# taz.de -- Tote bei Gewalt im Sudan: Vergessenes Kriegsgebiet | |
> Schüsse auf Demonstranten: In einer Provinzhauptstadt Darfurs gibt es | |
> Tote bei Protesten von Kriegsflüchtlingen und Bewohnern gegen | |
> Milizengewalt. | |
Bild: Schülerinnen in einem Vertriebenenlager in El-Geneina. | |
BERLIN taz | Ein erneutes Aufflammen von Gewalt in der westsudanesischen | |
Region Darfur lenkt internationale Aufmerksamkeit auf ein vergessenes | |
Kriegsgebiet. Nach amtlichen Angaben starben sechs, nach lokalen Berichten | |
mindestens 13 Menschen, als Regierungstruppen in El-Geneina, Hauptstadt der | |
Provinz West-Darfur, das Feuer auf protestierende Kriegsflüchtlinge | |
eröffneten. | |
Berichten zufolge hatten die Vertriebenen am Sonntag Regierungsgebäude in | |
der Stadt besetzt und auf der Straße demonstriert. Sie wurden mit Gewalt | |
auseinandergetrieben, es gab sechs Tote. Als diese am Montag von einer | |
großen Menschenmenge zu Grabe getragen werden sollten, schossen die | |
Soldaten erneut und es gab drei weitere Tote, meldete der unabhängige | |
Radiosender Dabanga. | |
Die Vertriebenen kamen aus dem Dorf Mouli. Dort hatte es seit Freitag | |
blutige Zusammenstöße zwischen Dorfbewohnern und regierungstreuen Milizen | |
gegeben, in deren Folge zahlreiche Menschen nach El-Geneina flüchteten. Die | |
Milizionäre zogen hinterher. Daraufhin schlossen sich auch die Bewohner der | |
Stadt dem Protest an. | |
Am 28. Dezember hatte es in El-Geneina Demonstrationen gegeben, nachdem | |
wegen Mangel an Treibstoff die Bäckereien schließen mussten und es nichts | |
mehr zu essen gab. El-Geneina liegt in einer entlegenen und schlecht | |
versorgten Region nahe der Grenze zum Tschad, die vom Rest Sudans durch ein | |
von Bewaffneten beherrschtes Wüstengebirge getrennt ist. | |
## Zur Zurückhaltung aufgefordert | |
Die in El-Geneina stationierten UN-Blauhelmsoldaten griffen nicht ein. Die | |
UN-AU-Friedensmission in Darfur, Unamid, erklärte am Montag, sie habe | |
Berichte über „Unruhe mit sporadischen Schüssen in El-Geneina und Mouli mit | |
einer ungeklärten Zahl von Opfern“ erhalten und fordere alle Seiten zur | |
„Zurückhaltung“ auf. El-Geneina ist Hauptquartier des Sektors West der | |
Unamid, geführt von Indonesien mit weiteren Soldaten aus Burkina Faso und | |
Bangladesch. | |
In Darfur herrscht Bürgerkrieg, seit sich 2003 Rebellengruppen bildeten, um | |
sich der organisierten Vertreibung lokaler Volksgruppen durch | |
regierungstreue Milizen zu widersetzen. Seitdem sind bis zu 2,5 Millionen | |
Menschen vertrieben worden und leben in Lagern. Mehrere Friedensprozesse | |
sind ohne Wirkung geblieben. Nach Angaben der humanitären | |
UN-Koordinationsstelle OCHA wurden im Laufe des Jahres 2015 233.000 | |
Menschen neu vertrieben. | |
Sudans Regierung tut so, als sei Darfur friedlich, und kündigte im Oktober | |
2015 eine Volksabstimmung über den künftigen Status der fünf | |
Darfur-Provinzen für April an. Das konterkariert Rebellenforderungen nach | |
einer Autonomie für Darfur als Einheit. | |
Wie ein Referendum organisiert werden soll, solange ein Drittel der | |
Bevölkerung Darfurs vertrieben ist, ist unklar. Die Regierung will die | |
Vertriebenenlager auflösen. Deren Bewohner müssten sich innerhalb von 50 | |
Tagen zwischen Ansiedlung in von den Behörden zu bestimmenden Orten und | |
Rückkehr in ihre Gemeinden entscheiden, so Sudans Vizepräsident Hasabo | |
Abdel Rahman im Dezember. | |
## Umfassender Plan der Regierung | |
Eine Konferenz von Vertriebenenorganisationen beschloss daraufhin, Rückkehr | |
könne es erst nach der Auflösung der Milizen geben, die für die | |
Vertreibungen verantwortlich sind. | |
Dass kurz darauf die Gewalt eskaliert, halten Oppositionelle nicht für | |
einen Zufall. Die oppositionelle „Sudan Democracy First Group“ spricht von | |
einem „umfassenden Plan“ der Regierung, ihre Vorstellungen gegen die | |
Bevölkerung durchzusetzen. | |
12 Jan 2016 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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