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# taz.de -- Stromtarife in Argentinien: 700 Prozent höher
> Die neue, konservative Regierung streicht die Subventionen für Strom im
> Großraum Buenos Aires. Die Kosten erhöhen sich drastisch.
Bild: Die neue Stromrechnung? Eine kalte Dusche. Und wenn es in Buenos Aires so…
Buenos Aires taz | Erschrocken starrte Familie Quesada dieser Tage auf ihre
Stromrechnung: Statt der bisher üblichen 45 Peso müssen künftig 354 Peso
für den Verbrauch von rund 400 Kilowatt alle zwei Monate aus der
Haushaltskasse gezahlt werden. Wie den Quesadas geht es dem Großteil der
Privatkonsumenten in der argentinischen Hauptstadt und im Großraum von
Buenos Aires, deren Stromtarife seit Februar um bis zu 700 Prozent
gestiegen sind. Schnell machte das Wort vom „tarifazo“ – etwa
Riesen-Tarifsteigerung – die Runde.
Auf die Strom- dürften bald höhere Gaspreise folgen. Überraschend kommt
dies nicht. Es ist die Politik der neuen Regierung. Argentiniens Präsident
Mauricio Macri, seit dem 10. Dezember im Amt, hatte bereits im Wahlkampf
angekündigt, die Preise für Strom, Gas und Wasser zu prüfen.
Das Tempo, das die rechtskonservative Regierung an den Tag legt, ist
atemberaubend. Nach kaum 50 Tagen im Amt verkündete Energiemister Juan José
Aranguren nicht nur die komplette Streichung der Subventionen, sondern auch
eine kräftige Anhebung der Stromtarife. „Wer jetzt beispielsweise 25 Peso
zahlt, zahlt ab Februar 150 Peso“, so Aranguren. Als Begründung diente „die
bestehenden Kluft zwischen den realen Kosten und den geltenden Preisen“.
Einkommensschwache Verbraucher erhalten immerhin weiter einen Sozialtarif.
Seit 2003 hat es praktisch keine Anhebung der Tarife für Strom, Gas und
Wasser in und um Buenos Aires gegeben. Ermöglicht wurde dies durch
staatliche Subventionen, per Notstandsgesetz im Krisenjahr 2002
installiert, als das Land mit gut 41 Millionen Einwohnern im
wirtschaftlichen und sozialen Chaos zu versinken drohte. Die zaghaften
Versuche der vorherigen Kirchner-Regierungen, dies zu ändern, waren bis auf
wenige Ausnahmen gescheitert. Die Subventionen führten zu einem riesigen
Loch im ohnehin defizitären Staatshaushalt. Auch ein Grund für das rasche
Vorgehen der neuen Regierung.
Dass Energiesparen eine der besten Energiequellen ist, ist in vielen Köpfen
am Río de la Plata nicht verankert. Ein ganze Generation ist mit dem
Bewusstsein aufgewachsen, dass der Strom billig aus der Steckdose kommt.
Entsprechend laufen im Sommer die Klimaanlagen auf Hochtouren – auch, wenn
niemand zu Hause ist. Die Folge von wachsender Nachfrage, geringen
Verbraucherpreisen und ausbleibenden Investitionen in das Versorgungsnetz
sind Stromausfälle. Nach Angaben des Versorgers Edenor haben sich im
Zeitraum von 2004 bis 2012 die Anzahl und die Länge der Blackouts
verdoppelt.
Ein Aufschrei geht dennoch nicht durch das Land. In nahezu allen Provinzen
sind die Subventionen nämlich längst abgeschafft. Es müsse endlich Schluss
damit sein, dass ein Bewohner in Buenos Aires im Schnitt nur etwa 30 Peso
(etwa 2 Euro) für seinen Strom pro Monat zahle, während Elektrizität in den
Provinzstädten Córdoba, Mendoza oder Salta etwa 400 Peso kostet, so der
Tenor in den sozialen Netzwerken. Die „Porteños“ – fast jeder dritte
Argentinier wohnt im Großraum Buenos Aires – zahlten derzeit nur ein
Zehntel im Vergleich zu den Nachbarländern Chile und Uruguay.
Auch Finanzminister Alfonso Prat-Gay versuchte die Preiserhöhungen
herunterzuspielen. Schaue man sich nur die Prozentzahlen an, könne man
schon einen Schreck bekommen, aber in absoluten Zahlen „sind das zwei
Taxifahrten oder der Preis zweier Pizzen“, sagte Prat-Gay. Was ihm
tatsächlich Kopfzerbrechen bereitet, ist das Versprechen der Regierung, die
Inflationsrate in diesem Jahr im Zaum zu halten und langfristig sogar zu
senken. Selbst regierungsfreundliche Finanzexperten halten die angepeilten
25 Prozent für das laufende Jahr für illusorisch.
4 Feb 2016
## AUTOREN
Jürgen Vogt
## TAGS
Argentinien
Subventionen
Strom
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