# taz.de -- Kommentar EU-Flüchtlingspolitik: Wie aus Menschen Objekte werden | |
> Das Elend der Geflüchteten in Idomeni ist kein Zufall, sondern kollektive | |
> Schuld. Auch der Schleichweg nach Mazedonien ist keine Hilfe. | |
Bild: Menschen sind keine Objekte – selbst wenn sie in einem Einkaufswagen si… | |
ZehntausendMenschen, darunter viele Kinder, hängen bei regnerischem Wetter | |
im Schlamm an einer Grenze aus Stacheldraht fest, untergebracht in winzigen | |
Zelten. Die Fotos dieser Verzweifelten gehen um die Welt. Und es hilft – | |
niemand. Dieses Elend ist weder Zufall noch beruht es auf dem Versagen | |
einzelner Staaten. Es handelt sich um eine kollektive Schuld. | |
Für die Bundesregierung wäre es ein Leichtes, diese Menschen nach | |
Deutschland zu holen. Aber dagegen spricht nicht nur, dass die | |
Bundeskanzlerin versprochen hat, die Zahl der Flüchtlinge zu reduzieren. | |
Merkel ist kurz vor dem EU-Gipfel darauf bedacht, nicht einseitig in | |
Vorleistung zu gehen. Wenn die Deutschen die Flüchtlinge schon freiwillig | |
aufnehmen, dann, so die berechtigte Vermutung, hätten die anderen Europäer | |
noch weniger Gründe für ihre Zustimmung zu einer solidarischen Politik. | |
Viele EU-Länder sind nicht wirklich unglücklich über die geschlossene | |
Grenze. Wenn keine Flüchtlinge mehr einreisen, dann, so ihr Kalkül, muss | |
man auch keine mehr verteilen. Aber auch Griechenland spielt ein seltsames | |
Spiel. Die Betreuung der Menschen an der Grenze überlässt man weitgehend | |
freiwilligen Helfern. Als Ersatz für Idomeni werden von der Armee jetzt | |
endlich und viel zu spät neue Lager errichtet. Doch es sind schlecht | |
ausgestattete Zeltstädte, und das, obwohl Zehntausende Hotelbetten im | |
Norden des Landes leer stehen. Griechenlands linker Regierung, so der | |
häufig geäußerte Verdacht, geht es offenbar darum, der Welt ein | |
größtmögliches Elend zu präsentieren – in der Hoffnung auf maximalen | |
Geldsegen oder eine rasche Abschiebung der Flüchtlinge. | |
Ist es da nicht eine großartige Idee, wenn angebliche Helfer in Idomeni den | |
Verzweifelten einen Schleichweg nach Mazedonien weisen und damit das | |
europäische Grenzregime ad absurdum führen? Nein. Es ist nur zynisch und | |
rücksichtslos, bei Menschen Hoffnungen auf die Erfüllung ihrer Träume zu | |
wecken und sie in Lebensgefahr zu bringen, wenn man sich vorher schon | |
denken kann, dass ihre Erwartungen enttäuscht werden. | |
Brutale Grenzer aus Mazedonien zählen ebenso zu dieser Inszenierung wie die | |
Bilder von Flüchtlingen, die einen reißenden Bach überqueren. Dieses | |
Vorgehen hat Menschen zu Objekten einer gescheiterten politischen Aktion | |
gemacht. | |
15 Mar 2016 | |
## AUTOREN | |
Klaus Hillenbrand | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Flucht | |
Flüchtlinge | |
Griechenland | |
Mazedonien | |
Österreich | |
Schwerpunkt Flucht | |
EU-Flüchtlingspolitik | |
Idomeni | |
Idomeni | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Abschottung der Grenze zu Griechenland: Österreich will Mazedonien helfen | |
„Die Westbalkan-Route muss unbedingt geschlossen gehalten werden“, sagt der | |
österreichische Verteidigungsminister. Und verspricht technisches Gerät. | |
Flüchtlinge an der griechischen Grenze: Ein „verbrecherisches“ Flugblatt | |
Wohl wegen eines Flugblattes versuchten hunderte Flüchtlinge, über die | |
Grenze zu Mazedonien zu kommen. Alexis Tsipras ist wütend auf die Autoren. | |
Flüchtlingsabkommen EU-Türkei: Der Deal ist laut Pro Asyl illegal | |
Die Türkei sei kein „sicherer Drittstaat“, kritisiert Pro Asyl. Das Land | |
habe die Genfer Flüchtlingskonvention nicht umgesetzt und schütze manche | |
Flüchtlinge nicht. | |
Kommentar Flüchtlinge in Idomeni: Österreich trägt die Verantwortung | |
An der Grenze zu Mazedonien droht eine Eskalation. Anstatt eine europäische | |
Lösung zu unterstützen, hat Wien auf Populismus gesetzt. | |
March of Hope aus Idomeni: Griechenland prüft Rücknahme | |
Rund 2000 Flüchtlinge haben es über die Grenze nach Mazedonien geschafft. | |
Was nun mit ihnen passiert, ist unklar. Berichten zufolge soll die Aktion | |
gesteuert sein. |