# taz.de -- Merkels Flüchtlingspolitik: Brief statt Unterschriftenaktion | |
> Auch in der Unionsfraktion wächst der Druck. Einen Antrag zur | |
> Grenzschließung soll es erstmal nicht geben, aber ein Brief an die | |
> Kanzlerin ist bereits öffentlich. | |
Bild: Der Druck auf Angela Merkel aus den Reihen der Unionsabgeordneten wächst. | |
BERLIN dpa | Die unionsinternen Kritiker von Angela Merkel haben eine | |
Unterschriftenaktion gegen den Flüchtlingskurs der Kanzlerin entschärft – | |
und zugleich mit einem warnenden Brief Stoppsignale gesetzt. „Wir stehen | |
vor einer Überforderung unseres Landes und halten deshalb eine Änderung der | |
derzeitigen Zuwanderungspraxis – aus humanitären Gründen – durch die | |
Rückkehr zur strikten Anwendung des geltenden Rechts für dringend geboten“, | |
lautet die Kernbotschaft. | |
Eine zunächst verlangte Abstimmung innerhalb der Unionsfraktion über eine | |
Zurückweisung von Flüchtlingen an der Grenze soll es nach dpa-Informationen | |
nun nicht geben. Da Merkel einen solchen Schritt ablehnt, wäre dieses | |
Vorgehen einem Vertrauensvotum über ihren Kurs gleichgekommen und hätte die | |
Kanzlerin stark beschädigen können. Nun sollen Abgeordnete von CDU und CSU | |
einen Brief an Merkel unterzeichnen, in dem sie ihre Sorgen über die | |
Entwicklung in der Flüchtlingskrise ausdrücken. | |
Das Schreiben sollte Merkel zwar erst Anfang kommender Woche erreichen, | |
sein Inhalt wurde aber bereits am Freitag mehreren Zeitungen und der | |
Deutschen Presse-Agentur in Berlin bekannt. Der Brief sei das Ergebnis | |
gemeinsamer Überlegungen von Mitgliedern verschiedener | |
Fraktionsarbeitsgruppen, hieß es. | |
„Angesichts der Entwicklung der letzten Monate können wir nicht länger nur | |
von einer großen Herausforderung sprechen“, schreiben die Abgeordneten. Bei | |
aller Verpflichtung zur Hilfe sei doch zu bedenken: „Im Jahr 2014 haben wir | |
knapp 200.000 Flüchtlinge aufgenommen. Für das vergangene Jahr gab es die | |
Prognose von 400.000, tatsächlich haben wir im gesamten Jahr 2015 über 1 | |
Million Schutzsuchender aufgenommen. Die genaue Zahl kennen wir nicht und | |
können wir auch nicht kennen, weil einige Flüchtlinge von Deutschland aus | |
in die Nachbarländer weitergereist sind und weil es auch in nicht | |
unerheblichem Umfange unkontrollierte und damit unregistrierte Zuwanderung | |
gegeben hat.“ | |
Zwar seien die Zugangszahlen zuletzt „deutlich gesunken, aber selbst wenn | |
es bei „nur“ 3.000-4.000 Flüchtlingen pro Tag bleibt, würden auch in dies… | |
Jahr wiederum 1 Million Flüchtlinge nach Deutschland kommen“. Angesichts | |
der Entwicklung wüchsen „die Zweifel daran, ob wir tatsächlich „das“ | |
schaffen können, was wir im Interesse unseres Landes – und aller | |
Flüchtlinge – unbedingt schaffen müssten“, so die Merkel-Kritiker aus der | |
Fraktion. | |
Aus der Spitze der Unionsfraktion war am Freitag lediglich zu hören, man | |
warte ab, wie sich die Diskussion unter den Abgeordneten weiter entwickele. | |
Fraktionschef Volker Kauder (CDU) hatte am Mittwoch trotz der wachsenden | |
Unruhe erklärt, eine klare Mehrheit in der Fraktion stütze den Kurs | |
Merkels. | |
## 40 Unionsabgeordnete haben unterschrieben | |
Zunächst wollten die Initiatoren der Unterschriftenaktion über einen Antrag | |
zur Zurückweisung von Flüchtlingen, die über sogenannte Drittstaaten nach | |
Deutschland einreisen wollen, bei der nächsten Fraktionssitzung am 26. | |
Januar abstimmen lassen. Bisher hätten sich mehr als 40 der 310 | |
Unionsabgeordneten an der Unterschriftenaktion beteiligt, schrieb dazu die | |
Bild-Zeitung am Mittwoch. | |
Merkel hatte beim Karlsruher CDU-Parteitag Mitte Dezember und bei der | |
CDU-Vorstandsklausur am Wochenende in Mainz klaren Rückhalt für ihren Kurs | |
erhalten. Der CDU-Parteitag lehnte einen Antrag, der Zurückweisungen an der | |
Grenze forderte, deutlich ab. | |
Die Kanzlerin setzt zur Reduzierung der Zahl der nach Deutschland kommenden | |
Flüchtlinge auf eine Bekämpfung der Fluchtursachen, eine engere | |
Zusammenarbeit mit der Türkei zur Überwachung der EU-Außengrenzen sowie | |
eine solidarische Verteilung der Schutzsuchenden unter den | |
EU-Mitgliedsstaaten. Kritikern gehen die Fortschritte in diesen Bereichen | |
aber nicht schnell genug. | |
Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) verlangte eine | |
Bundestagsabstimmung über die Flüchtlingspolitik. Die Linie Merkels sei | |
nicht demokratisch legitimiert, sagte er dem Magazin Der Spiegel. „Wenn wir | |
einige Bundeswehrsoldaten in einen Auslandseinsatz schicken, muss der | |
Bundestag zustimmen. Wenn wir mehr als eine Million Menschen in unserem | |
Land aufnehmen, dann sollte das Parlament ebenfalls die letzte Entscheidung | |
haben.“ | |
15 Jan 2016 | |
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