# taz.de -- Strom aus der Wüste: Marokko setzt auf Sonne statt Kohle | |
> Im Maghreb-Staat gibt es einen Boom der Erneuerbaren. In der Sahara | |
> weihte König Mohamed VI. die künftig größte Solaranlage der Welt ein. | |
Bild: Groß und erneuerbar: Noor in der Sahara | |
Madrid taz | Noch importiert Marokko mehr Strom als jedes andere Land im | |
Nahen Osten und Nordafrika. Das soll sich ändern: Das Königreich setzt auf | |
Erneuerbare. Bis 2020 will Marokko 42 Prozent seines Energiebedarfs aus | |
diesen Quellen decken. | |
Dazu weihte König Mohamed VI. am Donnerstag in der Sahara den bei | |
Vollendung weltweit größten Solarpark ein. 800 geladene Gäste feierten in | |
Ouarzazate 200 Kilometer südöstlich von Marrakesch die Fertigstellung des | |
ersten Bauabschnittes eines Parabolrinnenkraftwerks mit dem Namen Noor 1. | |
Die Anlage verfügt über einen Flüssigsalzspeicher, der dafür sorgt, dass | |
auch ohne Sonne vier Stunden weiter Strom produziert werden kann. | |
Noor 1 ist die erste Ausbauphase eines noch viel größeren Komplexes. Die | |
Anlage hat eine Leistung von 160 Megawatt (MW) und kostete 775 Millionen | |
Euro. Bis 2018 sollen drei weitere Bauabschnitte folgen. Auf 3.000 Hektar | |
werden dann 580 MW Kapazität stehen. Dann sollen damit 1,2 Millionen | |
Marokkaner mit Strom versorgt werden. Die Gesamtkosten sollen sich auf über | |
3 Milliarden Euro belaufen. | |
Noor 1 wurde von vier spanische Firmen errichtet. Auftraggeber war die | |
saudische ACWA Power, die von der königlich marokkanischen Energieagentur | |
MASEN den Zuschlag für drei der vier Bauabschnitte erhielt. Der Zuschlag | |
für die vierte Phase wurde noch nicht erteilt. ACWA Power hatte sich gegen | |
namhafte Mitbewerber, wie den italienischen Energieversorger ENEL oder das | |
spanische Unternehmen Abengoa durchgesetzt. Ein viertes Konsortium rund um | |
die deutsche Solar Millennium war nach deren Insolvenz vorzeitig | |
ausgeschieden. | |
## Erneuerbaren-Anteil von 42 Prozent | |
Die Anlage in Ouarzazate ist nur ein Teil eines ehrgeizigen Planes für | |
erneuerbare Energien in Marokko. In Deutschland liegt der Anteil der | |
Erneuerbaren an der Stromerzeugung etwa bei einem Drittel, in Marokko | |
sollen es in vier Jahren bereits 42 Prozent sein. Um noch mehr Elektrizität | |
aus erneuerbaren Quellen zu erzeugen, wollen der marokkanische | |
Energieversorger ONE und MASEN insgesamt 2.000 MW an Solarkraftwerken | |
errichten. Hinzu kommt der Ausbau der Windenergie auf ebenfalls 2.000 MW. | |
Die Wasserkraft, die bereits ein Drittel der Gesamtleistung Marokkos | |
produziert, soll ebenfalls ausgebaut werden. | |
Alleine die Solarpläne sollen rund 8 Milliarden Euro verschlingen. | |
Allerdings produziert Marokko derzeit nur 5 Prozent seiner Energie selber, | |
der Rest wird mit Kohle- und Stromimporten vor allem aus Spanien abgedeckt. | |
Durch das Projekt sollen jährlich eine Million Tonnen Öl gespart werden. | |
Marokkos Stromverbrauch steigt derzeit jährlich um rund sieben Prozent. Das | |
liegt nicht nur an der schnell wachsenden Bevölkerung. Auch der steigende | |
Trinkwasserverbrauch treibt den Energiebedarf an. Denn vielerorts ist die | |
Entsalzung von Meerwasser die einzige Lösung. | |
Neben der Weltbank, Entwicklungshilfeagenturen verschiedener EU-Ländern und | |
den Climate Investment Funds ist auch die Bundesrepublik an der | |
Finanzierung beteiligt. Die bundeseigene Kreditanstalt für Wiederaufbau | |
(KfW) steuerte 834 Millionen Euro bei. | |
Nicht ganz selbstlos: Die Idee, die hinter der großzügigen Beteiligung | |
steckte, war die Förderung des Projektes Desertec Industrieinitiative | |
(Dii), das lange von deutsche Großunternehmen und der Bundesregierung | |
favorisiert wurde. Erneuerbarer Strom aus der Wüste sollte Europa | |
versorgen. Das Konsortium wurde 2014 aufgelöst, nachdem mehrere Teilnehmer | |
das Vorhaben als unrealistisch und zu teuer einstuften. Dii war es nie | |
gelungen ein eigenes Pilotprojekt in Nordafrika zu errichten. | |
5 Feb 2016 | |
## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
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