| # taz.de -- Bremen: Streit um nicht existenten Betriebsrat: Solidarisch sind nu… | |
| > Alnatura-Mitarbeiter beklagen sich über die Kollegen, die wegen der | |
| > verhinderten Betriebsratswahl an die Öffentlichkeit gegangen sind. | |
| Bild: Alnatura ist so sinnvoll für Mensch und Erde wie ein Betriebsrat. | |
| Bremen taz |Mit der jüngsten Berichterstattung über ihren Arbeitgeber und | |
| die verhinderte Betriebsratswahl sind zehn Alnatura-MitarbeiterInnen so | |
| unglücklich, dass sie einen Brief geschrieben haben. Zumindest befinden | |
| sich zehn Unterschriften unter dem Schreiben, die freilich so unleserlich | |
| sind, dass keiner der Namen zu entziffern ist. | |
| Drei der UnterzeichnerInnen geben sich vor Ort in der Filiale Faulenstraße | |
| immerhin zu erkennen: Filialleiterin Laura Iskandar, ihr Stellvertreter | |
| Sebastian Steinfurth und Sonja B., die als „Tagesvertretung“ bei Bedarf die | |
| FilialleiterInnen vertritt und ihren Nachnamen nicht genannt haben möchte. | |
| „Gerne möchten wir“, heißt es in dem Brief, „eine andere Sichtweise des | |
| Geschehens aufzeigen.“ Von einem „Shitstorm“ ist da die Rede, von | |
| „Behauptungen, die aus Annahmen und Vermutungen bestehen“, von | |
| „überspitzten Artikeln“, an denen jene Kollegen schuld seien, die einen | |
| Betriebsrat wollten. | |
| Die waren an die Öffentlichkeit gegangen, weil die Wahl eines | |
| Wahlvorstandes für die Betriebsratswahl im Oktober gescheitert war: Die | |
| Alnatura-Filialleitung soll vorsätzlich und kurzfristig drei zusätzliche | |
| KandidatInnen aufgestellt haben mit dem Ergebnis, dass keinEr die | |
| erforderliche einfache Mehrheit erhielt. Nun hat das Arbeitsgericht einen | |
| Wahlvorstand eingesetzt. Die Filiale in der Faulenstraße wäre nach | |
| erfolgter Wahl die zweite von bundesweit 99 Alnatura-Filialen mit einem | |
| Betriebsrat (taz berichtete). | |
| „Es gab keine taktischen Spielchen“, sagt Laura Iskandar. „Es gab die drei | |
| Kandidaten schon vorher, aber ich habe nicht verstanden, wann ich die | |
| aufstellen sollte – das ging alles so schnell!“ Dass sie selbst eine der | |
| drei KandidatInnen war, erwähnt sie nicht. Das Vorhaben, einen Betriebsrat | |
| zu wählen, sei im Vorfeld weder kommuniziert noch diskutiert worden, sagt | |
| sie: „Das hat natürlich für einen Vertrauensbruch gesorgt.“ | |
| „Ich brauche keinen Betriebsrat“, sagt ihr Kollege Sebastian Steinfurth. Es | |
| gebe Ansprechpartner für die Mitarbeitenden, „das genügt.“ Die Mehrheit d… | |
| KollegInnen, ist er überzeugt, teile seine Meinung. Auch er bestreitet, | |
| dass es „taktische Spielchen“ bei der Wahl gegeben habe. Wie sie aus seiner | |
| Sicht verlaufen ist, weiß er allerdings nicht mehr: „Da müsste man noch mal | |
| nachschauen, das ist ja auch schon ein bisschen her.“ | |
| Er und seine MitunterzeichnerInnen „wollen jedenfalls klarstellen, dass das | |
| alles so nicht stimmte, wie es berichtet wurde!“ Großen Schaden habe das | |
| angerichtet, von Diffamierungen bei Facebook bis hin zu KundInnen, die | |
| schimpften und teilweise nicht mehr bei ihnen einkaufen wollten. Auch | |
| stimme es nicht, sagt Steinfurth, dass zwei der 21 Mitarbeitenden versetzt | |
| werden sollten, damit nur noch ein einköpfiger Betriebsrat gewählt werden | |
| könne: „In der Tat werden zwei Mitarbeiter nach Hamburg versetzt – | |
| allerdings auf eigenen Wunsch“, sagt Iskandar. | |
| Kai Wargalla, Mitarbeiterin bei Alnatura und eine der InitiatorInnen für | |
| einen Betriebsrat, weiß von dem Brief ihrer KollegInnen genauso wenig wie | |
| ihr Mitstreiter Nils Bauer. „Und die reden von mangelnder Kommunikation!“, | |
| lacht Wargalla. Beide bleiben dabei, dass die Wahl verhindert worden sei: | |
| „Das war eindeutig, und es wurde ja auch im Vorfeld von Seiten der | |
| Filialleitung immer wieder betont, dass man nichts von einem Betriebsrat | |
| halte.“ | |
| Bauer berichtet, dass erst am Montag „ein hohes Tier“ von Alnatura zu | |
| Besuch in der Filiale gewesen sei: „Der sagte, er habe gehört, die Mehrheit | |
| hier sei ja gar nicht für einen Betriebsrat – es scheint so, als würde kaum | |
| jemand verstehen, dass es hier nicht um eine Mehrheitsentscheidung geht.“ | |
| Auch Sonja B. versteht das offenbar nicht: „Die meisten hier wollen doch | |
| gar keinen Betriebsrat“, sagt sie. Sie selbst habe früher bei Penny | |
| gearbeitet, „und da hat der Betriebsrat gar nichts gebracht: Die waren | |
| beste Freunde der Geschäftsführung. Und immer, wenn Betriebsratssitzung | |
| war, mussten wir die Mehrarbeit machen. Das würde hier auch passieren.“ Sie | |
| sei auch ohne Betriebsrat „megaglücklich“ bei Alnatura. | |
| Sie könne, sagt Kai Wargalla, sogar verstehen, dass sich ein paar | |
| KollegInnen schlecht informiert fühlten: „Wir haben das schlichtweg aus | |
| Angst nicht an die große Glocke gehängt, sondern sind zu Ver.di gegangen | |
| und haben offizielle Einladungen verschickt – erst danach ist man rechtlich | |
| geschützt.“ Am Tag vor der Wahl habe es dann eine | |
| MitarbeiterInnen-Versammlung gegeben, „bei der wir gern jemanden von Ver.di | |
| dabei gehabt hätten – das ist uns von den Führungskräften aber verboten | |
| worden“, sagt Wargalla. Und auch ein extra angesetzter Info-Termin mit | |
| Ver.di sei untersagt worden. | |
| Anders als die Filialleitung habe sie von den KundInnen sehr viel Zuspruch | |
| „und große Solidarität“ erfahren. Sie hätten sogar ein Soli-Schreiben von | |
| über 750 VHS-LehrerInnen erhalten, das sie gern ausgehängt hätten, „aber | |
| Frau Iskandar hat das verboten“. | |
| 1 Mar 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Simone Schnase | |
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