# taz.de -- BGH-Urteil zu Kosten der Elternpflege: Rabatt nur im Ausnahmefall | |
> Wenn für betagte Eltern die Pflege bezahlt werden muss, stehen | |
> Unverheiratete schlechter da. Das bestätigte nun der Bundesgerichtshof. | |
Bild: Im Speisesaal einer Pflegestation für Demenzerkrankte | |
Karlsruhe taz | Unverheiratete Paare sind gegen die Unterhaltsansprüche | |
hochbetagter Eltern schlechter geschützt als Ehegatten. Das entschied nun | |
der Bundesgerichtshof (BGH). Ähnliche Hilfe gewährt der BGH nichtehelichen | |
Paaren nur in bestimmten Familienkonstellationen. | |
Das Verfahren hatte ein heute 74-jähriger Mann aus Berlin ausgelöst, der | |
seit 2010 in seiner Wohnung von einem Pflegedienst betreut wird. Rente und | |
Pflegeversicherung reichten nich, um die erhaltene Pflege zu finanzieren. | |
Die restlichen Kosten übernahm das Sozialamt, das versuchte, sich das Geld | |
vom Sohn des alten Mannes zurückzuholen. Dieser zahlte aber nicht, weil er | |
sich nicht leistungsfähig genug fühlte. | |
Der Sohn, ein 44-jähriger Softwareentwickler, lebt inzwischen in Bayern. | |
Mit seiner Freundin, einer Physiotherapeutin, hat er eine siebenjährige | |
nichteheliche Tochter. Der Programmierer verdient rund 3.300 Euro | |
monatlich. Nach Abzug von Selbstbehalt, beruflichen Aufwendungen, | |
Altersvorsorge und Unterhalt für die Tochter verurteilte ihn das | |
Oberlandesgericht Nürnberg zur Zahlung von 270 Euro monatlich an die | |
Berliner Sozialbehörde. | |
Dagegen ging der Mann in Revision zum BGH und beklagte eine | |
Ungleichbehandlung von Ehegatten und nichtehelichen Paaren. Da er nicht | |
verheiratet ist, war bei ihm ein Selbstbehalt von heute nur 1.800 Euro pro | |
Monat berücksichtigt worden. Zusammen mit einer Ehefrau hätte er jedoch | |
einen Familienselbstbehalt von 3.240 Euro geltend machen können – und hätte | |
dem Sozialamt nichts zahlen müssen. Sein Anwalt Thomas Plehwe berief sich | |
auf den Schutz der Familie im Grundgesetz, der auch für nichteheliche | |
Familien gelte. | |
Der BGH ließ sich darauf aber nicht ein. Den Familienselbstbehalt gebe es | |
nur für Ehegatten, weil auch nur diese rechtlich füreinander einstehen | |
müssen, so der Vorsitzende Richter Hans-Joachim Dose. | |
## Unterhaltsanspruch an die Partnerin | |
Im konkreten Fall könne der Softwareentwickler aber immerhin einen | |
Unterhaltsanspruch seiner Partnerin geltend machen, so der BGH. Die Mutter | |
verzichte ja teilweise auf eigene Berufstätigkeit, um das gemeinsame Kind | |
zu betreuen, wenn es aus der Schule kommt. Allerdings bestehe der Anspruch | |
auf Betreuungsunterhalt normalerweise nur bis zum dritten Lebensjahr eines | |
Kindes. | |
Bei älteren Kindern kann der zahlungspflichtige Elternteil (meist der | |
Vater) grundsätzlich verlangen, dass der andere (meist die Mutter) wieder | |
Geld verdient. Ausnahmsweise kann die Mutter aber weiter zu Hause bleiben, | |
wenn es keine Kita gibt oder wenn das Kind besonders betreuungsbedürftig | |
ist. Im konkreten Fall kam es auf diese Gründe aber nicht an, da sich die | |
Eltern darüber einig waren, dass die Mutter teilweise auf Erwerbsarbeit | |
verzichtet. | |
Diese Gestaltung des familiären Zusammenlebens kann, so der BGH, auch dem | |
Berliner Sozialamt als Leistungsminderung entgegengehalten werden. Insofern | |
ging der Softwareentwickler doch nicht mit ganz leeren Händen nach Hause. | |
Die vom BGH aufgezeigte und von den Vorinstanzen übersehene Lösung dürfte | |
zwar seine Zahlungspflicht gegenüber dem Sozialamt nicht beseitigen, aber | |
doch reduzieren. Die genauen Summen muss nun das OLG Nürnberg feststellen, | |
an das der Rechtsstreit zurückverwiesen wurde. | |
9 Mar 2016 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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