# taz.de -- Versorgung von Flüchtlingen am Lageso: „Miserabler als in der Dr… | |
> Die Zustände am Lageso bergen große gesundheitliche Risiken, sagt der | |
> Präsident der Berliner Ärztekammer. Ein Todesfall wäre keine | |
> Überraschung. | |
Bild: „Das Hauptproblem ist die Warteschlange“: Flüchtlinge am Lageso. | |
taz: Herr Jonitz, ein Helfer hat am Mittwoch behauptet, dass ein | |
Flüchtling, der vor dem Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) | |
wartete, Fieber bekommen hat. Es hieß, er sei später an einem | |
Herzstillstand gestorben. Auch wenn sich das nun als falsch herausstellt: | |
Würde Sie so ein Fall überraschen? | |
Günther Jonitz: Nein, das würde mich nicht überraschen. Dass das Warten vor | |
dem Lageso mit erheblichen gesundheitlichen Risiken verbunden ist, ist | |
allen seit Monaten bekannt. Die Bedingungen, unter denen die Flüchtlinge | |
vor dem Lageso warten müssen, sind nach wie vor menschenunwürdig. Bei | |
Kälte, Regen und Wind geht auch die robusteste Natur irgendwann in die | |
Knie. Insofern ist das Risiko, dass so etwas passiert, in hohem Maße | |
gegeben. | |
Es gibt Wärmezelte für die Wartenden. | |
Die sollen Schlimmeres verhindern, tun das aber nicht in ausreichendem | |
Maße. Viele warten nach wie vor draußen. | |
Die Ärztekammer hat schon vor Monaten kritisiert, dass die gesundheitliche | |
Versorgung vor dem Lageso „Dritte-Welt-Medizin“ sei. | |
Schön wär’s! Es gibt Ärzte, die vor dem Lageso arbeiten, aber auch in der | |
Dritten Welt tätig waren, die sagen unisono, dass sie eine derartig | |
miserabel organisierte Versorgung auch in der Dritten Welt noch nicht | |
erlebt hätten. Über Monate hinweg hat man es versäumt, sich um die Menschen | |
sozial, aber auch medizinisch zu kümmern. Erst in den letzten Wochen ist | |
die medizinische Versorgung spürbar besser geworden. | |
Ärzte der Charité kümmern sich seit November um die gesundheitliche | |
Versorgung, die Kosten trägt das Land Berlin. | |
Das macht sich bemerkbar. Die Charité engagiert sich dort in hohem Maße. | |
Aber alleine kriegt auch sie das nicht hin, es braucht nach wie vor die | |
Unterstützung der ehrenamtlichen Ärzte. | |
Kann es trotzdem passieren, dass jemand vor Ort derartig stark erkrankt? | |
Gerade bei jungen Leuten sind Krankheitsverläufe manchmal sehr schnell. Sie | |
sind noch fit genug, um trotz der Krankheit aufrecht in der Schlange zu | |
stehen. Sie können dann aber innerhalb weniger Stunden schwer krank werden | |
bis hin zum Tod. Das unterschätzt man manchmal. | |
Könnte man so etwas mit einer besseren medizinischen Versorgung verhindern? | |
Dafür müsste man ein medizinisches Team in die Warteschlange schicken. Es | |
haben bereits Ärzte und Krankenpfleger Ende letzten Jahres angefangen, | |
regelmäßig in die Wartezelte zu gehen. Sie haben dort Schwerkranke und | |
sogar Schwerverletzte angetroffen, die sich aber mit Händen und Füßen | |
gewehrt haben, sich behandeln zu lassen, weil sie dann wieder aus der | |
Warteschlange rausfallen. Die medizinischen Probleme sind sekundär. Das | |
Hauptproblem ist ein Organisatorisches. | |
Sie meinen die Warteschlange an sich? | |
Ja. Das Asylbewerberleistungsgesetz sieht eine Regelung für Härtefalle vor: | |
Wer besonders bedürftig oder gesundheitlich angeschlagen ist, muss im | |
Verfahren vorgezogen werden. Das hat am Lageso aber zumindest bis Ende | |
Dezember zu keinem Zeitpunkt funktioniert. | |
28 Jan 2016 | |
## AUTOREN | |
Antje Lang-Lendorff | |
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