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# taz.de -- Mein Wahlkampftagebuch: Ein Schuhkarton voller Silvesterböller
> Niederlagen in den Ländern könnten explosiv für die Bundespolitik wirken.
> Das gilt für die CDU und Merkels Kurs, aber auch für die SPD.
Bild: Die Ergebnisse von Landtagswahlen sind oft eine bittere Pille für die Bu…
Berlin taz | Wichtige Landtagswahlen und die Bundespolitik – das ist ein
bisschen so, als werfe man ein brennendes Streichholz in einen Schuhkarton
voller Silvesterböller. Manchmal passiert nichts, weil die Flamme erlischt.
Manchmal geht nur ein einziger Knallfrosch los. Und manchmal explodiert
alles, Böller platzen, Raketen zischen durch die Luft.
Was passiert in der Bundes-CDU, wenn sie in Baden-Württemberg und
Rheinland-Pfalz verliert? Winfried Kretschmann, der grüne Merkel-Versteher,
läge vorn und schmiedete ein Regierungsbündnis – mit SPD und FDP oder einer
demoralisierten CDU. Julia Klöckner schaffte es nicht, das Land der
Sozialdemokratin Malu Dreyer abzujagen. Ganz klar: Eine Schockwelle würde
durch die CDU rasen. Keine Partei nährt sich so vom Erfolg und vom
Machterhalt wie sie.
Der Druck auf Merkel, ihren Kurs in der Flüchtlingspolitik zu ändern,
stiege ins Unermessliche. Denn ihre vielen Gegner würden die Niederlagen
als letzten Beweis für den angeblichen Irrweg der Kanzlerin interpretieren.
Das wäre unfair, weil sich die CDU-Kandidaten im Wahlkampf ja gerade von
Merkel distanzierten. Aber in der Politik gewinnt meist die einfache
Erzählung.
Außerdem ist da ja die AfD, die aus dem Stand mit starken Ergebnissen in
beide Landtage einziehen wird. Für die Union wird das bedrohliche Szenario
einer Partei rechts von der CSU endgültig Wirklichkeit, Panikreaktionen
sind nicht ausgeschlossen. Merkel kann einem fast leid tun.
## Falls die SPD verliert, wackelt Gabriel
Im Willy-Brandt-Haus zittert man wegen einer anderen Variante. Der SPD
droht in Baden-Württemberg eine fürchterliche Blamage. Sie liegt in
Umfragen zwischen 13 und 16 Prozent, teilweise nur knapp vor der AfD. Wenn
dieser brutale Stimmenverlust Wirklichkeit wird und vielleicht noch Malu
Dreyer in Rheinland-Pfalz verliert, beginnt die Diskussion über die Zukunft
von Sigmar Gabriel.
Gabriel bekam auf dem Parteitag im Dezember ein katastrophales Ergebnis,
die Partei trägt seinen oft unstet wirkenden, mittigen Kurs nur murrend
mit. Krachende Niederlagen in den Ländern würden dem sowieso angeschlagenen
Chef angelastet. Ob wichtige Sozialdemokraten tatsächlich seinen Sturz
betreiben würden, ist offen – einen Parteichef, Vizekanzler und
Wirtschaftsminister tauscht man ja nicht mal eben aus. Aber auch eine
Trotzreaktion Gabriels ist drin, er nimmt die Dinge persönlich.
Sicher ist jetzt schon: Bei den Grünen beginnt ein Kampf um die
Deutungshoheit. Ist Kretschmanns Politikstil ein Erfolgsmodell für den Bund
– oder nicht? Der wichtige Grüne, der auf ökologisch grundierten
Konservatismus setzt, wird in jedem Fall ein sensationelles Ergebnis
einfahren. Hinzu kommt, dass die Ökopartei im Bund nach den Landtagswahlen
über soziale Gerechtkeit diskutieren will. Viele Konflikte, die wegen
Kretschmanns Wahlkampf unterdrückt wurden, dürften dann aufbrechen. Schluss
mit Wohlfühl-Bio.
Die FDP wird es – Stand jetzt – satt in beide Landtage schaffen. Das ist
ein wichtiger Schritt hin zu dem wichtigsten Ziel von Parteichef Christian
Lindner. Er will die FDP wieder als marktliberale Kraft im Bundestag
etablieren. Aussichten: gut. Und die Linken? Sie sitzen weder in Stuttgart
noch in Mainz im Parlament. Ein Sprung über eine Fünf-Prozent-Hürde wäre
ein toller Erfolg, bliebe aber ohne größere Verwerfungen im Bund.
Spannend wird es also vor allem bei Union, SPD und Grünen. Nach dieser
Funkenflug-Vorhersage – zurück in die Länder.
1 Mar 2016
## AUTOREN
Ulrich Schulte
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Sigmar Gabriel
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Morddrohungen
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Horst Seehofer
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