# taz.de -- Nach den Schüssen in San Bernardino: Das Ende einer Weihnachtsfeier | |
> Die Attentäter hatte Tausende Schuss Munition und Rohrbomben auf Lager. | |
> Einer der Angreifer hatte Kontakt zu Extremisten. | |
Bild: Der Tatort nach dem Massaker. | |
New York taz/ap | Das Pärchen, das am Mittwoch bei einer betrieblichen | |
Weihnachtsfeier [1][in einem Sozialzentrum in San Bernardino das Feuer | |
eröffnete], hatte zwei halbautomatische Gewehre und Pistolen dabei. Binnen | |
weniger Minuten erschossen sie 14 Menschen und verletzten 21 weitere zum | |
Teil schwer. Bei ihrer Flucht hinterließen sie mindestens eine Rohrbombe am | |
Tatort. Glücklicherweise explodierte sie nicht. In ihrem zerschossenen SUV | |
sowie in ihrem Wohnhaus fand die Polizei Stunden später Tausende weitere | |
Ladungen Munition, sowie Rohrbomben und Werkzeug zum Bau von Minenbomben. | |
Das FBI behandelt das Massaker als potenziell terroristischen Akt. | |
Die Motive des Pärchens liegen immer noch im Unklaren. Einer der Angreifer | |
im kalifornischen San Bernardino unterhielt über soziale Medien Kontakte zu | |
Extremisten, die dem FBI bekannt waren. Dies teilte ein Geheimdienstbeamter | |
am Donnerstag mit. Ermittler versuchen herauszufinden, ob und wie sich der | |
als Attentäter identifizierte Syed F. radikalisiert haben könnte und ob er | |
in Kontakt mit einer Terrororganisationen im Ausland gestanden habe. | |
Die Personen, mit denen F. im Netz kommuniziert habe, hätten im Visier des | |
FBI gestanden, seien jedoch „keine wichtigen Akteure auf gewesen“. Zudem | |
lägen dessen Online-Kontakte schon länger zurück, und es gebe keine | |
Hinweise auf eine „Zunahme“ der Kommunikation im Vorfeld der Gewalttat in | |
San Bernardino. | |
Nach dem bisherigen Stand der Ermittlungen hatte der 28-jährige F. – | |
zuständig für die Lebensmittelkontrolle von Restaurants in San Bernardino – | |
am Mittwochmorgen zunächst selbst an der Weihnachtsfeier seiner Kollegen | |
teilgenommen. Nach einem Streit verließ er den Raum. Kurz vor 11 Uhr kam er | |
zurück. Dieses Mal war seine 27-jährige Frau Tashfeen M. dabei. Beide | |
trugen schwarze Kampfkleidung und Masken. Binnen weniger Minuten gaben sie | |
mindestens 65 Schüsse ab. | |
## Keine Vorwarnung | |
Bei der polizeilichen Verfolgung des Pärchens flogen Sprengsätze aus dem | |
SUV. Die beiden gaben weitere 76 Schüsse ab. In den Wohnhäusern des Ortes | |
Redlands, wo ihre Flucht endete, gingen die Anwohner in Deckung. Die | |
Polizei verschoss nach eigenen Angaben 380 Kugeln. Am Ende waren F. und M. | |
tot. Ein Polizist war verletzt. | |
Bis Mittwoch hat offenbar niemand etwas kommen sehen. Weder F.s Kollegen, | |
noch seine Angehörigen, noch die US-Behörden. „Ich habe keine Ahnung, warum | |
er so etwas getan hat“, sagte F.s Schwager Ferhan K. am Abend in einer | |
eilig von der Ortsgruppe der amerikanischen Muslime (CAIR) organisierten | |
Pressekonferenz: „Ich stehe selbst unter Schock“. Er hatte F. noch wenige | |
Tage zuvor gesprochen. Auch die Verantwortlichen der Moschee in San | |
Bernardino, in der F. zwei Mal täglich betete, sagten gegenüber | |
Journalisten, dass sie keinerlei Verdacht hatten. Und die Polizeibehörden | |
kannten ihn bis zum Mittwoch nicht. F. ist in den USA geboren. Nach der | |
Scheidung seiner Mutter von ihrem gewalttätigen und alkoholabhängigen Mann, | |
wuchsen er und seine Schwester bei der Mutter auf, wie US-amerikanische | |
Medien berichten. | |
Zwei Mal reiste F. aus den USA nach Saudi-Arabien. Er blieb jeweils nur | |
kurz dort. Beim ersten Mal fuhr er nach Mekka. Beim zweiten Mal holte er | |
seine Verlobte. Das war vor zwei Jahren. Er hatte sie über eine | |
Dating-Website kennen gelernt. Dort hatte er eine „religiöse Frau“ gesucht. | |
Und angegeben, dass ihm nicht wichtig sei, welcher Religion sie angehöre, | |
wohl aber, dass sie ihre Religion ernst nehme. | |
Die junge Frau kam mit einem Visum für Verlobte in die USA. Im Juli dieses | |
Jahres – nachdem die US-Behörden den üblichen Hintergrundcheck durchgeführt | |
hatten – erhielt sie eine Greencard. Sowohl die Sturmgewehre als auch die | |
Pistolen, die sie beim Angriff auf die Weihnachtsfeier verwendeten, hatten | |
sie legal in einem Laden bei San Bernardino gekauft. | |
## Mehr Schusswaffenkontrollen | |
Das Pärchen hatte eine sechs Monate alte Tochter. Am Mittwoch Morgen gaben | |
die beiden das Baby bei F.s Mutter ab. Als Grund nannten sie einen | |
Arzttermin. | |
Donnerstag, den Tag nach dem Massaker, gab Barack Obama eine kurze | |
Presseerklärung ab. Der Präsident wiederholte, dass die | |
Schusswaffenkontrolle verstärkt werden müsse. Schon am Vortag hatte er | |
erklärt, dass es in den USA möglich sei, dass selbst Personen, die vom FBI | |
als Terrorverdächtige eingestuft und mit Flugverbot belegt seinen, völlig | |
legal Schusswaffen kaufen könnten. Sämtliche demokratischen | |
Präsidentschaftskandidaten sprachen sich ihrerseits nach dem Massaker – es | |
handelt sich um die 355. tödliche Schießerei in diesem Jahr – für eine | |
verstärkte Schusswaffenkontrolle aus. Kandidat Bernie Sanders führte aus, | |
dass mindestens 2.000 Personen, die auf der FBI „Terrorwatch-Liste“ stehen, | |
seit dem Jahr 2004 legal Waffen erworben haben. | |
Auf der anderen Seite des politischen Spektrums fiel die Reaktion auch | |
dieses Mal wieder ganz anders aus. Sowohl die Republikanische Partei als | |
auch die fünf Millionen Mitglieder starke National Rifle Association (NRA), | |
die zahlreiche Kongressabgeordnete finanziell unterstützt, sind gegen mehr | |
Schusswaffenkontrollen. | |
Noch am Abend des Massakers reagierten republikanische | |
Präsidentschaftskandidaten wie Ted Cruz, Rand Paul und Lindsey Graham sowie | |
der Sprecher des Repräsentantenhauses, Paul Ryan, mit Worten, die zur | |
Routine nach Massakern gehören: „Meine Gedanken und meine Gebete“ gelten | |
den Opfenr. In New York reagierte das Boulevardblatt Daily News am | |
Donnerstag [2][mit einer aufrüttelnden Seite Eins] auf diese Floskel. | |
Titel: „Gott wird das nicht reparieren“. | |
4 Dec 2015 | |
## LINKS | |
[1] /Schiesserei-in-San-Bernardino/!5257859 | |
[2] http://twitter.com/NYDailyNews/status/672400833502420992 | |
## AUTOREN | |
Dorothea Hahn | |
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