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# taz.de -- Argentinien im Schuldenstreit: Frieden mit den Geiern
> Der langwierige Schuldenstreit scheint sich dem Ende zu nähern.
> Argentiniens Regierung verkündet eine Einigung mit den US-Hedgefonds.
Bild: Verkündete den Kompromiss: Argentiniens Finanzminister Alfonso Prat-Gray
BUENOS AIRES taz | Argentinien hat sich mit den Geierfonds geeinigt. Am
Montag verkündete die Regierung in Buenos Aires eine Versöhnung im
Schuldenstreit mit den US-Hedgefonds. Damit ist der rechtskonservative
Präsident Mauricio Macri seinem Wahlversprechen, den Zugang zu den
internationalen Finanzmärkten zu öffnen, einen großen Schritt
nähergekommen.
Bereits Anfang Februar hatte die argentinische Regierung den sechs
US-Hedgefonds die Tilgungssumme von 6,5 Milliarden Dollar angeboten, und
damit nur noch einen Nachlass von 25 Prozent auf die Summe aus
Verbindlichkeiten und angelaufener Zinsen in Höhe von 9 Milliarden
verlangt. Zwei der sechs US-Hedgefonds hatten schon damals das Angebot
angenommen.
Offen blieb die Entscheidung der anderen vier Fonds, darunter die am
hartnäckigsten agierenden Fonds NML Capital und Aurelius Capital. Diese
vier haben jetzt ihre Zustimmung gegeben. Von ihren geforderten 6
Milliarden sollen sie 4,65 Milliarden Dollar erhalten.
Damit könnte ein seit 15 Jahren andauernde Schuldenstreit zu Ende gehen.
2001/2002 war Argentinien wirtschaftlich ruiniert und pleite. Rund die
Hälfte der Bevölkerung befand sich unterhalb der Armutsgrenze. Eine
Interimsregierung erklärte den Staatsbankrott und stellte die
Schuldentilgungen ein.
## Schuldentitel zum Schleuderpreis
Mit dem Angebot, den Schuldendienst wieder aufzunehmen, wenn die Gläubiger
auf einen erheblichen Teil ihrer Forderungen verzichten, wurden 2005 und
2010 Umschuldungsprogramme aufgelegt. 93 Prozent der Gläubiger beteiligten
sich, sieben Prozent lehnten das Angebot ab.
US-Hedgefonds hatten bereits kurz nach der Pleite von 2002 damit begonnen
argentinische Schuldentitel zum Schleuderpreis aufzukaufen und gehörten zu
den sieben Prozent der Gläubiger, die die Umschuldungsangebote ablehnten.
Da die Schuldverschreibungen – eine international gängige Praxis – der New
Yorker Gerichtsbarkeit unterliegen, begannen sie die gesamte
Forderungssumme plus Zinsen bei der US-Justiz einzuklagen.
Ihren ersten großen Erfolg verbuchten sie im November 2012. Damals
verurteilte ein New Yorker Richter Argentinien zur Zahlung von 1,3
Milliarden Dollar an die Hedgefonds NML Capital und Aurelius Capital. Seit
Juni 2014 ist dieses Urteil rechtskräftig, nachdem der Oberste
US-Gerichtshof in letzter Instanz einen Berufungsantrag Argentiniens
abgewiesen hatte.
Da die damalige argentinische Kirchner-Regierung jedoch weiterhin die
Zahlung an die beiden Hedgefonds verweigerte, ließ ein New Yorker Richter
im Juni 2014 einen dreistelligen Millionen-Dollar-Betrag einfrieren, den
die argentinische Regierung auf die Konten zweier US-Banken transferierte,
um fällige Tilgungen bei den guten Gläubigern vorzunehmen. Da die Tilgungen
aber bis zum 30. Juli 2014 nicht erfolgten, gilt Argentinien seit diesem
Zeitpunkt für die internationalen Ratingagenturen als „teilweise
zahlungsunfähig“.
## Kongress muss zustimmen
Bevor die jetzige Vereinbarung jedoch wirksam werden kann, muss der
Kongress in Buenos Aires zwei Gesetze außer Kraft setzen, mit denen die
Vorgängerregierung von Präsidentin Cristina Kirchner eine Einigung mit den
Geierfonds ausschließen wollte. So verbietet das sogenannte Cerrojo-Gesetz
jegliche Verhandlungen mit jenen sieben Prozent der unwilligen Gläubiger.
Das sogenannte Pago Soberano-Gesetz untersagt es, bessere
Tilgungskonditionen anzubieten, als jene, die bei den
Umschuldungsverhandlungen von 2005 und 2010 vorgelegt und von den
Gläubigern akzeptiert wurden.
Die Abstimmung verspricht spannend zu werden. Präsident Macri verfügt in
beiden Kammern über keine eigene Mehrheit. Zugleich hat der Kampf gegen die
Geierfonds für die ehemals regierende Kirchnerpartei einen hohen
Stellenwert. Hier wird sich zeigen, wie geschlossen die ehemals Regierenden
und die jetzige Opposition noch sind – oder ob der rechtskonservative
Präsident sich in seiner gerademal dreimonatigen Amtszeit bereits eine
Mehrheit unter den Abgeordneten und Senatoren organisieren konnte.
1 Mar 2016
## AUTOREN
Jürgen Vogt
## TAGS
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Schulden
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