# taz.de -- Kommentar Verfassungsreferendum Marokko: Mohammeds zaghafte Reformen | |
> Referendum mit Schönheitsfehler: Marokkos Demokratiebewegung fordert eine | |
> verfassunggebende Versammlung statt vom König diktierter zaghafter | |
> Reformen. | |
Das Ergebnis des Verfassungsreferendums in Marokko hätte besser kaum | |
ausfallen können. 98,5 Prozent stimmten am Freitag für die neue Verfassung, | |
mit der König Mohammed VI. auf den "arabischen Frühling" reagiert. Die | |
Wahlbeteiligung lag laut Innenministerium bei 73,5 Prozent. Europa und die | |
USA gratulierten unverzüglich. Schließlich ist Marokko ein wichtiger | |
Verbündeter. | |
Dabei übersehen sie gelassen, dass der gesamte Prozess mehr | |
Schönheitsfehler als Auswirkungen auf das politische System Marokkos hat. | |
Mohammed VI. tritt kaum Befugnisse ab. Zwar muss der Regierungschef künftig | |
aus den Reihen der stärksten Parlamentsfraktion stammen und darf alle | |
Minister ernennen, doch hat König Mohammed VI. den Vorsitz der | |
Kabinettssitzung inne und damit weiterhin die Hoheit über die Politik des | |
Landes. Außerdem ernennt er die Diplomaten, bleibt Oberbefehlshaber der | |
Armee, steht dem neu zu gründenden Sicherheitsrat und dem Hohen Richterrat | |
vor. Der König, der per Verfassung der Führer aller Gläubigen ist, kann | |
allein den Notstand ausrufen. | |
Eine echte parlamentarische Monarchie sieht anders aus. Das beklagt auch | |
Marokkos Demokratiebewegung. Sie fordert eine verfassunggebende Versammlung | |
statt vom König diktierter zaghafter Reformen. | |
Dass die Jastimmen überwältigend zahlreich waren, war zu erwarten. Die | |
Demokratiebewegung, einige linke Parteien, eine der Gewerkschaftszentralen | |
und die größte islamistische Organisation des Landes riefen zum Boykott | |
auf. Die Wahlbeteiligung sei gefälscht, beschweren sie sich. Auch | |
internationale Beobachter sprechen von spärlich besuchten Wahllokalen. | |
Alles deutet darauf hin, dass die Leiter der Wahllokale - Beamte des | |
Innenministeriums - in ihrem Bestreben, den Reformen Glaubwürdigkeit zu | |
verleihen, zu weit gegangen sind. | |
3 Jul 2011 | |
## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
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