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# taz.de -- Die Wahrheit: Conan, der coole Barbar
> Die neue Barbaren-Partei CdB ist der wahre Sieger in Sachsen-Anhalt. Die
> etablierten Parteien müssen sich auf etwas gefasst machen.
Bild: Conan: verkatert, aber voller Power für Sachsen-Anhalt.
Ein Felsmassiv im Naturpark Fläming in Sachsen-Anhalt. Hier lebt er, der
heimliche Sieger der dortigen Landtagswahl. Gut gelaunt empfängt uns der
muskelbepackte Barbarenkönig auf einem aus Totenschädeln und Stahl
errichteten Thron. Wir spüren: Das wird keiner dieser handelsüblichen
Lokaltermine mit einem der vielen rechtsradikalen Politiker der Region.
Schon dass Conan keinen Schlips, dafür aber eine Streitaxt trägt,
signalisiert eine unkonventionelle Gesprächsatmosphäre.
„Hallo“, grüßt der Barbar leutselig und leicht verkatert vom Feiern seines
Überraschungserfolgs. 39 Prozent Nichtwähler haben ihn am Sonntag gewählt.
„Macht’s euch zu meinen Füßen gemütlich.“ Erst jetzt sehen wir die bei…
großbrüstigen Frauen, die links und rechts des Throns knien.
Außer dekorativen Fußketten und schmalen Tigerfellslips tragen sie nichts.
Etwas schüchtern nehmen wir Platz und lassen uns versiegelte Totenschädel
mit Eiweißshake reichen. „GROW von der Koelbl-Trainingsforschung“, schmatzt
Conan genüsslich – „großartig!“ Wir trinken, kommen erst mal an. Dann a…
haken wir mit journalistischer Härte nach: „Wie geht’s denn so, Herr
Conan?“
„Hervorragend. Das Wetter ist viel besser als in Cimmeria und das Fleisch
sehr saftig.“ Er beißt krachend in einen frisch abgerissenen Kuhschenkel.
Eigentlich möchte man hier nur gemütlich sitzen und die Idylle genießen,
aber wir kennen unsere Pflicht. Also fragen wir, warum es denn noch eine
weitere Partei geben muss. „Schaut mal“, sagt der Barbar. „Die Hälfte eu…
Männer geht nicht zur Wahl. Diese Männer sind unzufrieden.“ – „Die Frau…
auch“, ergänzen wir vorsichtig. Conan nickt. „Frauen sind immer
unzufrieden, wenn ihre Männer nur greinen und Kommentare in Onlineforen
schreiben.“
## Das Recht des Stärkeren
Wir fragen: „Und was bieten Sie als Barbarenkönig Neues?“ – „Etwas ganz
Altes“, sagt Conan gut gelaunt. „Das Recht des Stärkeren.“ Das erscheint
uns zunächst etwas simpel. Doch der halbnackte Muskelmann ist ein so
eloquenter wie charmanter Gesprächspartner. Gelassen wirft er den
sogenannten Wirtschaftsliberalen vor, mit „hinterlistigen Mätzchen“ den
freien Wettbewerb der Besten zu Gunsten ihrer feigen Gönner zu untergraben.
Alle anderen Parteien seien Varianten dieser lachhaften Günstlingspolitik.
„Dicke, Blöde, Rollstuhlfahrer – in Hyboria hätte man daraus einen Zirkus
gemacht.“ Der Barbar hält uns das Kuhbein hin. Wir nagen zaghaft. „Und
überall alte zeternde Männer! Viele von Alkohol und Kinderessen
aufgeschwemmt!“
Wir fragen den Barbarenkönig, was er von der AfD hält. Amüsiert zählt er
auf: „Ein Tattergreis, ein schwindsüchtiger Geschichtslehrer, eine Frau,
die aussieht wie ein Mann, ein Storch, der aussieht wie eine Frau – die
boxe ich schneller um, als ein Kamel spucken kann.“ Dann wird der Barbar
ernst: „Die AfD-Menschen sagen ‚Die Presse lügt.‘ Dann sitzen sie den
ganzen Tag vor kleinen Bildschirmen herum und lesen Presse-Artikel. Sie
haben Angst vor allem, was sie nicht verstehen. Zum Beispiel Frauen,
Außenpolitik oder Kondensstreifen. Crom lacht über sie.“
Wir fragen, was bei seiner Partei besser ist. „Die Laune“, sagt der Barbar.
„Schöpferische Zerstörung macht Spaß. Wir Barbaren drucksen nicht herum.
Wir schlagen kaputt, was uns kaputt machen will. AfD-Wähler und
Elsässer-Eierköpfe sehnen sich nach einem starken Mann. Sie verehren das
Pimmelgesicht Putin. Doch jetzt haben viele in Sachsen-Anhalt mich
gewählt.“
Wir fragen Conan nach der Flüchtlingspolitik. Auch hier überlegt er nicht
lange: „Wer stark genug ist, diese von Teigärschen und Hühnerbrüsten
auferlegten Höllenprüfungen von Kälte, Nässe, Schlamm, Zäunen, Hunger,
Durst und wirren Formularen zu überstehen: Herzlich willkommen! Sie sollen
sich mit den Einheimischen paaren, damit mehr mutige, schlaue, kräftige
Kinder geboren werden. Barbaren wie Kuh und ich.“
## „Das gefällt den Neonazis nicht“
„Das gefällt den Neonazis nicht“, merken wir an. Der Barbarenkönig runzelt
die Stirn. „Wenn sie stark, tapfer, schlau und aufrichtig sind und den
freien Kampf lieben, dann begrüße ich auch die Recken Odins. Aber ich traf
so einen Neonazi noch nicht. Ich kenne nur Würmer, die sich um Wahnsinnige
scharen. Sie haben Angst vor sich selbst. Crom lacht sie aus und schickt
sie fort.“
Zum Schluss fragen wir den Barbaren nach Crom. „Ist das der Gott, zu dem
wir beten sollen?“ Conan lacht trocken. „Beten? Das überlasse ich alten
Männern, die mit Kindern schlafen. Oder jungen Unrasierten, die sich für
nichts in die Luft jagen. Crom interessiert sich nicht für unser Gewinsel.
Er gibt Neugeborenen den Mut und die Kraft, wahrhaft zu leben. Das ist
alles.“
Wir nicken noch einmal, bedanken uns für Shake und Gespräch. Zurück in der
Redaktion, studieren wir erneut das Wahlprogramm der CdB. Auf einem flachen
Stein steht eingeritzt: „Kämpfen mit dem Feind, ihn verfolgen und
vernichten und sich erfreuen am Geschrei der Weiber!“
15 Mar 2016
## AUTOREN
Anselm Neft
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