# taz.de -- Diskussion um Flüchtlingspolitik: Seehofer fordert Merkel zu Wende… | |
> Grenzkontrollen, notfalls zurückweisen – so hätte CSU-Chef Seehofer gern | |
> die Politik der Kanzlerin. Wolfgang Schäuble (CDU) kritisiert derweil | |
> SPD-Chef Gabriel. | |
Bild: Frostige Stimmung zwischen Merkel (rechts) und Seehofer (nur im Bild link… | |
Berlin/Shanghai dpa | Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer hat von der | |
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eindringlich eine Abkehr von der | |
bisherigen Flüchtlingspolitik gefordert. „Je mehr wir erkennen, dass die | |
europäische Lösung nicht vorankommt, desto mehr müssen wir auf nationale | |
Maßnahmen setzen“, sagte Bayerns Ministerpräsident dem Nachrichtenmagazin | |
Der Spiegel. Konkret bedeute das: „Kontrolle unserer nationalen Grenzen und | |
Rückweisung von Flüchtlingen.“ | |
Die von Merkel favorisierte Lösung, auf europäischer Ebene der Türkei | |
Kontingente von Migranten abzunehmen, sei zwar immer noch möglich, betonte | |
Seehofer. Er befürchte allerdings eine andere Entwicklung: „Wenn das so | |
weitergeht, ist die von mir definierte Obergrenze von 200.000 schon im März | |
erreicht, und es besteht die Gefahr, dass wir schon vor Jahresende wieder | |
eine Million Flüchtlinge im Land haben werden.“ | |
Seehofer warnte die Schwesterpartei CDU davor, den Blick für die Realität | |
zu verlieren. „Vor der kann man eine Weile wegrennen, weil sie nicht ins | |
politische Konzept passt. Aber dann wird uns eben die Bevölkerung | |
weglaufen“, sagte der CSU-Chef zwei Wochen vor den Landtagswahlen in | |
Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt. | |
Sein Verhältnis zur Kanzlerin in den vergangenen Monaten beschrieb Seehofer | |
mit den Worten, sie beide arbeiteten vernünftig zusammen. Er sehe keine | |
Alternative zur Kanzlerin. Zugleich ließ Seehofer die Frage des Spiegels | |
offen, ob seine CSU Merkel wieder als Kanzlerkandidatin unterstützen würde, | |
wenn die CDU-Vorsitzende bei ihrem Kurs bleibt. | |
## „Erbarmungswürdiges Gerede“ | |
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat Vizekanzler Sigmar Gabriel | |
(SPD) eine „erbarmungswürdige Politik“ in der Flüchtlingskrise vorgeworfe… | |
Mit Blick auf das von Gabriel geforderte Solidaritätsprojekt für die | |
deutsche Bevölkerung parallel zur Flüchtlingshilfe, sagte Schäuble am | |
Samstag in Shanghai: „Wenn wir Flüchtlingen – Menschen, die in bitterer Not | |
sind – nur noch helfen dürfen, wenn wir anderen, die nicht in so bitterer | |
Not sind, das gleiche geben oder mehr, dann ist das erbarmungswürdig.“ | |
SPD-Chef Gabriel hatte im ZDF ein „neues Solidarprojekt“ mit Kita-Plätzen | |
für alle, mehr Geld für den sozialen Wohnungsbau und einer Aufstockung | |
kleiner Renten sowie eine Abkehr vom Sparkurs gefordert. Er wolle | |
verhindern, dass sich die einheimische Bevölkerung angesichts der | |
Milliardenausgaben für Flüchtlinge benachteiligt fühlt. Der Bild am Sonntag | |
sagte Gabriel: „Wenn der CDU (...) der Überschuss an Steuern im Haushalt | |
wichtiger ist als der gesellschaftliche Zusammenhalt, dann macht sie sich | |
mitschuldig an der Radikalisierung im Land.“ | |
Schäuble erwiderte: „Dieses Gerede, dass ich jetzt in allen Bereichen der | |
Politik mehr Geld ausgeben muss, als in der Finanzplanung vorgesehen ist, | |
damit nicht wegen der Flüchtlinge der Rechtsradikalismus steigt – das ist | |
nun wirklich erbarmungswürdig.“ | |
Die Bewältigung dieser außergewöhnlichen Flüchtlingsbewegung habe oberste | |
Priorität. Dem müsse alles andere untergeordnet werden – „wenn möglich o… | |
neue Schulden“. Schäuble mahnte: „Wenn alles prioritär ist, ist nichts | |
prioritär.“ Vielleicht sei das nicht jedem Sozialdemokraten kurz vor | |
Landtagswahlen verständlich zu machen. Gabriel habe es als SPD-Chef auch | |
schwer. Schäuble betonte aber: „Wir kürzen ja gar nicht.“ | |
27 Feb 2016 | |
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