# taz.de -- Zukunft der Solarindustrie: Schattige Sonnenaussichten | |
> Vom Atomausstieg profitieren die deutschen Solarhersteller bisher nicht. | |
> Politischer Streit, sinkende Preise und wachsende Konkurrenz drücken die | |
> Bilanzen. | |
Bild: Nach dem Boomjahr 2010 werden jetzt weniger Solarzellen verbaut. | |
BERLIN taz | Die Solarindustrie veröffentlicht derzeit ihre | |
Halbjahresergebnisse - doch wer erwartet, der deutsche Atomausstieg würde | |
die Branche beflügeln, hat sich getäuscht. Genaugenommen hat die politische | |
Debatte den Unternehmen eher geschadet, weil führende Politiker forderten, | |
die Branche weniger zu fördern. Zudem macht die internationale Konkurrenz | |
den Unternehmen zu schaffen: "Es wird riesige Überkapazitäten und einen | |
massiven Preiskampf geben", sagte der Analyst Henning Wicht kürzlich. | |
Schwer erwischt hat es beispielsweise die beiden Unternehmen Phoenix Solar | |
und Sunways. Sunways baut Solarzellen, ganze Solarmodule und mit | |
Wechselrichtern eine der wichtigsten Komponenten dieser Industrie. Der | |
Umsatz der Firma lag mit 38,7 Millionen Euro im zweiten Quartal 2011 fast | |
40 Prozent unter dem des Vorjahrs, bei Phoenix Solar brach er sogar um 61,8 | |
Prozent auf 108,8 Millionen Euro ein. Beide Firmen rutschten in die | |
Verlustzone. Dafür gibt es mehrere Gründe: Allein von März bis Juli in | |
diesem Jahr sanken die Preise für Solarmodule um 13 Prozent, schreibt | |
Sunways. | |
Die Lager vieler Unternehmen sind voll, die Zellen verlieren mit jedem | |
Monat an Wert. Zudem galt 2010 als absolutes Boomjahr der Industrie. Mit | |
7,4 Gigawatt Leistung wurden in Deutschland so viele Zellen verbaut wie nie | |
zuvor. Für den Strom gibt es einen staatlich garantierten Fixpreis - und | |
zwar für 20 Jahre. Dabei gelten für den gesamten Zeitraum die Tarife des | |
Zeitpunkts, an dem eine Anlage in Betrieb gegangen ist. | |
Da die Vergütung am 1. Januar 2011 so stark wie lange nicht gesunken ist, | |
wurden zuvor extrem viele Anlagen gebaut. Danach brach der Markt ein. Zudem | |
wollte die Politik die Gelder Mitte 2011 weiter massiv kürzen, was später | |
um ein halbes Jahr vertagt wurde. | |
International werden momentan wesentlich mehr Solarzellen produziert als | |
verbaut. Analysten gehen davon aus, dass 2011 weltweit 22 Gigawatt an | |
Solarleistung errichtet werden - die Fabriken der Hersteller könnten fast | |
das Doppelte produzieren. Darum verfallen die Preise. Vor allem China macht | |
zu schaffen: Mehr als die Hälfte der Zellen kommen von dort, nur 15 Prozent | |
aus Europa. Der Marktanteil des Kontinents in der Produktion hat sich seit | |
2007 halbiert - dafür werden 80 Prozent der Solarzellen hier aufgestellt. | |
Allerdings könnte sich das nun ändern. Die USA und China installieren immer | |
mehr Module selbst, die Volksrepublik will im nächsten Jahr eine Vergütung | |
ähnlich wie in Deutschland einführen. Dementsprechend stehen jene deutschen | |
Unternehmen, die ihre Module stärker international absetzen, besser da: Bei | |
Solarworld sank der Umsatz im ersten Halbjahr 2011 im Vergleich zum Vorjahr | |
weniger, von 608 auf 535 Millionen Euro. | |
Conergy konnte seinen Umsatz stabil halten, vor allem, weil der Absatz im | |
Ausland um 36 Prozent zulegte. Übrigens wagt keines der Unternehmen eine in | |
Zahlen gegossene Prognose für das zweite Halbjahr - auch wegen der Krise an | |
den Finanzmärkten. | |
11 Aug 2011 | |
## AUTOREN | |
Ingo Arzt | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Atomkraft | |
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