| # taz.de -- CDU-Kandidat Guido Wolf in BaWü: „Zwischen Merkel und Seehofer“ | |
| > Die Südwest-CDU hat aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt, sagt | |
| > Spitzenkandidat Guido Wolf. Er sei offen für eine Koalition mit der SPD | |
| > oder den Grünen. | |
| Bild: Guido Wolf „vertraut der Kanzlerin“, will aber die Bedingungen für A… | |
| taz: Herr Wolf, Sie sagen, am 13. März findet eine Schicksalswahl in | |
| Baden-Württemberg statt. Für die CDU, für Sie oder für das Land? | |
| Guido Wolf: Für die CDU natürlich auch, es ist unsrer Wahlziel, wieder die | |
| Regierungsverantwortung zu erlangen. Ich bin nie derjenige gewesen, der | |
| unser schlechtes Wahlergebnis als Betriebsunfall gewertet hat. Es war das | |
| Ergebnis einer demokratischen Wahl, die uns die Rolle der Opposition | |
| zugewiesen hat. | |
| Für die deutsche Öffentlichkeit sind Sie der Mann, der Frau Merkel auf dem | |
| Parteitag einen Plüschwolf übergeben hat. Was hat Sie in die Politik | |
| gebracht? | |
| Als Student in Konstanz habe ich erlebt, wie der damalige Ministerpräsident | |
| Lothar Späth von der studentischen Linken daran gehindert wurde, einen | |
| Vortrag zu halten. Ich fand, man muss nicht seiner Meinung sein, aber man | |
| sollte ihm in einer Demokratie zumindest zuhören. Ich bin danach in die CDU | |
| eingetreten. Das entsprach am ehesten meinen Überzeugungen und war | |
| sicherlich auch durch das Elternhaus angelegt. | |
| Die Auseinandersetzungen um Stuttgart 21 haben die letzte Wahl entschieden. | |
| Inzwischen ist höchstrichterlich entschieden, dass der Polizeieinsatz am | |
| schwarzen Donnerstag rechtswidrig war. Der Ministerpräsident hat sich dafür | |
| entschuldigt, wann entschuldigt sich Ihre Partei bei den verletzten | |
| Demonstranten? Sie war damals in Regierungsverantwortung. | |
| Ich fand es gut, dass der Ministerpräsident mit dem, was er gesagt hat, | |
| sicherlich einen Beitrag zur Befriedung leisten konnte. Mir ist es in | |
| gleicher Weise wichtig, dass an die Adresse der verletzten Polizeibeamten | |
| und Polizeibeamtinnen zu tun, die es ja auch gegeben hat. | |
| Wer sollte sich bei den Polizisten entschuldigen? | |
| Mir geht es nicht darum, zu moralisieren. Ich will die Entschuldigung des | |
| Ministerpräsidenten nur erweitern. Für mich geht sie sowohl in Richtung der | |
| betroffenen Demonstranten als auch in Richtung der betroffenen Polizisten. | |
| Ein Thema, das alle anderen überstrahlt, ist die Flüchtlingsfrage. Sie | |
| scheinen dabei näher an Seehofer als an der Bundesregierung zu liegen. | |
| Kretschmann sei ein „Merkel-Versteher“, sagen Sie etwas abfällig. | |
| Ich sage, Winfried Kretschmann gibt sich in Baden-Württemberg als | |
| Kanzlerinnen-Versteher. Er betet ja inzwischen sogar für sie, und er hat | |
| sich die in Berlin ausgehandelten Ergebnisse der Großen Koalition politisch | |
| zu eigen gemacht. Jetzt lässt er aber keine Taten folgen. Das kritisiere | |
| ich. Einerseits diese Merkel-Nähe vorzugeben und andererseits im Land das, | |
| was in dem Paket drinsteckt, nicht wirklich umzusetzen. | |
| Sind Sie nun auch ein Kanzlerinnen-Versteher? | |
| Ich bin von Anfang an hier einen baden-württembergischen Weg gegangen. | |
| Manche haben das als zwischen Merkel und Seehofer bewertet. Das mag so | |
| sein. Ich habe großes Vertrauen in die Kanzlerin. Aber ich sage auch, ein | |
| weiteres Jahr mit über einer Million Flüchtlinge würde die | |
| Integrationskraft des Landes übersteigen. Man darf aber auch nicht die | |
| Landesregierung aus der Verantwortung entlassen. Damit meine ich besonders | |
| die Umstellung von Geld- auf Sachleistungen, die Abschiebepraxis und die | |
| Einstufung weiterer sicherer Herkunftsländer in Nordafrika. | |
| Es geht Ihnen also um die Begrenzung von Flüchtlingen und Verschärfungen | |
| für die Asylsuchenden? | |
| In der Tat. Ich habe den Anspruch, dass man denjenigen mit einer | |
| Bleibeperspektive, auch die Integration eröffnet: Den Zugang zu Ausbildung | |
| und Sprache. Das ist eine große Kraftanstrengung. Aber das können wir für | |
| diese hohe Zahl, die derzeit zu uns kommt, mit Sicherheit nicht leisten. Es | |
| werden auch nicht alle bleiben können. Selbst diejenigen nicht, die jetzt | |
| als Asylberechtigte anerkannt werden. Ihr Status muss ja nach drei Jahren | |
| überprüft werden. Wenn sich die Sicherheit in ihrem Heimatland nachweisen | |
| lässt, dann müssen auch sie wieder zurück. | |
| Sie haben die Landesregierung kritisiert, weil sie mit dem sogenannten | |
| Aktionsplan andere Lebensmodelle als die klassische Familie Kindern | |
| nahebringen will. Wäre es denn nicht eigentlich wünschenswert, gerade auch | |
| Kinder aus anderen Kulturkreisen früh an schwule, lesbische und | |
| Transgender-Lebensformen heranzuführen? | |
| Die Frage ist, zu welchem Zeitpunkt sollen sich Kinder mit Fragen der | |
| Sexualität befassen? Da macht es einen Unterschied, ob man schon im | |
| Kindergarten ansetzen will oder erst später. Ich kann verstehen, dass | |
| Eltern den Zeitpunkt mitbestimmen wollen. Natürlich sind wir auch in | |
| unserer Partei dafür, dass jede Form von Diskriminierung von Menschen | |
| aufgrund ihrer sexuellen Ausrichtung vermieden wird. Übrigens auch bei | |
| anderen Aspekten: Herkunft, Glaube, Behinderung. | |
| Auf einem Ihrer Wahlplakate rollen Sie eine Straße aus. Kretschmann hat zu | |
| Beginn seiner Amtszeit gesagt, weniger Autos sind besser als mehr Autos. | |
| Was ist an der Aussage falsch? | |
| Ich glaube, Kretschmann selbst hat sie später für einen großen politischen | |
| Fehler im Autoland Baden-Württemberg gehalten. Es geht nicht darum, weniger | |
| Autos zu produzieren. Wir müssen die besten und umweltfreundlichsten | |
| Fahrzeuge produzieren. Das ist mein Anspruch. | |
| Die VW-Krise zeigt, dass deutsche Autos offenbar gar nicht so | |
| umweltfreundlich sind. Finden Sie, Politik hat darauf gar keinen Einfluss? | |
| Auf jeden Fall sollte sie nicht reflexartig reagieren, wie es | |
| Verkehrsminister Hermann getan hat: Jetzt machen wir Dopingkontrollen für | |
| Dieselfahrzeuge. Ich will, was bei VW passiert ist, nicht beschönigen. Das | |
| kann dem Image eines Wirtschaftsstandorts schaden. Da muss ich als | |
| Politiker eine Erwartungshaltung an die Wirtschaft formulieren. Aber ich | |
| darf nicht unterstellen, dass Wirtschaft generell zu strafbarem Handeln | |
| bereit ist. Das ist nicht der Normalfall. | |
| Die Landtagswahl ist so offen wie nie in Baden-Württemberg. Sie wollen | |
| zurück an die Macht. Fragt sich nur, mit wem Sie sich eine Zusammenarbeit | |
| vorstellen können? | |
| Wir wollen so stark werden, dass gegen uns nicht regiert werden kann. Es | |
| war ein Fehler vor fünf Jahren, nur mit einer Koalitionsoption in die Wahl | |
| zu gehen. Diesen Fehler werden wir nicht wiederholen. Wir haben mit der FDP | |
| viele Jahre gut zusammenregiert. Vieles spricht für diese Option. Aber ich | |
| kann mir auch eine Koalition mit der SPD oder mit den Grünen vorstellen. | |
| Nicht vorstellbar ist irgendeine Zusammenarbeit mit der AfD oder der | |
| Linken. | |
| Die Grünen versuchen derweil bei Ihrer Klientel zu wildern. Winfried | |
| Kretschmann sagt, auch die schwäbische Hausfrau könne ohne Bedenken Grün | |
| wählen. | |
| Jetzt schauen wir mal. Ich habe in der Politik gelernt, dass es selten | |
| gelingt, sich in einem Wahlkampf Kernkompetenzen anzueignen, die einem nie | |
| zugeschrieben wurden. Das ist so, als wenn die CDU jetzt plötzlich antreten | |
| würde, sich zur neuen Ökopartei zu machen. Das kann man versuchen, | |
| glaubwürdig ist das aber nicht. | |
| 17 Feb 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Benno Stieber | |
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