# taz.de -- Angeordnete iPhone-Entsperrung: Viele Unterstützer für Apple | |
> Das FBI hat vor Gericht durchgesetzt, dass Apple bei der Entsperrung | |
> eines iPhones helfen soll. Der Konzern weigert sich und wird prominent | |
> unterstützt. | |
Bild: Bekommt viel Unterstützung für seine Weigerung: Apple-Chef Tim Cook | |
CUPERTINO dpa | Apple weigert sich, dem FBI beim Entsperren des iPhones | |
eines getöteten Attentäters zu helfen – und Präsidentschaftsbewerber Donald | |
Trump redet sich in Rage. „Wenn ich mir vorstelle, dass Apple uns nicht | |
erlauben will, auf ihr Mobiltelefon zuzugreifen – was glauben die denn, wer | |
sie sind?“, echauffierte sich Trump im einem Interview mit dem | |
Fernsehsender „Fox News“. Trump ist nicht der einzige Politiker in den USA, | |
der nun auf Apple einprügelt. Doch Apple-Chef Tim Cook steht bei [1][seiner | |
Verteidigung des Rechts auf einen wirksamen Schutz] von persönlichen Daten | |
nicht allein. | |
Worum geht es in dem Fall? Das FBI will mit Hilfe der Daten auf einem | |
gesperrten iPhone die Hintergründe des Anschlags in San Bernardino | |
aufklären. Im vergangenen Dezember hatte der US-Bürger Syed Rizwan Farook | |
zusammen mit seiner Frau aus Pakistan vierzehn Menschen im kalifornischen | |
San Bernardino erschossen – beide starben darauf im Kugelhagel der Polizei. | |
Dem Paar werden Verbindungen zur Terrororganisation IS nachgesagt, die aber | |
nicht konkret belegt sind. | |
Datenspuren wie die Festplatte auf dem heimischen PC hatten die beiden | |
Attentäter bereits vor ihrem Amoklauf vernichtet. Dem FBI fiel aber das | |
iPhone von Farook in die Hände, dass mit einem Passwort gesperrt ist. Je | |
nachdem wie der Attentäter das Gerät konfiguriert hat, könnten nach einer | |
zehnmaligen falschen Passworteingabe alle Daten auf dem Gerät | |
unwiderruflich gelöscht werden. | |
[2][Das FBI verlangt nun von Apple], eine Betriebssystems-Version zu | |
entwickeln, die drei Sicherheitsfeatures ausschaltet: die zahlenmäßige | |
Begrenzung der Löschversuche, eine zeitliche Verzögerung beim mehrfachen | |
Ausprobieren des Passwortes sowie die Vorgabe, dass ein Passwort nur per | |
Hand eingetippt werden kann. Denn nur so könnten die Computerexperten des | |
FBI eine „Brute-Force-Attacke“ starte, um das gesperrte iPhone mit | |
unzähligen Passworteingaben zu knacken. | |
## Eine Büchse der Pandora | |
Dan Guido, Chef der Sicherheitsfirma Trail of Bits, [3][ist überzeugt], | |
dass im konkreten Fall Apple technisch in der Lage wäre, den Forderungen | |
der Sicherheitsbehörden nachzukommen. Die moderneren iPhone-Modelle 6 und | |
6S seien durch einen weiteren Chip „Secure Enclave“ geschützt, so dass dort | |
die FBI-Forderungen technisch nicht so einfach umgesetzt werden könnten. | |
Unter Fachleuten entbrannte zugleich eine Diskussion, ob am Ende auch bei | |
denen der Passwort-Schutz per Software ausgehebelt werden könnte. | |
Apple-Boss Cook geht es aber nicht nur um den Einzelfall, sondern um eine | |
ganz grundsätzliche Frage: Kann ein Unternehmen dazu gezwungen werden, eine | |
Software zu entwickeln, die ganz generell dazu verwendet werden kann, die | |
Sicherheit eines Produkts signifikant zu schwächen. Bislang können sich die | |
Besitzer eines iPhones darauf verlassen, dass die darauf gespeicherten | |
Daten vor unbefugten Zugriffen sicher sind. | |
Der vor Gericht erwirkte Beschluss wirkt wie ein Befehl, die Büchse der | |
Pandora zu öffnen, aus der dann nicht – wie in der griechischen Mythologie | |
überliefert – Übel, Krankheit und Tod entweichen, sondern Hackerattacken, | |
Datendiebstähle und massive Datenschutz-Verletzungen. Deshalb sperrt sich | |
Apple gegen die Gerichtsanordnung. | |
Unterstützung erhielt Apple nun von seinem größten Wettbewerber. [4][In | |
einer Serie von Tweets] lobte Google-Chef Sundar Pichai das Statement von | |
Cook als „wichtig“. Er warnte, die Forderung an ein Unternehmen, das Hacken | |
von Geräten und Daten seiner Kunden zu ermöglichen, „könnte ein | |
besorgniserregender Präzedenzfall werden“ und die Privatsphäre von Nutzern | |
verletzen. | |
## Unterstützung von Menschenrechtsorganisationen | |
Microsoft-Chef Satya Nadella meldete sich nicht persönlich zu Wort. | |
Allerdings äußerte sich die Industriegruppe RGS, in der sich neben | |
Microsoft auch AOL, Dropbox, Evernote, Facebook, Google, LinkedIn, Twitter | |
und Yahoo für eine Reform der Regelungen zur Überwachung durch die | |
Regierung stark machen. „Technologie-Unternehmen sollten nicht dazu | |
gezwungen werden, Hintertüren in die Technologien einzubauen, mit denen sie | |
die Sicherheit ihrer Anwender gewährleisten“, hieß es in der Stellungnahme. | |
Aus dem Facebook-Konzern erreichte Cook eine noch deutlicher formulierte | |
Solidaritäts-Erklärung, allerdings nicht von CEO Mark Zuckerberg selbst, | |
sondern vom Chef des zu Facebook gehörenden Messengers WhatsApp. Der | |
Gründer des Kurzmitteilungsdienstes, Jan Koum, sagte, es gehe um die | |
Freiheit. „Wir dürfen diesen gefährlichen Präzedenzfall nicht zulassen“, | |
schrieb er [5][in einem Facebook-Eintrag]. | |
Zuvor hatten bereits die Bürgerrechtsorganisationen EFF (Electronic | |
Frontier Foundation) und ACLU (American Civil Liberties Union) Apple-Chef | |
Cook den Rücken gestärkt. „Wir unterstützen Apple, weil die Regierung mehr | |
unternimmt als nur nach einer Unterstützung durch Apple zu fragen“, | |
[6][erklärte die EFF]. „Zum ersten Mal verlangt die Regierung von Apple ein | |
ganz neues Programm zu schreiben, das elementare Funktionen der | |
iPhone-Sicherheit beseitigen würde. Sicherheits-Features, die uns alle | |
schützen.“ [7][Die ACLU erklärte], die Verfassung erlaube der Regierung | |
nicht, Unternehmen dazu zu zwingen, die Geräte ihrer Kunden zu hacken. | |
„Apple steht es frei, ein Telefon anzubieten, in dem Informationen sicher | |
gespeichert werden können.“ | |
Da Apple gegen die Anordnung des Bezirksgerichts nicht klein beigeben wird | |
und auch das FBI sowie das Justizministerium kein Einlenken in Aussicht | |
stellen, wird der Konflikt um staatlich verordnete Hintertüren die | |
US-Justiz vermutlich noch etliche Jahre beschäftigen. Der Fall könnte vor | |
dem Obersten Gerichtshof der USA landen. | |
18 Feb 2016 | |
## LINKS | |
[1] http://www.apple.com/customer-letter/ | |
[2] /Gesperrtes-Handy-von-Terrorverdaechtigen/!5279421 | |
[3] http://blog.trailofbits.com/2016/02/17/apple-can-comply-with-the-fbi-court-… | |
[4] http://twitter.com/sundarpichai/status/700104298600886272 | |
[5] http://m.facebook.com/jan.koum/posts/10153907267490011/ | |
[6] http://www.eff.org/de/deeplinks/2016/02/eff-support-apple-encryption-battle | |
[7] http://www.aclu.org/news/aclu-comment-fbi-effort-force-apple-unlock-iphone | |
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Thomas Drake | |
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