# taz.de -- Verhandlungsstand der Klimakonferenz: Tage der Entscheidung | |
> Nach zähem Ringen gab es am Donnerstagabend einen neuen Entwurf für ein | |
> Klimaabkommen. Angela Merkels Lieblingswort ist verschwunden. | |
Bild: Da ist der Text: UN-Generalsekretär Ban Ki-moon bekommt auf der Klimakon… | |
PARIS taz | Bis zum Morgengrauen verhandelten die Delegierten aus 195 | |
Staaten im Konferenzzentrum von Le Bourget. Immer wieder zogen sich | |
einzelne Minister oder Delegierte zurück, um Konflikte auszuräumen, denn am | |
Ende gilt: Alle müssen zustimmen. Indaba, „in die Ecke gehen“, nennt sich | |
diese Verhandlungstaktik – ein Wort aus der Sprache der Zulu, das bei den | |
Klimaverhandlungen 2011 im südafrikanischen Durban Einzug in die | |
Konferenzsprache hielt. | |
Bis zum Samstag wird es noch viele Indabas geben. Zwar legte der | |
Verhandlungschef und französische Außenminister Laurent Fabius bereits am | |
Donnerstagabend den letzten Entwurf des Vertrags vor, doch der enthält noch | |
zahlreiche strittige Punkte. Welche davon bleibt und welche gestrichen wird | |
entscheidet, wie wirksam das Abkommen sein wird. Eine kurze Übersicht über | |
das, was bereits entschieden ist: | |
Dekarbonisierung: Angela Merkel hat das Wort noch mit viel Verve in die | |
Abschlusserklärung des letzten G7-Gipfels reinverhandelt, jetzt ist es weg. | |
„Dekarbonisierung“ bedeutet der komplette Verzicht auf die Nutzung von | |
Kohle, Öl und Gas. In einem Vertragsentwurf vom Mittwoch war es noch als | |
Option enthalten, am Donnerstag fehlte das Zauberwort. | |
Zeitraum: Dafür soll die Welt nun Mitte des Jahrhundert „emissionsneutral“ | |
werden, will heißen: Von 32 Gigatonnen CO2-Ausstoss in 2014 auf Null, | |
irgendwann zwischen 2050 und 2100. „Diese Begrifflichkeit lässt eine | |
scheunentorgroße Öffnung für schädliche Atomkraft und die unterirdische | |
Kohlendioxid-Speicherung zu“, sagte der Präsident des Naturschutzbundes | |
Deutschland, Olaf Tschimpke. Sämtliche konkreten Zahlen, bis wann wie viel | |
weniger CO2 ausgestoßen werden darf, sind gestrichen. | |
Überprüfungen: Bereits jetzt ist allen klar, dass in dem Abkommen | |
vereinbart wird, dass verschiedene Länder ihre Treibhausgasemissionen | |
senken. Klar ist auch, dass die Ziele nicht ausrechend sind, um einen | |
gefährlichen Klimawandel einzudämmen. Wichtig ist deshalb, dass in dem | |
Abkommen festgelegt wird, die globalen Klimaschutzziele regelmäßig | |
anzupassen. Das zumindest ist im vorläufigen Text bereits enthalten: Ab | |
2023 sollen die Fortschritte alle fünf Jahre überprüft werden. Gut so, | |
allerdings müsste man deutlich früher damit beginnen, meint Christoph Bals, | |
Politischer Geschäftsführer von Germanwatch. | |
Reduktionen: Man stelle sich vor, da sitzen 195 Staaten zusammen und alle | |
wissen, dass ihre Pläne zum Klimaschutz nicht ausreichen, um katastrophale | |
Folgen zu verhindern. Mehr wollen sie aber auch nicht machen. Was also tun? | |
Nun, man schreibt in den Weltklimavertrag, dass alle wissen, dass sie zu | |
wenig machen. Man „bemerke mit Sorge“, dass „wesentlich größere | |
Anstrengungen zur Emissionsminderung nötig sei“, heißt es nun. Wow. | |
Temperaturen: Etwas Gutes zum Schluss. Der Text wird definitiv | |
Formulierungen enthalten, dass sich die Welt Mühe gibt, den | |
Temperaturanstieg im Schnitt unter 1,5 Grad zu halten. Der Weltklimarat | |
soll bis 2018 einen Plan erarbeiten, wie das gehen könnte. Bisher war | |
international stets vom 2-Grad-Ziel die Rede. Das bedeutete, dass die | |
globale Erwärmung auf im Schnitt maximal 2 Grad über dem Level vor der | |
Industrialisierung gehalten werden soll. | |
Aussichten: „Das ist wie ein Marathon, es sind die letzten Meter, die am | |
schwierigsten sind“, sagte der Konferenzleiter, Frankreichs Außenminister | |
Laurent Fabius. „Das ab 2020 geltende neue Klimaschutzabkommen droht extrem | |
schwach ausgestaltet zu werden“, sagt Hubert Weiger Chef des Bund für | |
Umwelt und Naturschutz Deutschland. „Das ist ein starker und gut | |
ausbalancierter Text“, sagt Michael Jacobs von der Organisation New Climate | |
Economy. | |
Fazit: Es wäre falsch zu sagen, „Jetzt geht das zweiwöchige Ringen um ein | |
globales Abkommen gegen die Erderwärmung zu Ende“. Genau genommen sind es | |
über vier Jahre harten diplomatischen Ringens, bereits 2011 beschloss die | |
Weltgemeinschaft, in diesem Jahr einen Klimaschutzvertrag verabschieden zu | |
wollen. Seitdem wird daran gearbeitet. Am Samstag wird es dann ein Papier | |
geben – dann geht die Arbeit erst richtig los: das Umsetzen. | |
11 Dec 2015 | |
## AUTOREN | |
Ingo Arzt | |
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