# taz.de -- Neues Album von T.Raumschmiere: Der Mann fürs Grobe | |
> Weder Gnarz noch Shuffle, erst recht keine bollernden Beats: Technopunk | |
> T.Raumschmiere entdeckt Ambient und würdigt die Altmeister des Genres. | |
Bild: Ruht sich nicht in der Klanghängematte aus: T.Raumschmiere. | |
Eigentlich ist Marco Haas alias T.Raumschmiere bekannt als der Mann fürs | |
Grobe. Stücke von ihm haben Titel wie „Rabaukendisko“, „Blitzkrieg Pop�… | |
„Monstertruckdriver“. Ähnlich grobschlächtig klingen sie auch. | |
Die elektronische Musik von Haas ist nicht ohne dessen Punksozialisation zu | |
verstehen. Aufgewachsen ist Haas mit der Musik der Dead Kennedys und von | |
Black Flag und hat selbst Schlagzeug in einer Hardcoreband gespielt. So | |
wurde er Ende des letzten Jahrtausends zum Punk des Techno – auch über den | |
Electropunk-Hype zur Jahrtausendwende hinaus. | |
Ausgerechnet T.Raumschmiere veröffentlicht nun mit seinem titellosen neuen | |
Werk ein waschechtes Ambient-Album (erschienen bei Album Label/Rough | |
Trade). Weder Gnarz noch Shuffle, erst recht keine bollernden Beats, | |
sondern gemächlich verstolperte Elektronik mit insgesamt ruhigem Puls ist | |
zu hören. Keine Sorge: Eine Klanghängematte erzeugt er dadurch nicht. Eher | |
kreiert der Berliner beunruhigende Atmosphären, dunkle Klangschlieren, | |
kalten Elektroniknebel. Also nichts für die nächste Chillout-Party. | |
Einen derartigen musikalischen Richtungswechsel hatte man von Marco Haas | |
kaum erwarten können. Er ist zwar immer noch fleißig unterwegs, um in den | |
Clubs der Welt zu spielen, aber seine letzte veröffentlichte Produktion ist | |
bereits 2008 erschienen. Es schien also fast so, als habe er das | |
Musikmachen an den Nagel gehängt. | |
Er habe sich eben umorientiert, sagt Haas im Büro seines Labels | |
Shitkatapult in Berlin-Mitte. Um das Label, das er gestartet hat und das | |
ihm gehört, kümmert er sich selbst eher sporadisch. „Mein Kopf war einfach | |
nicht frei, um für mich selbst zu arbeiten“, erklärt Haas seine | |
Schaffenspause. So war er zuletzt hauptsächlich als Produzent für andere | |
tätig. Er hat sich ein kleines Studio in Neukölln eingerichtet und unter | |
anderem Alben für Barbara Morgenstern, Fraktus und den Schweizer Künstler | |
Dieter Meier (Yello) produziert. „Wenn Rock elektronisch klingen soll,“ | |
werde er gern als Produzent gebucht, sagt der 40-Jährige. | |
## Eine Hommage an Aphex Twin | |
Wenn der Druck nicht mehr so da ist, als Techno-Act amtliche | |
Dancefloor-Knaller zu veröffentlichen, um im Gespräch zu bleiben, kommt man | |
wohl auf lustige Ideen. Die Ambientalben von Aphex Twin aus den frühen | |
Neunzigern seien für ihn die „erste Berührung mit elektronischer Musik“ | |
gewesen und seine neues Album eine „Hommage“ an diese Art von Musik. | |
Elektronische Musik war damals ein großes Versprechen, ihr Einfluss | |
sickerte seinerzeit in Rock- und Indie-Sound, musikalische Grenzen lösten | |
sich auf. Alles war unbestimmter und offener damals und das möchte Haas, | |
bekannt als der Mann fürs Grobe, nun auch wieder für sich haben. | |
T.Raumschmiere möchte nicht mehr nur mit „Halligalli“ und „Drecksauparty… | |
wie er das nennt, assoziiert werden. | |
Befürchtungen, dass nun aus dem Elektropunk T.Raumschmiere über Nacht der | |
Brian Eno des Dancefloor wird, dämmt er ein: „Die Clubs werden mich auch | |
weiterhin buchen, damit ich deren Laden in Schutt und Asche rocke, und | |
nicht, damit ich sie mit meiner aktuellen Musik ein wenig zuknistere.“ | |
16 Dec 2015 | |
## AUTOREN | |
Andreas Hartmann | |
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