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# taz.de -- Mein Wahlkampftagebuch (Schluss): Wie Kohl als Fischers Vize
> Kommt Grün-Schwarz im Südwesten? Es gibt mehrere Szenarios für die Union
> zur Landtagswahl in Baden-Württemberg am Sonntag.
Bild: Ist nur „der Herr Kandidat“: Union-Spitzenkandidat Guido Wolf.
Ein Witz bei den Grünen in Baden-Württemberg geht so: Winfried Kretschmann
ist der beste Ministerpräsident - den die CDU jemals hatte. Dieser Witz
bekommt einen anderen Dreh, je nachdem, wer ihn erzählt.
Linksgrün gedreht: Kretschmann hat unsere Positionen bis zur
Ununterscheidbarkeit geräumt. Twist der Realos: Kretschmann hat der CDU
erfolgreich die Mitte abgenommen. Und dann steckt in dem Witz eine
Spekulation, für die man noch vor wenigen Monaten für verrückt erklärt
worden wäre: Dass die CDU Kretschmann wirklich als ihren
Ministerpräsidenten bekommen könnte. In einer grün-schwarzen Regierung.
Grün-Schwarz. Das wäre beinahe wie Kohl als Vizekanzler von Joschka
Fischer. Oder Merkel als Juniorpartnerin von Trittin oder Künast oder
Özdemir. Wie um alles in der Welt sollte es dazu kommen? Wie wahrscheinlich
ist das? Spielen wir es mal durch.
1. Die Umfragen: In den jüngsten vier [1][Umfragen] liegen die Grünen vor
der CDU. Die SPD zerbröselt zu 12,5 bis 16 Prozent. Afd und FDP im Landtag,
Linke nicht. Nehmen wir das mal als Grundlage.
2. Grün-Schwarz: Das böte der CDU immerhin die Rückkehr in ein paar
Ministerien. Und nur das würde die Fieberkrämpfe lindern, die sie nach der
möglichen historischen Niederlage schütteln würden. Außerdem könnte sie
sich einen modernen Anstrich verleihen. Schon Günther Oettinger träumte von
einer Begrünung seiner CDU in einem Regierungsbündnis, allerdings unter ihm
als Ministerpräsidenten. Nebenargument: Grün-Schwarz in Stuttgart wäre eine
Vorstufe für Schwarz-Grün in Berlin.
3. Die anderen Optionen: Vielleicht reicht es ja doch wieder für Grün-Rot.
Kretschmann müsste durch die Decke gehen und die SPD nicht ganz so tief
fallen. Die Kretschmann-Ampel hat die FDP inzwischen ausgeschlossen.
Schwarz-Rot? Wohl keine Mehrheit. Da müssten sich schon CDU, SPD und FDP
zusammen tun, ein Bündnis, das der schwarz-rot-gelben, pardon: goldenen
Parteifarben wegen etwas großspurig „Deutschlandkoalition“ genannt wird.
Die SPD würde aus den letzten Krümeln ein paar Ministerämter kneten und die
FDP wäre auch wieder in der Regierung. Nachteile: Wie soll aus zwei Losern
und einer FDP eine Erfolgsgeschichte werden?
4. Guido Wolf: Er hat Grün-Schwarz ausgeschlossen. Im CDU-Landesvorstand
fragt man sich, wie man so dämlich sein kann. Denn wer Schwarz-Rot-Gelb
will, verhandelt doch besser, wenn er eine zweite Option in petto hat – und
das wäre Grün-Schwarz. „Eine einsame Entscheidung“, sagt ein CDU-Oberer
dazu. „Wie zu Mappus Zeiten.“ Heißt: Ist Wolf weg, ist seine Absage an
Grün-Schwarz weg. Und wenn die CDU hinter die Grünen zurückfällt, geht es
Wolf an den Kragen. Wichtig sind die Chefs der vier baden-württembergischen
CDU-Bezirke, die ihn nicht gerade anhimmeln. Das tut CDU-Landeschef Thomas
Strobl sowieso nicht, der gegen Wolf eine Mitgliederbefragung um die
Spitzenkandidatur verlor. Volker Kauder, der Fraktionschef im Bundestag und
Wolfs Wahlkreisbüronachbar in Tuttlingen, ist in Konfliktfällen immer auf
der Seite von Merkel. Also gegen Wolf. Den nennen Parteifreunde: „Der Herr
Kandidat“. Darin steckt die Drohung, dass Wolfs Spitzenkandidatur am
Sonntag um 18 Uhr endet. Danach ist er nur noch Chef der Landtagsfraktion.
5. Die Juniorenfrage: Ja, und wer würde der Vizeministerpräsident unter
Kretschmann? Parteichef Strobl ist nicht mehr frisch vom Fass. Peter Hauk,
die Nummer zwei in der Landtagsfraktion, war als Oppositonsführer so
schwach, dass Wolf ihn ablöste, er ist aber immerhin Bezirkschef in
Nordbaden. Unter den restlichen drei Bezirkschefs ist der Bodenseebaron
Andreas Jung am weitesten, aber ein No-Name. Für die CDU ist ihr
Personaltableau ziemlich ernüchternd. Eigentlich hat sie niemanden. Außer
Kretschmann.
11 Mar 2016
## LINKS
[1] http://www.wahlrecht.de/umfragen/landtage/baden-wuerttemberg.htm
## AUTOREN
Georg Löwisch
## TAGS
Schwerpunkt Landtagswahlen
CDU Baden-Württemberg
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