| # taz.de -- HIV-Infektion bei Frauen: „Einmal Sex kann reichen“ | |
| > Bei Frauen ist das Thema HIV noch immer ein Tabu, sagt Marianne | |
| > Rademacher von der Deutschen Aidshilfe. HIV-Infektionen würden häufig | |
| > spät erkannt. | |
| Bild: Am 1. Dezember 2015 ist Weltaidstag | |
| taz: Frau Rademacher, Ende 2014 lebten in Deutschland 83.400 Menschen mit | |
| HIV, davon 15.100 Frauen. Warum ist das Thema für Frauen wichtig? | |
| Marianne Rademacher: Die meisten Menschen mit HIV sind noch immer Männer. | |
| Bei Frauen haben wir aber besonders oft das Problem, dass die Krankheit | |
| sehr spät erkannt wird, und zwar oft erst dann, wenn sie tatsächlich an | |
| Aids erkranken. Wenn also durch das geschwächte Immunsystem bestimmte | |
| Krankheiten auftreten. Bei rechtzeitiger Diagnose lässt sich das heute | |
| vermeiden. | |
| Was sind die Gründe für diese späten Diagnosen? | |
| Zum einen hält Angst vor Stigmatisierung manche Menschen vom HIV-Test ab. | |
| Zum anderen spielen Klischees eine große Rolle. Oft sind es ältere Frauen, | |
| bei denen HIV diagnostiziert wird. Viele ÄrztInnen kommen gar nicht auf die | |
| Idee, dass diese Frauen Sex haben könnten – oder mal hatten. Vielen | |
| HausärztInnen fällt es generell schwer, über Sexualität zu sprechen, und | |
| sie bieten deswegen auch keinen HIV-Test an. Deswegen wird die Infektion | |
| erst festgestellt, wenn die Betroffene mit einer HIV-typischen Erkrankung | |
| im Krankenhaus landet. Es gibt zum Beispiel eine spezielle Form der | |
| Lungenentzündung, die Pneumocystis-Pneumonie, die vor allem bei | |
| HIV-Infizierten auftritt. | |
| Sehr spät – was heißt das? | |
| Das ist sehr unterschiedlich. Solche Erkrankungen treten meist nach sechs | |
| bis zehn Jahren auf, wenn keine Therapie erfolgt. Häufig lässt sich aber | |
| nicht mehr feststellen, wann und wie die Betroffenen sich angesteckt haben. | |
| Was bedeutet eine so späte Diagnose für die Erkrankten? | |
| Wir haben inzwischen sehr gute Medikamente, um HIV zu behandeln. Nach | |
| einiger Zeit sind keine Viren mehr im Blut nachweisbar. Heilbar ist die | |
| Infektion nicht, aber das Immunsystem kann sich weiterhin gut gegen andere | |
| Erkrankungen wehren. Ein Immunsystem, das schon extrem geschwächt ist, | |
| lässt sich aber nur schwer oder gar nicht mehr reparieren. Wenn die daraus | |
| resultierenden Krankheiten zu spät erkannt werden, kann das tödlich | |
| ausgehen. | |
| Warum fällt es ÄrztInnen so schwer, über das Thema zu sprechen? | |
| HIV ist immer noch sehr stigmatisiert in diesem Land und zu sehr auf die | |
| „Risikogruppen“ reduziert. Manchen ist es einfach peinlich, einer Frau | |
| einen Test anzubieten. Sie fürchten, ihre Patientin könnte denken, sie | |
| sähen in ihr eine sehr promiske oder drogenabhängige Person. Das sind die | |
| Klischees, die noch in den Köpfen stecken. Dann noch die Annahme, dass | |
| ältere Frauen, insbesondere ab 60, ohnehin keine Sexualität mehr leben. Das | |
| ist bei Männern anders. | |
| Was könnte dagegen getan werden? | |
| Am wichtigsten ist es, die ÄrztInnen zu sensibilisieren. Im Projekt „Let’s | |
| talk about Sex“ bildet die Deutsche Aidshilfe ÄrztInnen jeder Fachrichtung | |
| fort und vermittelt, wie sie mit PatientInnen über Sexualität und sexuell | |
| übertragbare Infektionen sprechen und entsprechende Angebote machen können. | |
| Gerade HausärztInnen haben die Möglichkeit, mehr über die Lebensgeschichten | |
| ihrer PatientInnen zu erfahren. Das ist wichtig, um das HIV-Risiko | |
| einzuschätzen. | |
| Also jedes Jahr zur Sicherheit einmal zum HIV-Test? | |
| Nein. Menschen, die viele SexpartnerInnen haben, sollten regelmäßig zum | |
| Arzt gehen, auch wegen anderer sexuell übertragbarer Infektionen. Frauen, | |
| die sich immer mit Kondom geschützt haben, haben ein sehr geringes Risiko. | |
| Ein einziger ungeschützter Kontakt kann allerdings für eine Infektion | |
| reichen. Vielen Frauen ist das leider nicht bewusst. | |
| 1 Dec 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Dinah Riese | |
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