# taz.de -- Kommentar „Privacy Shield“-Abkommen: Schutzschild als Scherzart… | |
> Die EU-Kommission hat mit der US-Regierung neue Standards zu | |
> Datentransfers ausgehandelt. Sie sind windelweich. | |
Bild: Muss das neue Abkommen nicht fürchten: NSA-Zentarle in Fort Meade. | |
Können Unternehmen wie Facebook und Amazon die Daten von europäischen | |
Bürgern weiterhin in den USA speichern und verarbeiten? Die EU-Kommission | |
will die digitale Kooperation sicherstellen und hat eine Neuregelung | |
beschlossen. Die aber ist ebenso windelweich wie mangelhaft. | |
Grundsätzlich gilt die Vorgabe der EU-Datenschutzrichtlinie von 1995: Daten | |
von EU-Bürgern dürfen nur dann ins Ausland übermittelt werden, wenn dort | |
ein angemessenes Datenschutzniveau herrscht. In den USA besteht jedoch kein | |
angemessener Datenschutz. | |
Deshalb vereinbarte die EU-Kommission mit den USA im Jahr 2000 | |
Mindeststandards, die US-Firmen einhalten müssen, wenn sie europäische | |
Daten verarbeiten. An solche „sicheren Häfen“ (safe harbours) durften Daten | |
aus der EU dann doch transferiert werden. Diesen „Safe-Harbour“-Beschluss | |
der EU-Kommission kippte der Europäische Gerichtshof (EuGH) im Oktober | |
2015. | |
Hauptgrund: Die EU-Kommission habe den fast grenzenlosen Zugriff der | |
US-Sicherheitsbehörden ignoriert. Gegenüber US-Geheimdiensten wie der NSA | |
seien die in den USA gespeicherten Daten von EU-Bürgern völlig ungeschützt. | |
Jetzt hat die EU-Kommission mit der US-Regierung neue Standards | |
ausgehandelt. | |
Unter anderem wollen die USA zusagen, dass es keine unterschiedslose | |
Massenüberwachung von europäischen Daten in den USA gebe. Mit Beschwerden | |
und Fragen könnten sich EU-Bürger an einen neu zu schaffenden Ombudsmann | |
richten. Das Ganze soll nicht mehr „safe harbour“ genannt werden, sondern | |
„privacy shield“ (Schutzschild für die Privatsphäre). | |
## Ein machtloser Briefkasten-Onkel | |
Es ist zwar bemerkenswert, dass die USA überhaupt Zusagen machen. Diese | |
können aber weder in der Form noch im Inhalt überzeugen. So sollen | |
Zusicherungen der US-Seite zum Beispiel nur brieflich erfolgen, nicht aber | |
durch verbindliche Änderung von US-Gesetzen. | |
Auch der ausdrückliche Verzicht auf die anlasslose Massenüberwachung von | |
Europäern besagt wohl nicht viel. Vermutlich ist damit nur die | |
längerfristige Überwachung und Speicherung gemeint, während das permanente | |
Scannen von Lebensspuren in den USA nicht als Grundrechtseingriff gilt. | |
Schließlich wird auch der neue US-Ombudsmann, an den sich Europäer mit | |
Beschwerden werden können, wohl nur ein machtloser Briefkasten-Onkel sein. | |
Mehr ist von den USA derzeit nicht zu erwarten (erst recht nicht unter | |
einem möglichen Präsidenten Trump). Weitere Verhandlungen werden also auch | |
keine substanziellen Verbesserungen bringen. | |
Falls die EU-Kommission auf dieser Grundlage erneut grünes Licht für den | |
Datentransfer in die USA gibt, wird sie wohl erneut am Europäischen | |
Gerichtshof scheitern. Denn der angebliche Schutzschild erfüllt dessen | |
Vorgaben nicht. Als Lösung bleibt vorerst also nur, dass auch US-Firmen wie | |
Facebook, Amazon und Google die Daten europäischer Bürger ausschließlich in | |
europäischen Rechenzentren verarbeiten dürfen. | |
Erst wenn die US-Geheimdienste ihren Anspruch auf totale | |
Informationskontrolle aufgeben, ist eine neue belastbare | |
Safe-Harbour-Vereinbarung möglich. | |
3 Feb 2016 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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