# taz.de -- Bremer Verkehrsentwicklung: Fahrräder erobern die Straße | |
> Mit Radschnellwegen will Bremen Alternativen zum Auto attraktiver machen. | |
> Beim ersten Projekt gibt’s aber Streit um die Rückkehr der Radler auf die | |
> Straße. | |
Bild: Gleichberechtigt, aber nicht gleich stark: Radler und Autos auf der Rembe… | |
BREMEN taz | Seit Beginn dieser Woche ist die Rembertistraße auch im | |
Abschnitt zwischen Rembertiring und „An der Weide“ Fahrradstraße. Das ist | |
keine Reverenz vorm dort wohnenden Ex-Bürgermeister Henning Scherf, der | |
bundesweit ein Image als passionierter Fahrradfahrer pflegt, sondern ein | |
kleiner Baustein in der Planung einer Radfahrer-Schnellroute zwischen der | |
Universität und der City. In den Phasen des Berufsverkehrs am Vormittag und | |
am späteren Nachmittag nutzen schon bisher vier Mal so viele Radfahrer die | |
Rembertistraße als Autofahrer. | |
Die Nord-Süd-Verbindung soll eine erste Schnellroute werden, der grüne | |
Verkehrspolitiker Ralf Saxe nennt als weitere Ziele die Verbindung von | |
Huchting in die City und eine Ost-West-Verbindung von Hemelingen nach | |
Gröpelingen. Solche Ziele nehmen sich geradezu bescheiden aus im Vergleich | |
zu den Notwehr-Planungen gegen den Verkehrs-Infarkt, die in London | |
diskutiert werden. Mehr als eine Milliarde Euro will Londons Bürgermeister | |
Boris Johnson in den kommenden Jahren für den Radverkehr ausgeben, ein Netz | |
von 220 Kilometern „Fahrradautobahn“ soll in einer zweiten Ebene über dicht | |
befahrene Straßen und S-Bahn-Trassen aufgesetzt werden. Über Rampen und | |
Aufzüge sollen die Radfahrer auf die „SkyCycles“-Bahnen kommen, während | |
unten die Menschen im Stau verzweifeln. | |
Bremen will sinnvoll planen, bevor alles zu spät ist wie in London, sagt | |
der Sprecher des Amtes für Straßen und Verkehr (ASV), Martin Stellmann. Und | |
Bremen hat früh mit der fahrradfreundlichen Politik begonnen: Hier wurde | |
die Möglichkeit erfunden, gegen die Richtung einer Einbahnstraße zu radeln | |
und auch die roten Radwege. An die Radwege haben sich die meisten | |
Verkehrsteilnehmer schon so gewöhnt, dass die Möglichkeit, auch auf der | |
Straße zu radeln, kaum genutzt wird – nur wo die runden, blauen | |
Radwegeschilder stehen, ist die Nutzung des Radweges Pflicht. Wobei auf | |
vielen Straßenzügen die Radwege unsicherer sind, wie die Unfall-Statistiken | |
zeigen, die Politik der Verkehrsplaner ist daher: Räder zurück auf die | |
Straße. | |
Auf den Radrouten sollen Hindernisse, die eine einseitig „autogerechte“ | |
Verkehrsplanung für ein schnelles Vorankommen entstehen ließ, abgetragen | |
werden. Am Jan-Reinders-Weg waren das zum Beispiel schlechte Ampelphasen. | |
Am Rembertiring schaffen es bis heute nur Radfahr-Profis, mit einer | |
Grün-Phase beide Fahrbahnen legal zu überqueren. Die Uni-Route soll über | |
die H.-H.-Meier-Allee führen, auf der Radfahrer heute schon die | |
(reparaturbedürftigen) Radwege nicht nutzen müssen. Die Wachmannstraße ist | |
schon Fahrradstraße. Am „Stern“ soll der Abstand von Auto-Streifen und | |
Radweg etwas vergrößert, der Radweg durch weiße Linien deutlicher | |
abgegrenzt werden. Zu Debatten im Beirat hat kürzlich die Parkallee | |
geführt. Eigentlich ist die Fahrbahn dort zweispurig und also breit genug, | |
die Anwohner haben sich allerdings daran gewöhnt, auf einem Fahrstreifen | |
illegal zu parken. Die örtliche CDU hatte sich dafür eingesetzt, das weiter | |
zu ermöglichen – und dafür die Variante „Fahrradstraße“ neu ins Gespr�… | |
gebracht. Das ASV hatte in seinen ursprünglichen Varianten den teuren | |
Rückbau der Radwege für eine Modell Fahrradstraße eingerechnet – darauf | |
soll nun verzichtet werden. Eine offizielle „Fahrradstraße“ würde auch das | |
Problem am Remberti-Tunnel lösen. | |
Über die Rembertistraße kommen die schnellen Radler dann zum Kennedy-Platz | |
– und da ist vorerst das Ende erreicht für alle, die nicht ins Viertel oder | |
zum Finanzamt abbiegen wollen. Wie ein Rad-Highway über die Bischofsnadel | |
die City erreichen könnte, dafür fehlt dem Politiker Saxe genauso die | |
Phantasie wie den Fachleuten aus dem Amt. | |
Der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Heiko Strohmann, | |
kritisierte – anders als die Stadtteil-CDU – die Maßnahme grundsätzlich m… | |
dem Verweis auf die Kosten – offenbar ohne zu ahnen, dass der Bund sie zu | |
75 Prozent übernimmt. | |
15 May 2014 | |
## AUTOREN | |
Klaus Wolschner | |
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