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# taz.de -- Karikatur bei „Charlie Hebdo“: Das öffentliche Ärgernis
> Mit einer Karikatur über den toten Flüchtlingsjungen Aylan und die
> Ereignisse in Köln zieht „Charlie Hebdo“ Unmut auf sich.
Bild: „Was wäre aus dem kleinen Aylan geworden, wenn er groß geworden wäre…
Paris taz | Charlie Hebdo ist ein öffentliches Ärgernis. Das beweist das
französische Satireblatt jede Woche mit Karikaturen, die irgendwo Anstoß
erregen. Die Polemik, die äußerst provokative Form der Satire gehört ebenso
zur Geschichte der Zeitschrift wie der (vergebliche) Versuch, die Zeichner
zur Räson oder auf den gängigen Geschmack zu bringen.
Das belegt auch die neueste Kontroverse, ein Jahr nach dem Attentat und
nach einer Gedenk-Ausgabe. Charlie-Chef Riss befasst sich im aktuellen Heft
mit den sexuellen Übergriffen der Kölner Silvesternacht. „Was wäre aus dem
kleine Aylan geworden, wenn er groß geworden wäre? Ein Arschgrapscher in
Deutschland?“, fragt er mit einer Zeichnung, auf der zwei Männer abgebildet
sind, die lüstern die Hand nach fliehenden Frauen ausstrecken. Aylan war
der kleine Junge, der im vergangenen Jahr tot am Strand der türkischen
Küste gefunden wurde. Die Bilder gingen um die Welt. Sie wurden zum
Sinnbild der Flüchtlingskrise.
Diese Karikatur ist so unerfreulich wie die Vorkommnisse, auf die Riss
anspielt. Auseinandersetzen müssen wir uns mit diesen aber ohnehin. Es
gehört zum Wesen der Karikatur, dass sie mit einer grotesken Verzerrung
Anlass gibt nachzudenken – oder zu lachen.
Amüsant ist in diesem Fall allerdings gar nichts. Bedenklich ist, was in
Köln passiert ist und wie Medien und Politiker damit umgehen.
Selbstverständlich war es die Absicht von Zeichner Riss, gerade die
Instrumentalisierung dieser sexuellen Aggressionen durch Rassisten
anzuprangern. Über die Art und Weise, wie er das macht, kann man sich
streiten. Auch und ganz besonders darüber, eine Verbindung mit der
Flüchtlingstragödie von Aylan herzustellen.
## Zynisch den Tod behandeln
Es ist nicht das erste Mal, dass Riss in sehr zynischer Art den Tod des
kleinen Aylan behandelt. Bereits im September hatte eine solche Zeichnung
von ihm eine Debatte über die Grenzen des guten Geschmacks ausgelöst. Die
Reaktionen jetzt sind ebenso heftig. Viele werfen dem Zeichner vor, mit der
Karikatur zu sexuellen Übergriffen von Migranten reaktionär und
fremdenfeindlich zu sein.
Bereits bedauern auf Twitter einige ihre Solidarität nach dem
islamistischen Anschlag vor gut einem Jahr. Sie mögen nicht mehr sagen „Ich
bin Charlie“.
Der Philosoph Raphael Enthoven entgegnete dazu: „Je suis Charlie heißt
nicht, dass ich mit allen Zeichnungen einverstanden bin, sondern dass (mit
dem Attentat) auch meine Freiheit angegriffen wurde. Was gezeichnet wird,
spielt keine Rolle, solange ich es toleriere.“
Die Freiheit der Meinungsäußerung gilt ja nicht bloß für Meinungen, die man
selbst teilt, sondern auch für diejenigen, die einen ärgern. Charlie ist in
dieser Hinsicht also ein öffentliches Ärgernis von allgemeinem Interesse.
14 Jan 2016
## AUTOREN
Rudolf Balmer
## TAGS
Satire
Charlie Hebdo
Karikatur
Köln
Schwerpunkt Flucht
Schwerpunkt AfD
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