| # taz.de -- Wahl in Uganda: Tränengas und Frust | |
| > Nach dem mutmaßlichen Wahlsieg von Präsident Museveni gibt es Unruhen in | |
| > der Hauptstadt. Die Polizei verhaftet den Oppositionsführer. | |
| Bild: Polizisten in den Straßen Kampalas. | |
| KAMPALA taz | Junge Männer türmen Felsbrocken auf der Fahrbahn auf und | |
| werfen mit Steinen. Polizisten und Soldaten umzingeln die Zentrale von | |
| Ugandas größter Oppositionspartei FDC (Forum für Demokratischen Wandel) in | |
| der Hauptstadt Kampala. Kizza Besigye, FDC-Spitzenkandidat und wichtigster | |
| Herausforderer von Präsident Yoweri Museveni bei den Wahlen vom Donnerstag, | |
| hat zur Pressekonferenz geladen. Seine Mitstreiter haben die ganze Nacht | |
| auf eigene Faust Teilergebnisse zusammengezählt, da sie den Zahlen der | |
| Wahlkommission nicht trauen, und wollen ihre Schlüsse nun der Welt | |
| verkünden. | |
| Doch dazu kommt es nicht. „Wir haben Informationen, dass die FDC eigene | |
| Wahlergebnisse veröffentlichen will“, erklärt der örtliche | |
| Polizeikommissar. „Das ist illegal.“ | |
| Um die Straße zu räumen, ruft der Polizeikommandeur erst per Funk nach | |
| Verstärkung: Militärpolizisten, Soldaten von Spezialeinheiten der Armee, | |
| Wasserwerfer und Militärfahrzeuge mit Maschinengewehren auf dem Dach kommen | |
| angebraust und schießen. Dann stürmen die Polizisten die | |
| FDC-Parteizentrale. Sie brechen die Türen auf, setzen Tränengas ein, | |
| stecken Besiyge und seine Mitstreiter in einen gepanzerten Wagen und fahren | |
| davon, darunter der langjährige ugandische Armeechef General Mugisa Muntu. | |
| Besigye, der schon mehrmals gegen Museveni Wahlen verloren hat und jedesmal | |
| von Wahlfälschung spricht, liegt wieder einmal klar hinten: rund 32 Prozent | |
| gegen rund 62 Prozent für Museveni, sagt die Wahlkommission. Der Trend | |
| bleibt stabil, rund die Hälfte der 28.000 Wahllokale des Landes ist am | |
| Nachmittag ausgezählt. Zugleich aber verlieren zahlreiche Größen der | |
| Regierungspartei NRM (Nationale Widerstandspartei) ihre Direktmandate und | |
| damit ihre Parlamentssitze. Justizminister Kahinda Otafiire, | |
| Informationsminister Jim Muhwezi, Verteigidungsminister Crispus Kiyonga, | |
| Innenministerin Rose Akol. Nur Museveni bleibt laut Wahlkommission | |
| verschont. | |
| ## Proteste von Jugendlichen | |
| Doch Besigye bleibt der einzige Gegenkandidat mit einer nennenswerten | |
| Anhängerschaft. Der prominente langjährige Museveni-Freund Amama Mbabazi, | |
| der diesmal gegen den Präsidenten antrat und für Aufsehen sorgte, liegt bei | |
| unter zwei Prozent. Auch Mbabazis Villa in Kampala wird jetzt von | |
| Militärpolizisten umstellt. | |
| Kaum läuft die Nachricht von Besigyes Verhaftung im Radio, protestieren | |
| überall in der Stadt die Jugendlichen. Polizei und Armee müssen ausrücken, | |
| stehen plötzlich an allen Hauptstraßen, feuern sofort Tränengas, sobald | |
| sich kleine Gruppen junger Männer irgendwo zusammenrotten. Vier Menschen | |
| müssen schwerverletzt ins Krankenhaus eingeliefert werden, bestätigt das | |
| Rote Kreuz in einer ersten Bilanz. | |
| Viele Ugander sind fassungslos: „Was wird erst passieren, wenn die | |
| Ergebnisse veröffentlicht werden? Wir haben wirklich Angst“, sagt Ibrahim | |
| Kwizeka, der eilig seinen kleinen Laden verrammelt, als er die Soldaten | |
| sieht. „Kampala ist heute ja fast ein Kriegsgebiet.“ | |
| Während die Stimmauszählung voranschreitet, haben in einigen Wahlkreisen | |
| die Wahllokale am Morgen ein weiteres Mal geöffnet, damit diejenigen | |
| Ugander ihre Stimme abgeben können, die am Wahltag mangels Wahlunterlagen | |
| nicht zum Zug kamen, da die Wahlunterlagen nicht ausgeliefert wurden. So | |
| auch in Ggaba, einem Fischerort am Rande Kampalas am Victoriasee. Hier | |
| hatten am Wahltag aus Frust wegen der Verspätung Reifen gebrannt, die | |
| Wähler demonstrierten, Polizei und Militärpolizei hatten die Proteste mit | |
| Tränengas niedergeschlagen. Die Wahllokale blieben hier am Donnerstag | |
| geschlossen. | |
| An diesem zweiten Wahltag haben nun Dutzende Polizisten die Wahlstation auf | |
| dem Fußballplatz umzingelt, um für Ordnung zu Sorgen. Die Stimmung ist noch | |
| immer angespannt. Denn für die am Vortag zerstörten Stimmzettel gab es | |
| keinen Ersatz. Hunderte junge Männer warten erneut vergeblich, dass sie | |
| wählen gehen dürfen. Sie würden für die Opposition stimmen, wenn sie | |
| könnten. | |
| „Es kann doch nicht wahr sein, dass die Regierung in der Lage ist, in zehn | |
| Minuten Lastwagen voller Polizisten hierher zu bringen, aber uns keine | |
| Stimmzettel schicken kann“, sagt David Omaset. Der 22-Jährige steht in der | |
| Menge vor der Wahlstation und ist frustriert: „Niemand gibt uns Infos, | |
| niemand kann bestätigen ob wir noch wählen können – wahrscheinlich nicht. | |
| Wir haben kein Vertrauen in die Wahl und damit auch nicht in die | |
| Ergebnisse.“ | |
| 19 Feb 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Simone Schlindwein | |
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