# taz.de -- Image-Kampagne: Hamburg wirbt fürs Radeln | |
> Der Senat hat eine Pro-Rad-Kampagne beschlossen, um den Radleranteil zu | |
> erhöhen. Auch Autofahrer sollen Regeln für Radspuren lernen, damit die | |
> sicherer werden. | |
Bild: Finden viele Radler gefährlich: Fahrradstraße im Alstervorland | |
Radeln ist schön. Das aber wissen zu wenige, finden Hamburgs Politiker, und | |
deshalb haben sie jetzt eine große Pro-Rad-Kampagne beschlossen. Anfang | |
2017 soll sie starten, im ersten Jahr rund eine Million Euro kosten und | |
einen massiven Bewusstseinswandel bringen. Denn bis ins Jahr 2020 will | |
Hamburgs Senat den Radleranteil von derzeit zwölf auf 25 Prozent erhöhen, | |
und das erfordert Anstrengung: Plakate, Veranstaltungen, sogar einen | |
eigenen Slogan will man ersinnen; Vorbild sind Marken wie „Radlhauptstadt | |
München“ und „I bike Kopenhagen.“ | |
Noch kann Lars Pochnicht, verkehrspolitischer Sprecher der SPD, zwar nicht | |
sagen, wie der Spruch für Hamburg lauten soll, aber emotional soll er sein, | |
Radeln als urbanen Lebensstil inszenieren und das Image des Radelns | |
verbessern. | |
Konkret will man vor allem die städtischen Infrastukturmaßnahmen bewerben: | |
Radspuren, Stadtrad-Stationen, Park-and-Ride-Projekte und Fahrradstraßen | |
sind schon fertig oder in Arbeit, „und so etwas muss man eben auch | |
bewerben“; findet auch Dirk Lau, Sesprecher des Fahrradclubs ADFC, der eine | |
solche Kampagne schon seit Jahren fordert. | |
Speziell die Fahrradstraßen sind allerdings umstritten; kürzlich erst war | |
diejenige im Alstervorland in die Schlagzeilen geraten, weil Autos dort | |
weiterhin so schnell und schnittig fahren, dass Radler lieber den alten – | |
inzwischen illegalen – Radweg durch den Park nutzen. Zwar habe es da in | |
puncto Verkehrsregeln eine Kampagne von Polizei und Innenbehörde gegeben, | |
sagt Pochnicht. „Aber die war klein und hat keine so große Wirkung | |
erzielt.“ Deshalb werde die neue Kampagne auch hier nachlegen. Werde | |
erklären, dass in Fahrradstraßen Tempo 30 gilt, dass Radler nebeneinander | |
fahren dürfen und gleichberechtigte, sogar vorrangige Verkehrsteilnehmer | |
sind. | |
Allerdings wolle man diese Regeln „nicht mit erhobenem Zeigefinger | |
durchsetzen, sondern so darstellen, dass die Menschen sie wohlwollend in | |
ihr Verkehrsverhalten einbeziehen“, sagt Pochnicht. Es klingt wie ein | |
Wunschkonzert, nicht wie ein Gesetz, für dessen Befolgung die Polizei zu | |
sorgen hat. | |
Und was sollen ängstliche Radler tun, bis Autofahrer die | |
Fahrradstraßenregeln begriffen und umgesetzt haben? „Die Fahrradstraßen | |
nutzen“, sagt Pochnicht ungerührt. Genau dafür werde die Kampagne werben. | |
Er weiß zwar, dass der Senat Ende 2015 nach einem Unfall auf der | |
Alstervorland-Fahrradstraße ein Monitoring beschloss. Trotzdem: „Subjektive | |
Ängste können keine Grundlage für Verkehrsplanung sein“, da ist sich der | |
Sozialdemokrat mit ADFC-Mann Lau einig: „Alle Experten sagen, dass | |
Radstraßen objektiv sicherer sind als alte Schrott-Radwege.“ Und wer zu | |
ängstlich zum Radeln sei, so die unterschwellige Botschaft, der solle es | |
eben lassen. | |
Abgesehen davon könne man, so Lau, Verkehrsplanung nicht an der | |
Rücksichtlosigkeit der Autofahrer ausrichten. „Man muss immer davon | |
ausgehen, dass sich alle korrekt verhalten.“ Laut Pochnicht ist | |
Rücksichtnahme in Fahrradstraßen inzwischen sogar Teil von | |
Führerscheinprüfungen. Durch die Pro-Rad-Kampagne würden solche Probleme | |
nicht kaschiert, sondern vielmehr gelöst. | |
Sollte sich nach zwei Jahren der Radleranteil allerdings nicht erhöht | |
haben: Dann könne man, sagt Pochnicht, die Kampagne als gescheitert | |
betrachten. | |
6 Mar 2016 | |
## AUTOREN | |
Petra Schellen | |
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