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# taz.de -- Litprom Frankfurt: Barroco Tropical
> Literaturtage in Frankfurt: Ein Gespräch mit der Veranstalterin Anita
> Djafari und dem Kurator Achim Stanislawski.
Bild: Internationales Publikum der Literaturtage in Frankfurt.
taz: Frau Djafari, Sie haben gesagt, die Litprom-Literaturtage seien noch
nie so wertvoll gewesen wie heute. Warum?
Anita Djafari: Ich bin im Moment sehr aufgewühlt darüber, was nach den
Ereignissen in Köln passiert, in einer ohnehin schon aufgeheizten Debatte
über den Zustrom von Flüchtlingen. Auf einmal kippt da etwas, was mich sehr
erschreckt. In so einer Zeit, in der es so eine seltsam diffuse Angst vor
Überfremdung gibt, denke ich, ist es notwendig, erst einmal zuzuhören, was
andere aus anderen Teilen der Welt sagen, zu sagen haben. Auch wie sich das
in Literatur darstellt. Wir sind in diesem Sinne mit unserer Organisation
Litprom und den Frankfurter Literaturtagen so eine Art literarischer
Botschafter.
Was war der Anlass, vor fünf Jahren anzufangen, Literaturtage mit dezidiert
internationalem Anspruch abzuhalten?
Frankfurt ist eine internationale und weltoffene Stadt. Wir füllen damit
eine kulturelle Lücke. Natürlich bedienen wir mit unseren Lesungen immer
auch bestimmte Communitys: Wenn eine MexikanerIn liest, kommen viele
Mittel- und Südamerikaner. Man sollte aber nicht denken, dass Banker oder
alle Menschen, die in internationalen Firmen arbeiten, kulturelle
Ignoranten seien. Wir haben ein sehr gemischtes Publikum, und das hat auch
die Stadt erkannt.
Achim Stanislawski: Die Leute lesen Frankfurter Autoren wie Peter Kurzeck,
Martin Mosebach, Wilhelm Genazino, aber eben auch Orhan Pamuk, Salman
Rushdie oder Assia Djebar.
Djafari: Ja genau. Das Literaturreferat der Stadt und viele andere
Institutionen kümmern sich sehr um die deutschsprachigen Autoren. Da bilden
wir ein Gegengewicht und verstehen uns als wichtige Ergänzung.
Dieses Jahr hat Ihre Veranstaltung den Titel „Neue Weltliteratur und der
globale Süden“. Wie definieren Sie Weltliteratur?
Stanislawski: Die neue Weltliteratur ist eine Literatur, die überall
stattfinden kann, egal auf welchem Kontinent, uns Europäer aber trotzdem
betrifft.
Djafari: Weltliteratur ist für mich Literatur, die Bestand hat, und zwar
auf der ganzen Welt. Und da ist es mir ganz egal, wo die eigentlich
herkommt. Wenn Literatur etwas Universelles hat, und das hat für mich gute
Literatur, dann ist das für mich Weltliteratur.
Wo man früher von „Dritter Welt“ sprach, spricht man heute vom globalen
Süden. Was ist der Vorteil dieses Begriffs?
Stanislawski: Wenn man von „Dritter Welt“ spricht, dann tut man so, als sei
es ein anderer Planet. „Dritte Welt“ könnte auch die Venus sein. Aber wir
leben in einer globalen Welt. Deswegen halte ich den Begriff Globaler Süden
für interessanter.
Elf Autoren haben Sie eingeladen. Darunter sind mit Priya Basil und Amanda
Lee Koe nur zwei Frauen. Ein bisschen wenig, oder?
Stanislawski: Das ist uns auch aufgefallen, aber wir hatten ein paar
unglückliche Absagen. Wir haben versucht, dass es ausgeglichen ist.
Djafari: Es gibt aber auch weniger Autorinnen. Wir zählen das nicht
systematisch, aber wir stellen bei allem, was wir machen, fest: zwei
Drittel Männer, ein Drittel Frauen. Es gibt einfach mehr publizierte,
übersetzte Literatur von Männern.
Viele der Autoren sind Weltbürger. Ihre Lebensläufe erstrecken sich über
mehrere Kontinente wie bei José Eduardo Agualusa. Wie beeinflusst das
Erzählen und Ästhetik?
Stanislawski: Bei Agualusa so etwa: In der kreolischen Welt gibt es die
Theorie der Chaoswelt. Die Welt ist ein Chaos, und wir müssen uns darin
zurechtfinden. Agualusa ist ein tolles Beispiel dafür.
Djafari: Es gibt ein Buch von ihm, das heißt „Barroco Tropical“, und das
ist auch so.
21 Jan 2016
## AUTOREN
Shirin Sojitrawalla
## TAGS
Wilhelm Genazino
Lesestück Interview
Kambodscha
Salman Rushdie
Literatur
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