# taz.de -- Konkurrenz im Car-Sharing: Pleiten trotz wachsenden Marktes | |
> Der Carsharing-Markt ist im Umbruch: Einige Anbieter steigen aus, neue | |
> Player kommen dazu, andere suchen eine noch unbesetzte Nische. | |
Bild: Brauchen Sie ein Auto? Teilen Sie sich doch einfach eins! Schneller freig… | |
BERLIN taz | Zuletzt war es Citee-Car. Mitte Januar bekamen die Kunden der | |
Carsharing-Firma, die in Berlin, Hamburg, München und im Ruhrgebiet tätig | |
war, eine E-Mail, die sie informierte: Das Unternehmen ist insolvent. | |
Citee-Car ist nicht der einzige Anbieter, der strauchelt. Die Berliner | |
Firma SpotCar stellte bereits im vergangenen Jahr ihren Betrieb ein, und | |
auch bei den Anbietern mit großen Unternehmen im Rücken gibt es Probleme: | |
So zieht sich VW zurück und übergibt seinen Carsharing-Dienst an das | |
niederländische Unternehmen Greenwheels. Flinkster, das Angebot der | |
Deutschen Bahn, zieht in diesen Wochen nach und nach die Fahrzeuge aus Wien | |
ab – wirtschaftliche Gründe und Stellplatzmangel sollen die Ursachen | |
gewesen ein. Daimlers Car2Go gab bereits 2014 den britischen Markt auf – | |
die Tradition des Privatautos sei dort doch sehr groß, hieß es. | |
Gleichzeitig drängen neue Anbieter auf den Markt: So versuchen etwa Audi | |
und Opel mit neuen Angeboten, Nischen zu besetzen. | |
„Beim Carsharing wird gerade unglaublich viel experimentiert“, sagt Rainer | |
Scholz, der sich bei der Unternehmensberatung Ernst & Young um Innovationen | |
im Mobilitätssektor kümmert. Da gehöre es dazu, dass einige Anbieter | |
schnell wachsen, andere eher langsam und wieder andere aufgeben müssten. | |
Der Markt als Ganzes jedenfalls wächst. Während der Bundesverband | |
Carsharing für das Jahr 2010 noch etwa 150.000 NutzerInnen zählte, waren es | |
zum Stichtag 1. Januar 2015 bereits über eine Million. Dabei dürfte die | |
tatsächliche Zahl etwas darunter liegen, weil ein Teil der KundInnen bei | |
mehreren Diensten angemeldet ist. Es sind dabei keineswegs nur die großen | |
Städte und Ballungsräume, in denen die Autos verfügbar sind. Dem Verband | |
zufolge verbessert sich die Versorgung in der Fläche: Stand Mitte 2015 gebe | |
es Carsharing-Angebote in 490 Städten, 110 mehr als im Jahr davor. | |
„In 15 Jahren wird die überwiegende Zahl der Fahrten in | |
Carsharing-Fahrzeugen erfolgen“, sagt Scholz. Er rechnet mit einem | |
heterogenen Spektrum von Anbietern – und diese Differenzierung beginnt | |
jetzt. Neben Diensten mit und ohne feste Stationen suchen die Anbieter nach | |
spezifischeren Zielgruppen. So plant Audi eine Flotte mit exklusiveren | |
Fahrzeugen für eine Zielgruppe, die bereit ist, deutlich mehr Geld | |
auszugeben. Opel will sich dagegen auf dem Markt behaupten, ganz ohne | |
selbst Fahrzeuge zu stellen: Mittels einer App des Unternehmens sollen | |
Kunden ihr Privatauto teilen. | |
## Die jüngeren Anbieter profitieren | |
„Das Image des Autos in Privatbesitz nimmt ab“, erklärt Gerd Lottsiepen vom | |
Verkehrsclub Deutschland die Suche nach neuen Zielgruppen. „Deshalb müssen | |
sich die Hersteller darüber Gedanken machen, wie sie ihre Produkte noch | |
absetzen.“ Auf Profitabilität komme es daher nicht als Erstes an, sondern | |
darauf, ob langfristig das Gesamtpaket aus Einnahmen aus der Nutzung, | |
Imagegewinn und daraus resultierenden Einnahmen aus dem Verkauf stimme. | |
Wer am Ende übrig bleibt? Da wagen auch die Experten keine Prognose. „Von | |
dem aktuellen Wachstum profitieren eher die jüngeren Anbieter“, sagt | |
Scholz. Also: weniger die traditionellen, stationsgebundenen Dienste, die | |
schon seit Jahrzehnten auf dem Markt sind, als die Free-Floating-Anbieter, | |
bei denen Nutzer das Auto frei auf öffentlichen Parkplätzen entleihen und | |
wieder abstellen. Nach den Autoherstellern interessieren sich laut Scholz | |
schon die nächsten Akteure für den Markt: Finanzdienstleister. Die hätten | |
häufig sowieso Fahrzeuge und ein Flottenmanagement, da sei eine Öffnung des | |
Nutzerkreises kein großer Schritt. | |
Doch wie auf anderen Märkten auch, gilt: Wer Pionier war, kann später im | |
Vorteil sein, muss es aber nicht. Zwar hat er erst einmal Marktanteile | |
gesichert – doch wenn später ein Mitbewerber einsteigt, der das | |
Geschäftsmodell nur noch kopiert, aber etwa ein größeres Marketingbudget | |
hat oder ein Detail nutzerfreundlicher löst, können die Marktanteile ganz | |
schnell wieder weg sein. | |
So zieht sich auch trotz Aufgabe seines Dienstes Quicar VW nicht ganz aus | |
dem Markt zurück: Der Autohersteller ist über den niederländischen Anbieter | |
Collect Car, an dem das Unternehmen Anteile hält, weiterhin beteiligt. | |
13 Feb 2016 | |
## AUTOREN | |
Svenja Bergt | |
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