# taz.de -- Erneuerbare in Marokko: Mohamed VI. will Sonnenkönig werden | |
> Marokko soll vom Öl unabhängig werden. Zudem will das Land Solarstrom für | |
> Europa produzieren – der Staat zahlt bei den Solarpaneelen erstmal drauf. | |
Bild: Meet and Greet: König Mohamed und seine Bürger. | |
MADRID taz | Wer in Marokko in Sachen Solarenergie ins Geschäft kommen | |
will, wendet sich am besten an Mustapha Bakkoury, den Chef der | |
Marokkanischen Solarenergie-Agentur Masen und Herr über den ehrgeizigsten | |
Solarplan in Nordafrika. Anlagen für 2.000 Megawatt (MW) Solarenergie | |
sollen bis 2020 in Marokko errichtet werden. Das werden dann 14 Prozent der | |
Gesamtkapazität sein. Der marokkanische Solarplan und die Agentur Masen | |
wurden im November 2009 von König Mohamed VI. persönlich ins Leben gerufen. | |
"Unser Ziel ist es, mit sauberer Energie unabhängig vom Import zu werden", | |
erklärt Bakkoury. Eine Million Tonnen Erdöl sollen jährlich mit Hilfe des | |
Solarplans eingespart werden. Eine beträchtliche Menge für ein Land, das zu | |
95 Prozent von Energieimporten in Form von fossilen Brennstoffen und Strom | |
aus Spanien abhängig ist. | |
Das erste Projekt nimmt bereits Formen an. Südöstlich von Marrakesch, in | |
Ouarzazate, sollen Solarkraftwerke mit insgesamt 500 MW in die Wüste | |
gesetzt werden. Es ist die sonnenreichste Gegend Marokkos. Für den ersten | |
Teilabschnitt mit seinen 125 bis 160 MW ist die Ausschreibung bereits weit | |
fortgeschritten, weitere sind geplant. Im Juli 2012 soll der erste | |
Spatenstich stattfinden. Nach 28 bis 30 Monaten Bauphase wird das Kraftwerk | |
ans Netz gehen. Bis Ende 2019 soll dann der gesamte Plan umgesetzt sein. | |
## Kriterium: Preis pro Kilowattstunde | |
Für die erste Ausschreibung über Parabolrinnenkraftwerke sind noch vier | |
Konsortien im Rennen. Unter anderem das deutsche Unternehmen Solar | |
Millennium, das zusammen mit Orascom CI und Evonik Steag antritt. Solar | |
Millennium gehört zu den Pionieren der Solarthermik und hat bereits drei | |
Parabolrinnenkraftwerke bei Andasol in Südspanien und ein weiteres | |
Solarfeld für ein Hybridkraftwerk im ägyptischen Kuraymat. | |
Entscheidendes Kriterium für Masen wird der Preis für die Kilowattstunde | |
Strom sein, den die Bewerber jeweils anbieten wollen. "Die Investoren | |
entscheiden, mit welcher Rendite sie zufrieden sind", sagt Bakkoury. Er | |
weiß aber auch, dass, egal wie das Angebot aussehen wird, eine nicht | |
unbeträchtliche Lücke zwischen lokalem Markt und Gestehungskosten bleiben | |
wird. "Wir haben mit dem marokkanischen Stromversorger One einen Vertrag | |
über 25 Jahre geschlossen", erklärt der Masen-Chef. Das gebe | |
Planungssicherheit. | |
Klar ist allerdings: One kann den Preis des Stroms aus der Wüste nie und | |
nimmer an die Kunden weitergeben. Das wäre in dem armen Land sozial nicht | |
machbar. Kenner der Branche sprechen von mindestens 10 Cent pro | |
Kilowattstunde, die woandersher kommen müssen. | |
Masen setzt auf Finanzierungshilfen von der Weltbank und dem Clean | |
Technology Fund (CTF). Für die erste Phase hat das Unternehmen jeweils 200 | |
Millionen US-Dollar beantragt. "Wir rechnen diese internationalen Gelder | |
mit ein, den Rest zahlt Masen", sagt Bakkoury. Wer ein Prestigeprojekt des | |
Königs betreut, kann es sich in Marokko so einfach machen. Es wäre nicht | |
das erste Mal, dass One in Finanzschwierigkeiten gerät und mit Geldern aus | |
dem Staatshaushalt gestützt wird. | |
## Fehlende Infrastruktur | |
Für "eine Übergangsphase" setzt Masen zudem auf den Stromexport nach | |
Europa. Bakkoury hat Anfang Juni mit der Desertec-Industrieinitiative Dii | |
ein Abkommen für ein Kooperationsprojekt unterzeichnet. Masen soll Projekte | |
entwickeln und Dii will erreichen, dass die Europäische Union die | |
wirtschaftlichen und regulatorischen Bedingungen für den Stromimport aus | |
Nordafrika schafft. | |
Doch Marokko ist mit Spanien und damit mit Europa nur über eine für große | |
Energieimporte viel zu schwache 600-MW-Leitung verbunden. "Es geht erst | |
einmal um den Vorführeffekt", sagt ein Dii-Sprecher und hofft, dass dies | |
dann den endgültigen Impuls bringen wird für den milliardenteuren Ausbau | |
eines Leitungsnetzes, das die beiden Seiten des Mittelmeeres verbindet. | |
4 Aug 2011 | |
## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
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