausschuss
nach Auftragsvergabe Anfang Januar nicht gleich informierte, sondern erst
in der übernächsten Sitzung Mitte Februar. „Dafür entschuldige ich mich“,
sagt er. Die Information sei ihm „in der Hitze des Gefechts durchgegangen“.
Grüne, Linke und Piraten sehen bei diesen Worten alles andere als überzeugt
aus.
Bleibt die Rolle von Diwell, dem der Linken-Abgeordnete Steffen Zillich
zugesteht, er sei ein guter Staatssekretär gewesen. Böhning will nur mit
McKinsey verhandelt und erst später erfahren haben, dass sein Parteifreund
von McKinsey bei diesem Auftrag eingesetzt wurde: „Es gab keine Trickserei,
jemanden unterzubringen.“
Insgesamt 61 Fragen hatten Grüne und Linke ihm schon vorher zugeschickt, in
den fünf Stunden der Sitzung kommen noch geschätzt zwei Dutzend hinzu.
Böhnings SPD-Freunde im Ausschuss beschränken sich hingegen weithin auf ein
zentrales Statement ihres starken Mannes, ihres parlamentarischen
Geschäftsführers Torsten Schneider: Der mag weder Filz noch eine
ungerechtfertigte oder unrechtmäßige Auftragsvergabe erkennen. Und kommt zu
dem Fazit: „Die Sache ist für die SPD-Fraktion erledigt.“
23 Mar 2016
## AUTOREN
Stefan Alberti
## TAGS
Berliner Senat
McKinsey
Lageso
Integration
Michael Müller
McKinsey
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