# taz.de -- Aus für das Desertec-Projekt: Niemand setzt was in den Sand | |
> Desertec sollte Solarstrom aus der Wüste nach Europa bringen. Daraus wird | |
> vorerst nichts. Es gibt aber schon 70 Wind- und Solarprojekte in der | |
> Region. | |
Bild: Windkraftanlage in Tanger, Marokko. | |
BERLIN taz | Die Wüstenstrominitiative Desertec streicht die Segel: Vor | |
fünf Jahren hatten sich hauptsächlich deutsche Unternehmer und Banken zur | |
Desertec Industrial Initiative (Dii) zusammengeschlossen – mit dem Ziel, | |
Wind- und Solarkraftwerke in Nordafrika zu errichten. Am Dienstag nun sind | |
fast alle Gesellschafter ausgestiegen. | |
Das Vorhaben war gewaltig: 400 Milliarden Euro sollten in Nordafrika und im | |
Vorderen Orient investiert werden, um im Jahr 2050 knapp 15 Prozent des | |
Strombedarfs in Europa zu decken. Mehr als Planspiele waren das allerdings | |
nie. | |
Die Dii war im Prinzip ein 20-köpfiges Beratungsbüro mit Sitz in München | |
und einem Budget von 2 Millionen Euro im Jahr. Die Mitarbeiter legten | |
Datenbanken mit geeigneten Standorten für Solar- oder Windparks in | |
Nordafrika und anderen Ländern an, verfassten Studien, vernetzten | |
Investoren, Firmen und Politiker. | |
Nun wollen der deutsche Versorger RWE, die saudische Energiefirma ACWA | |
Power und der chinesische Netzbetreiber State Grid ein Teil des Know-hows | |
retten, etwa zehn Mitarbeiter sollen bleiben und konkrete Projekte der drei | |
Firmen verwirklichen. | |
Eines der Dii-Gründungsmitglieder war die Münchner Rückversicherung. „Wir | |
unterstützen die Idee weiterhin“, sagt Sprecher Stefan Straub und nennt die | |
Gründe für das Scheitern von Desertec: der Arabische Frühling und die | |
politisch instabile Lage in der Region, die Wirtschaftskrise in Südeuropa | |
und der damit sinkende Strombedarf. | |
Zudem mache der rasante Ausbau der erneuerbaren Energien in Nordeuropa es | |
kaum mehr rentabel, Solarstrom aus der Wüste nach Europa zu exportieren. So | |
sieht das auch der Branchenverband der europäischen Elektrizitätswirtschaft | |
Eurelectric. „Mit Desertec stirbt nur die Idee, den Strom nach Europa zu | |
exportieren. Trotzdem ist in Nordafrika und dem Nahen Osten viel | |
entstanden“, sagt Susanne Nies, Abteilungsleiterin Netz. | |
Dii-Geschäftsführer Paul van Son, der einst afrikanischen Wüstenstrom in | |
Europa ab dem Jahr 2020 versprochen hatte, rudert heute deutlich zurück. | |
„Man dachte immer, es gehe um Strom aus Großkraftwerken in der Wüste, der | |
sozusagen mit Kabeln direkt nach Deutschland geleitet wird“, sagt er. | |
## Ziel erreicht | |
Dabei sei der Fokus stets ein anderer gewesen: „Wir haben uns dafür | |
eingesetzt, im Nahen Osten und Nordafrika den Markt für erneuerbare | |
Energien zu entwickeln“, sagt van Son. Mittlerweile gebe es 70 Wind- und | |
Solarprojekte in der Region – das Ziel sei also erreicht. | |
Tatsächlich scheinen sich erneuerbare Energien in Afrika auch ohne Desertec | |
durchzusetzten: Die Stromnachfrage in Nordafrika wächst um 9 Prozent im | |
Jahr. Erst in dieser Woche veröffentlichte die Internationale | |
Energie-Agentur einen Marktausblick für die Subsahara-Staaten. Die Hälfte | |
der neuen Kraftwerke werden demnach bis 2040 mit erneuerbaren | |
Energienträgern arbeiten. Das Geschäft ist längst ohne die deutschen | |
Unternehmen in Gang gekommen – Siemens beispielsweise hat sich aus Desertec | |
zurückgezogen, weil es seine gesamte Solarsparte aufgegeben hat. | |
Mittlerweile drängen Firmen aus Saudi-Arabien und China nach. | |
Auch Paul von Son bleibt seiner Vision treu. Er wird sich für die deutsche | |
RWE um erneuerbare Energien in der Region kümmern – von Dubai aus. Dort | |
entsteht gerade die Ökostadt Masdar City, in der Meerwasser mit | |
Solarenergie entsalzt werden soll und die Internationalen Organisation für | |
Erneuerbare Energien ihren Sitz haben wird. | |
14 Oct 2014 | |
## AUTOREN | |
Ingo Arzt | |
## TAGS | |
Desertec | |
Wüstenstrom | |
DII | |
Solarenergie | |
Energiewende | |
Erneuerbare Energien | |
Solarenergie | |
Erneuerbare Energien | |
Desertec | |
Solarenergie | |
Erneuerbare Energien | |
Erneuerbare | |
Erneuerbare Energien | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Energiewende in Marokko: Moscheen mit Sonnenstrom | |
Ein Signal für den UN-Klimagipfel in Marrakesch: Die Gebetshäuser des | |
Landes werden auf erneuerbare Energien umgerüstet. | |
Strom aus der Wüste: Marokko setzt auf Sonne statt Kohle | |
Im Maghreb-Staat gibt es einen Boom der Erneuerbaren. In der Sahara weihte | |
König Mohamed VI. die künftig größte Solaranlage der Welt ein. | |
Sonnenenergie statt Flugbenzin: Mit Solarstrom um die Erde | |
Am Samstag wollen zwei Abenteurer mit ihrem Solarflugzeug in Abu Dhabi | |
starten. Die Reise soll fünf Monate lang dauern. | |
Erneuerbare Energie: Unter die Fahrräder gekommen | |
In den Niederlanden testet „Solaroad“ auf 70 Metern Länge einen | |
energieerzeugenden Radweg. Das enorme Potenzial treibt die Firma an. | |
Kommentar Desertec: Die Wüste lebt noch | |
Gemessen an den ursprünglichen Erwartungen ist das Projekt Desertec weit | |
vor dem Ziel gestrandet. Doch die Idee Wüstenstrom lebt weiter. | |
Krise bei Wüstenstrom-Projekt Desertec: Millionen im Sand versenkt | |
Fünf Jahre nach dem Start steht die Wüstenstrom-Initiative Desertec vor dem | |
Aus. Über die Zukunft sollen die Gesellschafter kommende Woche entscheiden. | |
Kommentar Ausstieg aus Desertec: Das Gazprom der Erneuerbaren | |
Bestens: Mit dem Ausstieg von immer mehr europäischen Firmen wächst die | |
Wahrscheinlichkeit, dass Europa keinen Solarstrom aus Nordafrika beziehen | |
wird. | |
Wüstenstrom-Initiative: Desertec immer weniger deutsch | |
Auch der Baukonzern Bilfinger hat kein Interesse mehr an dem | |
Desertec-Projekt. Das sollte sauberen Strom aus Nordafrika nach Europa | |
bringen. | |
Nordafrika-Projekt: Wüstenstrom in weiter Ferne | |
Die Desertec-Stiftung trennt sich von ihren Industriepartnern. Das Projekt | |
leidet unter internem Streit – und sinkenden Photovoltaik-Preisen. |