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# taz.de -- Bildungspolitik in Bremen: Nur kein neuer Streit
> Regierung und Opposition wollen den Schulfrieden bewahren und nicht an
> alten Grabenkämpfen rühren. Bis Jahresende wird nun Bilanz gezogen.
Bild: Hier geht der Trend zum Abitur: Bremen
Bremen taz | Weiteren Frieden in den Schulen haben gestern die
Bildungspolitiker aller fünf Landtagsfraktionen ausgerufen. Sie wollen den
2008 beschlossenen „Konsens zur Schulentwicklung“ nicht nur wie geplant
evaluieren lassen, sondern auch verlängern – rechtzeitig vor den für 2019
geplanten Bürgerschaftswahlen.
SPD, CDU und die Grünen hatten sich seinerzeit [1][auf ein zehnjähriges
Stillhalteabkommen verständigt]. Es sollte nicht nur die jahrelangen
Grabenkämpfe in der Bildungspolitik beenden, sondern auch die durch mal
großkoalitionäre, mal rot-grüne Reformen zersplitterte Schullandschaft
einen.
Die sechsjährigen Grundschulen fielen diesem Pakt damals zum Opfer, dafür
mussten SPD und Grüne den existierenden Gymnasien eine „Bestandsgarantie“
geben. Die übrigen weiterführenden Schulen wurden mittlerweile, gemäß den
Absprachen des Schulfriedens, in Oberschulen umgewandelt.
Nun soll bis zum Jahresende Bilanz gezogen werden. Dabei sind auch FDP und
Linkspartei im Boot, die den Konsens seinerzeit zwar mit verhandelt, aber
nicht mit unterschrieben hatten. Der grüne Bildungspolitiker Matthias
Güldner versprach eine unabhängige, externe Expertise und „keinen Bremer
Sumpf, der sich selbst bespiegelt“. Sein SPD-Kollege Mustafa Güngör
bekundete großes Interesse daran, „dass alles auf den Kopf gestellt wird“.
Entsprechend lang ist auch die Aufgabenliste, die in dem gemeinsamen Antrag
aller fünf Landtagsfraktionen steht: Um Inklusion und Ganztagesschulen soll
es gehen, um frühkindliche Bildung und die Integration von Zuwanderern, um
Schulabschlüsse und Sprachförderung, um die Reform der Lehrerausbildung,
Schulsozialarbeit, die Eigenständigkeit von Schulen – und vieles andere
mehr. Und die Ergebnisse der Evaluation sollen möglichst noch in diesem
Jahr vorgestellt werden.
Und während die CDU verhindern will, „dass die Ideologie in die Debatte
zurückkehrt“, will die SPD-Fraktion „keine neue Standort- und
Strukturdebatte“. Im Ressort sieht man das ähnlich: „Meine Mitarbeiter und
ich sind grundsätzlich mit dem Zwei-Säulen-Modell aus Oberschulen und
Gymnasien zufrieden“, erklärte Schulsenatorin Claudia Bogedan gestern.
„Tiefgreifende strukturelle Veränderungen und erneute Schulreformen“ werde
es mit ihr nicht geben, so die SPD-Politikerin.
„Wir brauchen Ruhe und Planungssicherheit“, sagt auch die linke
Bildungspolitikerin Kristina Vogt – „deswegen sitzen wir hier mir am
Tisch“. Entsprechend dezent war ihre Forderung nach „längerer gemeinsamer
Beschulung“ der GrundschülerInnen, entsprechend zurückhaltend auch das
Plädoyer des CDU-Bildungspolitikers Thomas vom Bruch für eine „qualitative
und quantitative Entwicklung der Gymnasien“. Und sowohl CDU als auch
Linkspartei wollen den neuen All-Parteien-Frieden nicht durch allzu viel
Streit ums Geld gefährden: Finanzielle Ressourcen sollte „nicht die
Hauptrolle spielen“, so vom Bruch.
Grüne und FDP wiederum wollen die 2009 eingeführte Inklusion genauer unter
die Lupe nehmen. Die jüngste Bilanz von elf Grundschulen aus dem Westen
fiel da ernüchternd aus: Zuerst gab es erwartbare „Anfangs- und
Anlaufschwierigkeiten“, schrieben sie der Schulsenatorin – und im Laufe der
Zeit „eine Verschlechterung der Situation“.
Es fehlt vor allem am Personal. Damals sprach die CDU von „eklatanten
Missständen“, die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft gar von einem
„bildungspolitischen Desaster“. Solchen Kontroversen wollte gestern niemand
entfachen.
Neue Forderungen kamen dagegen aus den Jugendverbänden von Rot-Grün: Sie
verlangen unter anderem einen verbindlichen Rechtsanspruch auf einen
Schulbesuch bis zum 21. Lebensjahr auch für alle Geflüchteten. Bogedan
lehnt das ab: „Damit holen wir uns Probleme ins Haus, die wir nicht haben
wollen.“
15 Mar 2016
## LINKS
[1] /ROT-GRUeN-BILANZ-4/!5121149
## AUTOREN
Jan Zier
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