# taz.de -- Horst Seehofer in Russland: Gesundes Grundvertrauen | |
> Bayerns Ministerpräsident ist offensichtlich mit seinem Moskau-Besuch | |
> zufrieden – allen Lügen von Präsident Wladimir Putin zum Trotz. | |
Bild: Schön war‘s: Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer im Gespräch mi… | |
MOSKAU taz | Am zweiten Tag seiner Russlandreise zog der bayrische | |
Ministerpräsident Hort Seehofer schon eine Bilanz, die sich nicht mehr | |
überbieten lässt: „Die Reise war richtig, nötig und erfolgreich“, meinte | |
Seehofer rundum zufrieden am Donnerstagabend in Moskau. Das 105 minütige | |
Treffen mit Präsident Wladimir Putin am Vorabend schien ihn beflügelt zu | |
haben. Der Kremlchef hätte ihm beim Abschied nachgerufen:“ Kommen Sie | |
wieder“. | |
Das wird er auch. Ohnehin hatte der CSU-Chef vor, im Herbst mit einer | |
großen Delegation aus Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur in Moskau wieder | |
vorzusprechen. Er sei Realpolitiker und suche den Dialog, sagte Seehofer. | |
Ohne Grundvertrauen in die Aufrichtigkeit des Gegenübers könne kein | |
Politiker erfolgreich sein. | |
Dem lässt sich nicht widersprechen. Seehofer gab zu verstehen, dass er den | |
Eindruck hatte, auch Präsident Wladimir Putin teile diese Auffassung. Die | |
mannigfachen Vertrauensbrüche, Unwahrheiten und Betrügereien, die Putin im | |
Ukrainekrieg und bei der Krimannexion zu verantworten hat, schlugen bei der | |
Bewertung des Präsidenten nun nicht mehr zu Buche. Auch jene Lügen nicht, | |
die der Kremlchef selbst als solche enttarnte. | |
Die Vorleistung an gutem Willen aus Bayern ist immens. Vielleicht trug auch | |
die angenehme Atmosphäre dazu bei, auf die sich russische Gastgeber | |
blendend verstehen, wenn sie den Besucher betören wollen. Weiße Magie | |
nennen die Russen diese Dienstfertigkeit, auf die schon seit Jahrhunderten | |
vor allem Deutsche immer wieder hereinfallen. | |
## Eine Heldentat | |
Doch wie soll der Ministerpräsident reagieren, wenn ihn der Moskauer | |
Bürgermeister Sergej Sobjanin mit den Worten preist: „Herr Seehofer, Sie | |
haben eine Heldentat vollbracht!“ Gemeint war die Reise nach Moskau trotz | |
heftiger Kritik in Deutschland. | |
Seehofer verteidigt seine Position. Er hätte sich in seinem langen | |
Politikerleben nie instrumentalisieren lassen, nicht mal von der eigenen | |
Partei. Vielleicht ist der Geheimdienstmann Putin beim Manipulation doch | |
etwas geschickter als die bayrische Provinz. | |
Mit Blick auf die Sanktionen, auf deren Lockerung das schwächelnde Moskau | |
zielt, wiederholte der Ministerpräsident sein Credo, dass er von Sanktionen | |
nichts halte. Er sei von vornherein skeptisch gewesen. Dennoch liessen sich | |
Sanktionen auch nicht von heute auf morgen einfach wieder aufheben, meinte | |
er. | |
Ob er diesen Zeitpunkt vielleicht schon im zweiten Halbjahr für gekommen | |
halte, wollte er nicht sagen. Doch Edmund Stoiber, der ihn begleitete, wies | |
auf die Unzufriedenheit anderer Europäer hin, die eine größere Diskussion | |
vor der Verlängerung der Maßnahmen im Juni anstoßen würden. | |
## Ausgewogene Position zu Syrien | |
Wie gut Wladimir Putin informiert war, rief Erstaunen bei den Besuchern | |
hervor. Zur Lage in Syrien habe der Präsident eine sehr detaillierte und | |
ausgewogene Position eingenommen. Dass syrische Angriffe mit russischer | |
Unterstützung in den letzten Tagen neue Fluchtwellen aus Syrien | |
verursachen, dazu wollte oder konnte Seehofer nichts sagen. | |
Es schien, als hätte vor allem der Kremlchef die Gelegenheit genutzt, den | |
Gästen seine Sicht der Welt auszubreiten. Auch das gehört | |
selbstverständlich zum ehrlichen Gespräch. | |
Auch in der Ukrainefrage waren die beiden vom Kenntnisreichtum des | |
Kremlchefs angetan. Dass dieser vorgibt, weder militärisch noch auf andere | |
Weise beteiligt zu sein, hätte zumindest nachdenklich stimmen müssen. | |
Seehofer hält nach außen hin zu beiden Parteien gleiche Distanz. Da er die | |
Frage nach dem Verursacher vermeidet, schlägt er sich jedoch auf Moskaus | |
Seite. | |
Für Irritationen sorgte Seehofers Einlassung zu Wladimir Putins Umgang mit | |
der Flüchtlingspolitik in Deutschland. Putins Haltung sei sehr „nobel“ | |
sagte Seehofer. „Ich mische mich nicht in eure Flüchtlingspolitik ein“, | |
zitierte er den Kremlchef. Putin hätte klare Vorstellungen zu dieser | |
Politik, achte aber die „nationale Souveränität“. Da scheint sich der | |
Ministerpräsident nach den Propagandaattacken aus Russland in den letzten | |
Wochen aber wirklich zu täuschen. | |
5 Feb 2016 | |
## AUTOREN | |
Klaus-Helge Donath | |
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