| # taz.de -- 32C3: Chaos Computer Club in Hamburg: „Die Kapazitäten sind begr… | |
| > 12.000 Computer-Freaks treffen sich zwischen den Jahren zum Kongress des | |
| > Chaos Computer Clubs. Vor drei Jahren lockte Hamburg die Hacker her. Ob | |
| > sie bleiben? | |
| Bild: Nerds unter sich: Beim Chaos Computer Club 2012 trafen sich die HackerInn… | |
| taz: Herr Hirdes, „Gated Communities“ lautet das Motto des diesjährigen | |
| „Chaos Communication Congresses“. Was bedeutet eine Zugangsbeschränkung f�… | |
| das Internet? | |
| Michael Hirdes: Immer mehr Menschen werden aus ihren Geräten ausgesperrt. | |
| Bei den modernen Smartphones bestimmt der Hersteller, was ich darauf | |
| installieren kann und was nicht. Ich kann mit meinem Gerät nicht mehr tun, | |
| was ich will, sondern nur das, was der Produzent mir erlaubt. Aus diesen | |
| Gated Communities, also abgegrenzten Bereichen, müssen wir ausbrechen. Es | |
| geht dabei aber auch um allgemeine Partizipation, etwa darum, in den | |
| Erstaufnahmeunterkünften für Flüchtlinge WLAN zu installieren. | |
| Ist das der programmatische Congress-Schwerpunkt? | |
| Der Schwerpunkt von über hundert thematisch weitgefächerten Vorträgen und | |
| etlichen Workshops ist das Ausbrechen aus diesen Communities. Es geht aber | |
| auch darum, Menschen zusammenbringen, um über die unterschiedlichsten | |
| Themen zu diskutieren: Von politischen Themen bis hin zur | |
| Datensicherheit... | |
| … die bekanntlich in den vielen Bereichen große Lücken aufweist. | |
| Ein großes Problem ist, dass viele Menschen freiwillig sehr persönliche | |
| Daten preisgeben und – Thema Cloudcomputing – ihre Daten auf Computern | |
| anderer Leute lagern. Dann empören sie sich, wenn diese Daten am falschen | |
| Ort landen. Wir wollen aufzeigen, wie man mit Computern arbeiten kann, ohne | |
| seine Daten rauszugeben und das im Übrigen auch das gute, alte Bargeld eine | |
| feine Sache ist. | |
| Vor allem für viele Jüngere scheint es ganz normal zu sein, viele Daten im | |
| Netz preiszugeben. Nimmt die Sensibilität gegenüber diesen Themen | |
| tatsächlich ab oder zu? | |
| Gerade bei den jungen Leuten, die mit dem Netz aufwachsen, sehen wir | |
| häufig, dass es ihnen bewusst ist, dass sie Daten nach draußen geben und | |
| sie sehr drauf achten, dass etwa auf Partys nicht fotografiert wird. Wo ich | |
| viel größere Sorge habe, ist die Generation, die noch mit drei | |
| Fernsehkanälen aufwuchs und dann vom Internet überrollt wurde. Diese | |
| Menschen posten arglos die Fotos ihrer Kinder oder Enkelkinder und machen | |
| sich keine Gedanken darüber, dass diese Bilder dann im Netz kursieren. | |
| Hat das Bekanntwerden der NSA-Ausspähungen das Bewusstsein erhöht? | |
| In der breiten Bevölkerung ist das Thema angekommen, allerdings sind viele | |
| Menschen hilflos, fragen sich, was sie denn tun können und haben keine | |
| Lösungsansätze. | |
| Was wären Lösungsansätze? | |
| Zumindest eine funktionierende Geheimdienstkontrolle und nicht eine | |
| Simulation, in der letztendlich der Geheimdienst selber entscheidet, was er | |
| parlamentarischen Kontrollgremien zur Prüfung vorlegt. | |
| Ein anderes großes Thema war das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung. Wie | |
| gehen Sie damit um? | |
| Die Vorratsdatenspeicherung ist ja ein Dauerthema bei uns. Wir werden uns | |
| an den Klagen gegen das Gesetz beteiligen, da die Politik auf uns und | |
| andere Experten ja nicht hört, die sagen: Vorratsspeicherung ist Blödsinn. | |
| Nun ist das Netz aber unbestritten auch eine Plattform zur Vorbereitung | |
| krimineller Taten. Kann man vor diesem Hintergrund noch pauschal eine | |
| offenes und freies Netz fordern? | |
| Das Briefgeheimnis ist nicht ohne Grund eingeführt worden: Wenn jemand | |
| kriminelle Energie hat, findet er immer einen Weg, zu kommunizieren. Ob das | |
| mit verschlüsselten Texten auf Papier oder im Netz passiert, macht wenig | |
| Unterschied. Man muss deswegen nicht die Kommunikation von 80 Millionen | |
| Menschen überwachen, weil ein winzig kleiner Anteil schlimme Dinge tut. | |
| Wie fällt Ihr Urteil aus, wenn es um das Spannungsfeld zwischen | |
| Hasskommentaren und Meinungsfreiheit geht. | |
| Meinungsfreiheit ist ein sehr hohes Gut der Demokratie – und sobald die | |
| sogenannten Hasskommentare strafrechtlich relevant werden oder Menschen | |
| mobben, wird dagegen ja vorgegangen. Die Frage ist doch: Haben wir hier ein | |
| soziales oder ein technisches Problem? Soziale Probleme können wir nicht | |
| durch Technik lösen. | |
| Wie wichtig ist der Kongress politisch? | |
| Wir versuchen Themen anzustoßen und den Entscheidern einmal mehr | |
| Informationen an die Hand zu geben. Inwieweit das Früchte trägt, ist schwer | |
| vorhersehbar. | |
| 12.000 Menschen haben sich bereits für den Kongress angemeldet, der 2012 | |
| aus Kapazitätsgründen von Berlin nach Hamburg umzog – und mit Mitteln aus | |
| der Kultur- und Tourismustaxe, die Privatreisende bei Hotelbesuchen zahlen, | |
| gelockt wurde. Steht wegen der großen Nachfrage wieder ein Umzug ins Haus? | |
| Noch fühlen wir uns wohl im CCH, auch wenn seine Kapazitäten begrenzt sind. | |
| Wie erklären sie sich das anwachsende Interesse an der Veranstaltung? | |
| Als 1984 der erste Kongress mit 150 Leuten im Bürgerhaus Eidelstedt | |
| stattfand, war die Anzahl der Menschen, die sich mit Computern beschäftigt | |
| haben, noch sehr gering und die Grünen im Bundestag diskutieren darüber, | |
| Computer komplett aus ihren Fraktionsbüros zu entfernen, weil sie | |
| Teufelszeug wären. Heute hat fast jeder Mensch Umgang mit Computern –aus | |
| einem Nischenthema ist eines geworden, das alle angeht. | |
| 24 Dec 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Marco Carini | |
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