| # taz.de -- Verteilung von Flüchtlings-Schulklassen: Mit dem Schulbus ins Rand… | |
| > Hamburg richtet spezielle Vorbereitungsklassen für Flüchtlingskinder ein | |
| > – häufig an Schulen in „sozial schwachen“ Vierteln. | |
| Bild: Ihr ist es womöglich egal, wo sie an die Tafel muss: Zweitklässlerin in… | |
| HAMBURG taz | Wo gehen geflüchtete Kinder zu Schule – und sind in diesem | |
| Punkt die Lasten gerecht verteilt? Darüber ist in Hamburg ein Streit | |
| entbrannt. Den Anlass hat die Antwort des rot-grünen Senats auf eine | |
| Anfrage der FDP-Abgeordneten Anna von Treuenfels-Frowein geliefert: Darin | |
| heißt es, von den 202 eigens für Flüchtlingskinder eingerichteten | |
| „Vorbereitungsklassen“ fänden sich fast 60 Prozent an Schulen mit dem | |
| niedrigsten „Sozialindex“: ein Wert zwischen 1 bis 6, erhoben aufgrund von | |
| Bildungsstand und Einkommen der Eltern. Weiterhin seien nur 30 der Klassen | |
| an Gymnasien angesiedelt, aber fast 100 an Stadtteilschulen; die übrigen an | |
| Grundschulen. | |
| Nicht unähnlich der Lage bei der inklusiven Beschulung behinderter Kinder | |
| trägt also auch bei den kleinen Flüchtlingen die Stadtteilschule die | |
| Hauptlast – und damit jene Schulform, die überhaupt erst 2010 aus Haupt- | |
| und Real- sowie Gesamtschulen gebildet wurde und die bis heute um Akzeptanz | |
| kämpft. | |
| Ein Grund für die Schieflage: Hamburgs Schulbehörde setzt beim Einrichten | |
| der Vorbereitungsklassen auf Schulen, die leere Räume haben und nah an den | |
| Flüchtlingsunterkünften liegen. Es könne nun aber nicht sein, kritisierte | |
| Treuenfels-Frowein jüngst gegenüber dem Hamburger Abendblatt, „dass | |
| einzelne Standorte überfordert werden, während andere von Flüchtlingen | |
| quasi nur aus der Zeitung erfahren“: Im vergleichsweise teuren Wohnpflaster | |
| westlich der Alster etwa findet sich derzeit keine einzige | |
| Flüchtlingsklasse. | |
| Für Sabine Boeddinghaus, bildungspolitische Sprecherin der Hamburger | |
| Linksfraktion ist es dringend nötig, dass die Stadt ihre | |
| „Schulentwicklungsplanung“ (SEPL) überarbeitet und dabei auch auf die | |
| Flüchtlingssituation eingeht. Wenn verantwortliche SPD-Politiker drüber | |
| nachdächten, Kinder aus einer geplanten großen Unterkunft im Stadtteil | |
| Neugraben lieber mit Bussen in entfernte Schulen zu fahren, als vor Ort | |
| Kapazitäten zu schaffen, dann wäre das bei bis zu 600 Kindern keine Lösung, | |
| sagt Boeddinghaus. | |
| Ihr Anliegen unterstützen auch FDP und CDU: Der bestehende Entwicklungsplan | |
| aus dem Jahr 2012 sei veraltet und „konzeptionell schlecht“, sagt auch | |
| Treuenfels-Frowein. Und beim Einrichten der Flüchtlingsklassen an Schulen | |
| gehöre der Sozialindex „unbedingt berücksichtigt“. Entsprechende Anträge | |
| der Opposition schmetterte die rot-grüne Bürgerschaftsmehrheit am | |
| Donnerstag Abend aber ab. | |
| Schulsenator Ties Rabe (SPD) war bei der Debatte nicht selbst anwesend, | |
| hatte sich aber zuvor schon geäußert: Weil Eltern Schulen wählen dürften, | |
| gebe es in „beliebten“ – das heißt oft auch: Schulen in besseren Lagen �… | |
| kaum leere Klassenräume. „Das gilt besonders für die Gymnasien.“ Wer eine | |
| bessere Verteilung will, müsste demnach also Schulklassen ausquartieren – | |
| oder das Elternwahlrecht einschränken. „Solch ein Unsinn“, so Rabe, „ist | |
| mit mir nicht zu machen.“ Außerdem: 30 spezielle Klassen an Gymnasien gibt | |
| es ja, für den Senator sind das „so viele wie in keinem anderen | |
| Bundesland“. | |
| Darunter seien auch Schulen, die sich vornähmen, die Flüchtlingskinder auch | |
| über das eine Jahr Vorbereitungszeit zu behalten, sagt die | |
| Grünen-Abgeordnete Stefanie von Berg. Dabei zögen auch die Gymnasien nach. | |
| Schulbehördensprecher Peter Albrecht sagt der taz, man weite die | |
| Vorbereitungsklassen an Gymnasien „massiv aus“. Denkbar sei aber auch, auf | |
| „Busing“ zu setzen, also Kinder notfalls per Bus in andere Stadtteile zu | |
| bringen. Das gibt es an einer Zentralen Erstaufnahme. | |
| Die Grünen halten einen neuen SEPL für zu zeitaufwendig. „Ich bin aber der | |
| Meinung, dass wir bei hoch angewählten Schulen steuernd eingreifen müssen“, | |
| so von Berg. „Ein bestimmer Anteil von Plätzen müsste für die | |
| Regelbeschulung von Flüchtlingskindern freigehalten werden“. | |
| Eine radikale Idee hat indes die fraktionslose Abgeordnete Dora Heyenn. | |
| „Vorbereitunsgklassen gehören abgeschafft, die Kinder sollten gleich ins | |
| Regelschulsystem“, sagt die ehemalige Lehrerin und Linke. Bussing indes ist | |
| für sie kein Problem: „Was ist schlimm, wenn Kinder fünf Kilometer fahren? | |
| In Flächenländern ist das ganz normal“. | |
| 3 Mar 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Kaija Kutter | |
| ## TAGS | |
| Minderjährige Geflüchtete | |
| Inklusion | |
| Schule | |
| Bildung | |
| Ties Rabe | |
| Schwerpunkt Flucht | |
| Schwerpunkt Flucht | |
| Schwerpunkt Flucht | |
| Willkommensklasse | |
| Minderjährige Geflüchtete | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Neue Schul-Debatte in Hamburg: „Die Schulen brauchen Freiheit“ | |
| Schulleiter warnen vor einem Scheitern der Stadtteilschule. Simple | |
| Antworten wie Mathe-Offensiven helfen nicht, sagt deren Sprecher Thimo | |
| Witting | |
| Arbeit für Flüchtlinge in Kita und Schule: „Sie könnten Englisch unterrich… | |
| Die Vorsitzende der Bildungsgewerkschaft GEW, Marlis Tepe, fordert, | |
| Flüchtlinge mit pädagogischer Ausbildung in Kitas und Flüchtlingsheimen | |
| einzusetzen. | |
| Syrische Flüchtlinge in Jordanien: Integration unerwünscht | |
| Hunderttausende Syrer leben im Land, viele von ihnen in Flüchtlingscamps. | |
| Die Regierung ist überfordert und will, dass sie weiterziehen. | |
| taz-Serie Ökonomie der Flucht: Die neuen Mangelfächer | |
| Tausende LehrerInnen wurden neu eingestellt, um Flüchtlinge zu | |
| unterrichten. Auch private Sprachschulen verdienen gut mit ihren Kursen. | |
| taz-Serie Fluchtpunkt Berlin (3): Schule ist ein guter Ort | |
| Die Kinder der Familie Mottaweh haben ihr erstes Zeugnis. Tatsächlich | |
| funktioniert in Berlin die Integration der Flüchtlingskinder erstaunlich | |
| gut. | |
| Erstaufnahme in Neumünster: Kinderflüchtlinge ab in die Provinz | |
| Seit dem Wochenende werden unbegleitete minderjährige Flüchtlinge wie | |
| Erwachsene auf die Bundesländer verteilt. |