# taz.de -- Hate-Kongress in Berlin: „Techno spielt immer noch eine Rolle“ | |
> Zur zehnten Ausgabe von „Hate“ organisiert das „Magazin für Relevanz u… | |
> Stil“ einen „Kongress der Möglichkeiten“ im Kunstraum Kreuzberg. | |
Bild: „GM1“ ist der ethnien- und geschlechtslose Mensch der Möglichkeiten. | |
taz: Sind Sie wütende Zeitgenossen? | |
Hate: Es gibt eine Grundwut auf die Verhältnisse, in denen wir leben, aus | |
denen sich viel Elend ableitet. Wir sind keine von Wut und Hass | |
zerfressenen Leute. Aber Hass sollte man nicht unterdrücken, sondern | |
fragen, warum man wütend wird. Wir geben ihm mit Hate einen Ausdruck. Der | |
Kuschelkurs hilft keinem weiter. | |
„Hate“ – das sind insgesamt vier Leute? | |
Neben uns arbeiten die Journalistin Laura Ewert und Johannes C. Büttner, | |
der sich um die grafische Umsetzung kümmert, fest bei Hate. Johannes hat | |
beim Kongress einen großen Teil der Ausstellung kuratiert. | |
Warum braucht es einen „Kongress der Möglichkeiten“? | |
Schon mit dem Magazin wollten wir eine Verbindung zwischen Popkultur, Kunst | |
und einem antifaschistischen Grundverständnis herstellen. Wir bewegen uns | |
in verschiedenen Subkulturen, im Journalismus, interessieren uns für Kunst, | |
Fußball und gehen aus. Im Bethanien wollen wir Schnittpunkte schaffen: Den | |
Antifa mit dem Kulturhipster zusammenbringen. Und auf Netzpolitik | |
aufmerksam machen. Der Kongress ist als Experiment angelegt: als Kongress | |
der Möglichkeiten. | |
Was passiert im Kunstraum Kreuzberg Bethanien? | |
Am 30. April ist die Vernissage mit einer Schnapsperformance vom Kollektiv | |
„Miami-Bar“, und es gibt Musik. Am 1. Mai bleibt geschlossen. Uns ist das | |
recht, da wir auf die 18-Uhr-Demo gehen. Am 2. Mai geht es weiter mit der | |
Diskussion „[1][Politik als Kunstverhinderer]“. Wir haben täglich eine | |
Abendveranstaltung, und am 8. und 9. Mai finden unsere Konferenztage statt. | |
Das zehnte Heft wird produziert und die Ausstellung ist die ganze Zeit über | |
geöffnet. Alle Veranstaltungen sind kostenlos. Zum Abschluss gibt es am 10. | |
Mai die Aufführung des Theaterstücks „[2][Die Internet-Experten]“. | |
Schnapsperformance? Da kommt das Vorurteil wieder, dass Sie in der | |
Partyszene verwurzelt sind. | |
Ja, das sind wir, wenn auch nicht mehr so stark wie früher. Wir haben | |
unsere Ausgaben durch Partys finanziert, die lang und exzessiv waren. Diese | |
Haltung wollten wir auch als Element abbilden. Techno spielt immer noch | |
eine Rolle. | |
Woher kennen Sie sich? | |
Wir kennen uns sowohl vom Politikmachen als auch vom Techno-Ausgehen. Das | |
ist die Grundidee von Hate. | |
Dafür, dass die letzte Ausgabe bereits 2012 erschienen ist, sind Sie medial | |
immer noch präsent. Liegt das an den sozialen Medien? | |
Facebook ist unser Blog. Es ist ein schmaler Grat zwischen Leuteerreichen | |
und dem, was man aussagen will. Wir hätten gerne drei Artikel pro Woche | |
geschrieben, haben es aber nicht geschafft. Durch Facebook kann man viele | |
Leute erreichen und Artikel teilen, die man mag. So haben wir das Gefühl | |
beibehalten, was Hate für uns ist. | |
Wie politisch kann Hass sein? | |
Er ist 100 Prozent politisch. Hass und Empathie entstehen durch | |
Wahrnehmung. Du schaust dich um und beginnst zu analysieren. Wenn du | |
Verhältnisse analysierst, wird es schnell politisch. Die Festigung des | |
Kapitalismus evoziert einen Hass in uns. | |
Warum braucht es einen Anglizismus, warum nicht „Hass“-Magazin? | |
Wir haben überlegt, ob wir uns so nennen. Durch die englische Bezeichnung | |
haben wir eine gewisse Distanz zum Begriff. Und wir wollten uns klar von | |
der rechten Szene distanzieren. Mit „deutschem Hass“ wollen wir nichts zu | |
tun haben. | |
Sie haben Hate 2007 am Anfang Ihrer beruflichen Laufbahn gegründet. Fehlte | |
seither dann die Zeit für eine Fortsetzung? | |
Es war eine Sinnfindung, aber es lag auch an fehlender Zeit. Wir arbeiten | |
alle, und zwei von uns haben Kinder. Hate lief immer parallel zur | |
Lohnarbeit. | |
Mit dem Kongress haben Sie Ihr Ende angekündigt. Warum? | |
Es ist auf jeden Fall ein Endpunkt von irgendwas. Mit dem zehnten Magazin | |
ist die Printetappe abgeschlossen. Aber konsequent sind wir auf keinen Fall | |
(lachen). | |
Wenn Sie nach dem Kongress feststellen, Sie möchten Hate fortführen, | |
bräuchte es dann einen neuen Namen? | |
Das definitiv nicht. Wir können uns immer noch damit identifizieren. Wir | |
sind älter, aber nicht erwachsener und weniger wütend geworden. | |
Haben Sie für die nächste Ausgabe wieder ein Oberthema? | |
Der Schwerpunkt liegt auf der Verschränkung von Netzpolitik und Analyse. | |
Die Zusammenarbeit mit dem Chaos Computer Club (CCC) spielt eine | |
wesentliche Rolle, die sich auch in den Elementen des Kongresses | |
widerspiegelt: Es wird einen Raum geben, der sich mit dem Darknet | |
auseinandersetzt, und ein Hackerinnen-Lab. | |
Wie sieht die Kollaboration mit dem CCC genau aus? | |
Einmal greifen sie uns finanziell unter die Arme, sie helfen uns | |
infrastrukturell mit Logistik, Planung und bei den Workshops. Die meisten | |
Veranstaltungen werden von Frauen gehalten. Fiona Krakenbürger vom CCC | |
kuratiert das Hackerinnen-Lab (bei dem feministisch interveniert werden | |
soll), und Elisabeth Giesemann leitet einen „[3][Wikipedia Edit-a-thon]“, | |
der sich Einträge von Frauen, die deutlich unterrepräsentiert sind, widmet. | |
Auf den Flyern präsentieren Sie einen „Puppenmenschen“. Was hat es damit | |
auf sich? | |
Das ist der Möglichkeitsmensch, der ethnien- und geschlechtslos ist. Er | |
schwebt über allem und dient als Projektionsfläche. Er wird in den | |
Podiumsdiskussionen und in den Workshops vertreten sein. | |
30 Apr 2015 | |
## LINKS | |
[1] http://hate10.com/politik-als-kunstverhinderer/ | |
[2] http://hate10.com/programm/die-internetexperten/ | |
[3] http://hate10.com/wikipedia-hack-a-thon/ | |
## AUTOREN | |
Natalie Mayroth | |
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