# taz.de -- Tausende auf der Balkanroute: Flüchtlinge trotzen dem Frost | |
> Trotz Schnee ziehen weiter Tausende Flüchtlinge über die Balkanroute gen | |
> Deutschland. Die Ägäis-Überfahrt wird immer gefährlicher. Ein | |
> zweijähriger Junge ertrank. | |
Bild: Flüchtlinge auf der Balkanroute (hier: in Mazedonien). | |
ATHEN/ZAGREB dpa | Das Flüchtlingselend nimmt kein Ende: Ein zweijähriger | |
Junge aus Syrien ist am Samstag bei einem Bootsunglück ums Leben gekommen. | |
Es sei der erste Flüchtling, der im neuen Jahr in der Ägäis gestorben sei, | |
teilte die griechische Küstenwache mit. Ein anderes Flüchtlingsboot | |
kenterte bei der gefährlichen Überfahrt aus der Türkei vor der griechischen | |
Insel Chios. | |
Die 56 Insassen konnten aus den eisigen Fluten gerettet werden, wie der | |
Staatsrundfunk am Sonntag meldete. Und auch auf einer kleinen Insel vor der | |
Türkei strandeten Flüchtlinge. Auf der Balkanroute sind weiter Tausende | |
Flüchtlinge in Richtung Österreich und Deutschland unterwegs – trotz des | |
Wintereinbruchs mit bis zu 20 Zentimetern Schnee und Minusgraden. | |
Allein in den ersten Stunden des Sonntags seien rund 2.800 Migranten in | |
Kroatien gezählt worden, teilte das Innenministerium in Zagreb mit. Am | |
Vortag seien es knapp 1.900, am ersten Tag des neuen Jahres etwa 3.000 | |
gewesen. | |
Auch weiter südlich kamen täglich aus der Türkei mehr als 4.000 Flüchtlinge | |
auf die vorgelagerten griechischen Inseln, wie der für Migration zuständige | |
griechische Vizeminister Ioannis Mouzalas der Zeitung “Eleftheros Typos“ | |
(Samstag) sagte. Neben den vor allem aus Syrien kommenden | |
Kriegsflüchtlingen registrierten die Behörden nun immer mehr Migranten aus | |
Nordafrika: „Wir haben ein neues Phänomen: Marokkaner und Algerier (...) | |
kommen in großen Zahlen“, berichtete der Minister. | |
## Flucht über Ägäis „äußerst gefährlich“ | |
Die Überfahrt aus der Türkei nach Griechenland wird inzwischen immer | |
gefährlicher. In der Region wehen starke Winde. Die Flucht per Boot über | |
die Ägäis sei deswegen „äußerst gefährlich“, sagte ein Offizier der | |
griechischen Küstenwache der Deutschen Presse-Agentur. | |
Der zweijährige Junge aus Syrien, der am Samstag umkam, war von Helfern der | |
privaten maltesischen Initiative MOAS entdeckt worden. Das Schlauchboot mit | |
dem Kind, seiner Mutter und mehreren Dutzend anderen Migranten sei nahe der | |
kleinen griechischen Insel Agathonisi gegen einen Felsen geprallt. An | |
Silvester hatte die griechische Küstenwache die Leichen von zwei Migranten | |
in der Ägäis entdeckt. | |
Die türkische Küstenwache rettete 57 Flüchtlinge, die bei der versuchten | |
Überfahrt über die Ägäis auf einer unweit der griechischen Insel Lesbos | |
liegenden kleinen Insel vor dem türkischen Küstenort Dikili strandeten. Das | |
meldete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu am Sonntag. Zwölf der | |
Insassen seien mit dem Hubschrauber ausgeflogen worden, darunter drei | |
Kinder. Die übrigen Flüchtlinge seien mit Fischerbooten an das türkische | |
Festland gebracht worden, weil größere Schiffe wegen des felsigen Ufers | |
nicht anlegen konnten. | |
Die Türkei hatte der Europäischen Union zugesichert, die Seegrenzen besser | |
zu schützen. Dennoch setzen fast täglich Flüchtlinge von der türkischen | |
Küste nach Griechenland über. | |
## 28 Prozent der Flüchtlinge sind Kinder | |
Kritik, Griechenland könne seine Grenzen nicht kontrollieren, wies | |
Griechenlands Vizeminister Mouzalas zurück. „Landesgrenzen kann man | |
wunderbar kontrollieren. Im Meer, wenn ein Boot sinkt, hat man keine andere | |
Wahl, als die Menschen zu retten“, sagte Mouzalas der Zeitung Eleftheros | |
Typos. | |
Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR kamen im vergangenen Jahr | |
insgesamt 851.319 Menschen über die Ägäis nach Europa. 28 Prozent davon | |
seien Kinder gewesen. Allein im Dezember kamen demnach mehr als 103.000 | |
Menschen – fast genauso viele wie im August (107.843). | |
Auch in den Nachbarländern Syriens ist die Lage der Flüchtlinge prekär. Im | |
Libanon etwa, wo weit mehr als eine Million Flüchtlinge leben, schneit es | |
inzwischen. Zum Teil sind die Flüchtlinge dort in provisorischen | |
Zeltstädten untergebracht. | |
3 Jan 2016 | |
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Idomeni | |
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