# taz.de -- Proteste gegen Hinrichtungen: Sturm auf Saudi-Botschaft in Teheran | |
> Die Exekution von 47 Verurteilten in Saudi-Arabien löst weltweit Kritik | |
> aus. Im Iran greifen Demonstranten die Botschaft an, Chamenei warnt vor | |
> „Rache Gottes“. | |
Bild: Nach dem Brand in der saudischen Botschaft kam es zu 40 Festnahmen in Teh… | |
TEHERAN/RIAD dpa/afp | Nach der [1][Hinrichtung des schiitischen | |
Geistlichen Nimr al-Nimr] in Saudi-Arabien haben Demonstranten in der Nacht | |
zum Sonntag die Botschaft Riads in Teheran gestürmt und Teile des Gebäudes | |
in Brand gesetzt. Das berichteten Augenzeugen der Deutschen Presse-Agentur. | |
Andere Bereiche innerhalb der Botschaft seien von den Demonstranten | |
verwüstet worden. Es kam zu heftigen Zusammenstößen zwischen Demonstranten | |
und Polizei. Mehrere Randalierer wurden festgenommen. | |
Die Polizei war auf den plötzlichen Angriff in der Nacht nicht vorbereitet. | |
Zwar bekam sie die Lage letztendlich in den Griff, aber die Verwüstung | |
konnte sie nicht verhindern. Auch die Feuerwehr kam erst später, um den | |
Brand zu löschen. Der Teheraner Staatsanwalt Abbas Dschafari Dolatabadi | |
sagte laut der Nachrichtenagentur Isna, es seien 40 Menschen festgenommen | |
worden, die in die Botschaft eingedrungen waren. | |
Für Sonntagnachmittag rief der Studentenflügel der Bassidsch-Miliz zu einer | |
weiteren Protestkundgebung vor der Botschaft auf. Auch in der iranischen | |
Stadt Maschhad wurde das saudiarabische Konsulat angegriffen. Das iranische | |
Außenministerium verbot in einer Presseerklärung nach dem Angriff alle | |
Versammlungen vor der saudischen Botschaft in Teheran und dem Konsulat in | |
Maschhad im Nordostiran vorläufig. | |
Al-Nimr war am Samstag mit 46 weiteren Menschen [2][wegen | |
Terrorismusvorwürfen exekutiert worden]. Der Iran – der schiitische Rivale | |
des sunnitisch geprägten Saudi-Arabien – hatte mit Empörung auf die | |
Hinrichtung reagiert. Irans geistliches Oberhaupt Ayatollah Ali Chamenei | |
warnte das Königreich vor der „Rache Gottes“. „Das ungerechtfertigt | |
vergossene Blut dieses Märtyrers wird rasche Konsequenzen haben und die | |
Hand Gottes wird Rache an der saudiarabischen Führung nehmen“, sagte | |
Chamenei am Sonntag vor Geistlichen in Teheran. „Dieser Gelehrte ermutigte | |
Menschen weder zu bewaffneten Handeln, noch schmiedete er geheime Pläne, | |
das einzige was er tat, war öffentlich Kritik zu äußern.“ | |
## Proteste auch in Irak und Bahrain | |
Das iranische Außenministeriums hatte Saudi-Arabien am Samstag vorgeworfen, | |
„terroristische und extremistische Bewegungen“ zu unterstützen und zugleich | |
seine internen Gegner hinzurichten. Das Königreich werde dafür „einen hohen | |
Preis zahlen“, warnte Teheran. Riad warf seinem regionalen Rivalen | |
daraufhin einen „aggressiven“ Tonfall vor und bestellt den iranischen | |
Botschafter ein. Außer im Iran gab es auch in der schiitischen Pilgerstadt | |
Kerbela im Irak und im mehrheitlich schiitischen Golfstaat Bahrain Proteste | |
gegen die Hinrichtung al-Nimrs. | |
Die Hinrichtungen in Saudi-Arabien lösten überdies international Besorgnis | |
vor neuen Spannungen in der Region aus. Auch EU, Europarat und deutsche | |
Oppositionspolitiker kritisierten die Massenhinrichtungen. Die USA riefen | |
Saudi-Arabien auf, „die Menschenrechte zu respektieren und zu schützen“. | |
Der 55-jährige Al-Nimr war wegen seiner Kritik an der Unterdrückung der | |
religiösen Minderheit in Saudi-Arabien durch das sunnitische Königshaus | |
eingesperrt worden. Der Aktivist war für seine Unterstützung friedlichen | |
Protests bekannt. Inspiriert von den Protesten der arabischen Aufstände | |
hatte er im von Schiiten bewohnten saudischen Osten ab 2011 Demonstrationen | |
organisiert. | |
## Saudi-Arabien: „Fußstapfen des Teufels“ | |
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty hatte in der Vergangenheit | |
kritisiert, Saudi-Arabien setze das Todesurteil auch als politisches | |
Instrument gegen die schiitische Minderheit ein, die etwa 15 Prozent der | |
Bevölkerung ausmacht. In dem überwiegend sunnitischen Land waren bereits in | |
den vergangenen Monaten schiitische Geistliche und Aktivisten zum Tode | |
verurteilt worden. | |
In sozialen Medien kursieren diverse Aufrufe zu Protesten in Saudi-Arabien. | |
Zunächst wurden aber keine Demonstrationen aus dem ultrakonservativen | |
Königreich gemeldet. Im benachbarten Bahrain, wo Schiiten die Mehrheit der | |
Bevölkerung stellen, kam es dagegen zu Protesten. | |
Saudi-Arabien rechtfertigte die Exekutionen mit den terroristischen Taten | |
der Betroffenen. Diese folgten „den Fußstapfen des Teufels. Durch ihre | |
terroristischen Taten ist unschuldiges Blut vergossen worden mit dem Ziel, | |
die Stabilität in diesem Land zu erschüttern“, hieß es nach Angaben der | |
staatlichen saudischen Nachrichtenagentur SPA in einer Stellungnahme des | |
Innenministeriums in Riad vom Samstag. | |
Saudi-Arabien hatte 2015 laut Menschenrechtlern so viel Todesurteile | |
vollstreckt wie seit 20 Jahren nicht mehr. Der Anstieg geht einher mit der | |
Machtübernahme von König Salman im Januar. Von Januar bis November waren | |
demnach mindestens 151 Menschen hingerichtet worden, [3][hatte Amnesty | |
mitgeteilt] – im gesamten Jahr 2014 seien es 90 gewesen. Die Verurteilten | |
werden entweder enthauptet oder erschossen. | |
3 Jan 2016 | |
## LINKS | |
[1] /Hinrichtungen-in-Saudi-Arabien/!5264696 | |
[2] /Verurteilungen-wegen-Terrorismus/!5264692 | |
[3] /Amnesty-International-zu-Saudi-Arabien/!5249437 | |
## TAGS | |
Saudi-Arabien | |
Iran | |
Teheran | |
Schiiten | |
Saudi-Arabien | |
Saudi-Arabien | |
König Salman | |
Saudi-Arabien | |
Saudi-Arabien | |
Ali al-Nimr | |
Saudi-Arabien | |
Saudi-Arabien | |
Saudi-Arabien | |
Wirtschaftspolitik | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Reaktionen im Golf-Konflikt: Gegenseitige Schuldzuweisungen | |
Der saudische Außenminister macht den Iran für die Eskalation | |
verantwortlich. Der iranische Präsident wirft Saudi-Arabien vor, von | |
eigenen Verbrechen abzulenken. | |
Kommentar Umgang mit Saudi-Arabien: Steinmeier sollte zu Hause bleiben | |
Die Beziehungen zu Saudi-Arabien mögen wichtig für Deutschland sein: Eine | |
Antwort auf die Hinrichtungen muss aber gefunden werden. | |
Eskalation am Golf: Ein knallharter Machtkampf | |
Bei der Rivalität zwischen Saudi-Arabien und dem Iran geht es nicht nur um | |
Religion. Und an beiden kommt die Politik des Westens nicht vorbei. | |
Nach Massenhinrichtung: Saudi-Arabien kappt Beziehung zu Iran | |
Der Konflikt zwischen Riad und Teheran spitzt sich zu – das saudische | |
Königshaus bricht nun alle diplomatischen Beziehungen ab. Die USA fordern | |
zum Dialog auf. | |
Kommentar Gefährliche Politik der Saudis: Es droht ein vierter Golfkrieg | |
Die Exekution al-Nimirs, das Ende der Feuerpause im Jemen – Saudi-Arabien | |
betreibt ein riskantes Spiel. Der Westen muss darauf reagieren. | |
Folgen der Exekutionen in Saudi-Arabien: Öl ins Feuer | |
Die Hinrichtung des Pazifisten Nimr al-Nimrs führt zu zusätzlichem Hass. | |
War das Kalkül oder Dummheit des saudischen Könighauses? | |
Hinrichtungen in Saudi-Arabien: Empörung nach Exekutionen | |
Unter den 47 Hingerichteten in Saudi-Arabien war auch der schiitische | |
Geistliche und Regimekritiker Nimr al-Nimr. Nachbarstaaten protestieren, | |
Grüne und Linke auch. | |
Verurteilungen wegen Terrorismus: Saudi-Arabien richtet 47 hin | |
Wegen Terrorismus und Anstiftung zu Gewalt wurden in Saudi-Arabien 47 | |
Verurteilte exekutiert. Darunter ein prominenter Aktivist der schiitischen | |
Minderheit. | |
Amnesty International zu Saudi-Arabien: Zahl der Hinrichtungen steigt | |
In diesem Jahr hat das Land bereits 151 Menschen getötet. Die | |
Menschenrechtsorganisation kritisiert politisch motivierte Prozesse. | |
Absatzmarkt Saudi-Arabien: Königreich der Unterdrückung | |
Das absolutistische Land kauft in Deutschland nicht nur Waffen. Der Preis, | |
den die Demokratie für diese Exporte zahlt, ist hoch. |