# taz.de -- Wohnung der mutmaßlichen Attentäter: Konserven, Kuscheltiere, Aus… | |
> Journalist_innen stürmen die Wohnung der mutmaßlichen Attentäter von San | |
> Bernardino. Experten sind entsetzt, MSNBC entschuldigt sich. | |
Bild: Teilweise chaotische Szenen spielten sich ab, als Journalist_innen in die… | |
San Bernardino afp | Baby-Spielzeug, ein Koran, Führerscheine, FBI-Listen: | |
Die Wohnung der offenbar islamistischen Attentäter von San Bernardino ist | |
am Freitag von dutzenden Reportern gestürmt worden. Live berichteten | |
US-Fernsehsender aus dem Haus des Ehepaars, noch bevor die US-Bundespolizei | |
FBI den Anschlag in Kalifornien mit 14 Toten offiziell als „Terrorakt“ | |
einstufte. Danach hagelte es Kritik am Voyeurismus der Medien, aber auch am | |
FBI. | |
Gegen 9.15 Uhr (Ortszeit) hatte der Eigentümer der Wohnung, in der das | |
Ehepaar Syed F. und Tashfeen M. gewohnt hatte, die Polizeisiegel entfernt | |
und die Presse eingelassen. Nicht nur dutzende Reporter, Fotografen und | |
Kameraleute stürmten daraufhin in die Wohnung und durchwühlten den Ort, der | |
für die Ermittler von höchstem Interesse ist, weil dort vermutlich der | |
Anschlag geplant wurde. Auch Neugierige aus der Nachbarschaft stöberten in | |
der Wohnung herum, darunter eine Frau mit ihrem Hund. | |
Einige Reporter zeichneten in der Wohnung Bilder des Ehepaares auf, das | |
eine sechs Monate alte Tochter hatte und von der Polizei nach seiner | |
Attacke auf eine Sozialeinrichtung in San Bernardino am Mittwoch erschossen | |
worden war. Auch ein Foto der 29-jährigen, pakistanischen Attentäterin – | |
vermutlich das erste von ihr – wurde veröffentlicht. „Die Leute haben alles | |
angefasst, einige Reporter haben Bilder aus Fotoalben herausgenommen und | |
sie fotografiert“, berichtete AFP-Fotografin Robyn Beck über das Chaos. | |
Das Bett und Kuscheltiere des Kindes wurden ebenso live im Fernsehen | |
gezeigt wie ein Gebetsteppich, Rechnungen der Familie, Führerscheine, | |
Sozialversicherungsausweise, Konservenbüchsen, dreckiges Geschirr und der | |
geschredderte Inhalt des Papierkorbs. Unter den Dingen, die in der Wohnung | |
zu sehen waren, war auch eine FBI-Liste mit beschlagnahmten Gegenständen: | |
Notebooks, Computer-Zubehör, Handy-Karten, Kassetten und Munition. | |
## Einer durfte, alle drängten rein | |
Dem Sender MSNBC zufolge hatte ein Journalist dem Eigentümer der Wohnung | |
1.000 Dollar für den Zutritt bezahlt – die anderen Medienvertreter waren | |
dann ebenfalls hineingedrängt. „Das ist das Chaos hier“, rief Eigentümer | |
Doyle Miller aus, der von den Ereignissen offenbar überrollt wurde. Nach | |
etwa 90 Minuten warf der ältere Mann alle wieder hinaus. | |
Dass Fotos und Ausweise zur Identität der beiden Attentäter „kurz“ im | |
Fernsehen gezeigt wurden, bedauerte der Sender MSNBC später öffentlich. | |
Andere Medien wie CNN hatten gleich beschlossen, keine Nahaufnahmen von | |
Fotos oder Papieren zu senden, die eine Identifizierung erlaubt hätten. | |
## Entsetzen bei Strafrechtsexperten | |
Bei Journalistenkollegen, aber auch bei Strafrechtsexperten war das | |
Entsetzen über den Vorfall groß. CNN-Kriminalitätsexperte Paul Callan kam | |
aus dem Kopfschütteln nicht mehr heraus: „Ich habe sowas noch nie gesehen“, | |
sagte er. „Der Tatort ist jetzt verunreinigt.“ Das zeuge von einem | |
„schockierenden Maß an Nachlässigkeit und richtiger Rücksichtslosigkeit der | |
Strafverfolgungsbehörden“. Sein CNN-Kollege Jonathan Gilliam pflichtete ihm | |
bei. Er sprach von „dem größten sichtbaren Desaster“ für die Behörden in | |
der Geschichte. | |
Die Bundespolizei FBI verteidigte sich gegen den Vorwurf, sie habe die | |
Wohnung nicht ausreichend abgeriegelt. Die Beamten hätten in weniger als 48 | |
Stunden ihre wissenschaftlichen Analysen in der Wohnung in Redlands nicht | |
weit von San Bernardino entfernt abgeschlossen. Wenn ein Tatort den | |
Besitzern wieder überlassen werde, „dann ist das nicht mehr unser Problem, | |
wer da reingeht“, sagte David Bowdich vom FBI in Los Angeles. Im Haus des | |
28-jährigen US-Bürgers Farook und seiner Frau hatten die Ermittler zuvor | |
rund 5000 Schuss Munition und zwölf Rohrbomben gefunden. Außerdem wurde | |
Material zum Bombenbau sichergestellt. | |
5 Dec 2015 | |
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