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# taz.de -- Jüdisches Leben in Berlin: Zoff in der Jüdischen Gemeinde
> Vor der Repräsentantenversammlung spitzt sich der Streit zwischen
> Vorstand und Opposition zu. Die Herausforderer beklagen einen unfairen
> Wahlkampf.
Bild: Die Jüdische Gemeinde Berlin zeigt sich kurz vor dem Lichterfest Chanukk…
Ihre Wahlkampfveranstaltung hatte sich das Team um Sergey Lagodinsky,
Spitzenkandidat der oppositionellen Wahlliste Emet (Wahrheit) für die Wahl
der Repräsentantenversammlung der Jüdischen Gemeinde, einiges kosten
lassen: Am gestrigen Sonntag hatte man in ein feines Restaurant am
Kurfürstendamm geladen: Es gab Schnittchen und Tiramisu. Die Veranstaltung
fand auf Russisch statt und sollte sich somit speziell an die
russischsprachigen Mitglieder der Gemeinde richten. Die zahlenmäßig größte
Gruppe der Gemeinde besteht vorwiegend aus Russlanddeutschen, die in den
1970er und 90er Jahren nach Berlin kamen.
Es sei deshalb wichtig, das Wahlprogramm auf Russisch vorzustellen, betonte
der Oppositionelle und beschwor sogleich das Gemeinschaftsgefühl der
Community. Die rund 70 Menschen, die der Einladung gefolgt sind, seien
„seine Freunde“. Als er dann aber auf den Vorstand um den aktuellen
Gemeindevorsitzenden Gideon Joffe zu sprechen kommt, verdüstert sich die
Stimmung. Jener, so sagt Lagodinsky, ließe den Kampf gegen Antisemitismus
schleifen, betreibe zu wenig Öffentlichkeitsarbeit und arbeite mit unfairen
Methoden. „Wir haben einen schweren Wahlkampf vor uns, aber es ist eine
Frage der Ehre, ihn zu führen“, ruft Lagodinsky. An einigen Tischen wird
applaudiert.
Der Auftritt hat eine Vorgeschichte: Zwischen dem amtierenden Vorstand und
der Opposition gibt es zurzeit erhebliche Differenzen. Anlass der
Auseinandersetzung war eine Sitzung der Repräsentanten, die laut
Oppositionsfraktion vom RV-Präsidium zu kurzfristig abgesagt worden war.
Als sich die oppositionellen Mitglieder am vergangenen Montag deshalb
allein im Gemeindesaal sahen, beschlossen sie, den für den 20. Dezember
angesetzten Wahltermin zu verschieben und den aktuellen Wahlleiter
abzusetzen, der nach ihrer Ansicht unrechtmäßig gewählt worden war.
Dagegen verwahrte sich prompt das Präsidium der Repräsentantenversammlung.
„Die Wahlen werden wie gehabt regulär am 20. Dezember stattfinden werden“,
teilte JG-Pressesprecher Ilan Kiesling auf taz-Anfrage mit. Die „Wünsche“
der am Montag zusammengekommenen RV-Mitglieder entfalteten keine rechtliche
Wirkung: „Das Präsidium der RV ist laut Satzung das einzige Gremium,
welches eine Sitzung einberufen und absagen kann.“ Dies habe auch der
Schiedsausschuss der Gemeinde bereits offiziell bestätigt.
Es sei offenbar „die Meinung der Mehrheit der Repräsentanten, dass die Wahl
verschoben werden soll“, ärgert sich Oppositionsführer Lagodinsky. Er klagt
zudem über einen ungerechten Wahlkampf, bei dem Joffe, der die Gemeinde
seit zwei Wahlperioden führt, etwa das offizielle Monatsheft der Gemeinde,
Jüdisches Berlin, zur Werbung für sein Bündnis „Koach!“ (Stärke) nutze.
Tatsächlich geht der Gemeindevorsitzende im Vorwort der aktuellen Ausgabe
ausgiebig auf Erfolge seines „Koach!-Vorstands“ ein – und erwähnt
namentlich seinen Herausforderer Lagodinsky, der die Arbeit des amtierenden
Vorstands kritisiere.
Der Streit hat eine lange Geschichte: Zuletzt hatten Lagodinsky und seine
Fraktion Anfang 2014 mit einem erfolglosen Neuwahlantrag versucht, Joffe
aus dem Amt zu wählen. Sie werfen dem Gemeindevorsitzenden vor, die seit
Jahren andauernde Finanzmisere der Gemeinde nicht in den Griff zu bekommen.
Hintergrund sind Rechtsstreitigkeiten mit dem Land über die Zuschüsse, die
Berlin an die Gemeinde zahlt.
Alle vier Jahre wählen die etwa 9.000 Wahlberechtigten unter den etwa
10.000 Mitgliedern der Jüdischen Gemeinde Berlin eine neue
Repräsentantenversammlung, die dann den Vorstand und der wiederum den
Vorsitzenden wählt.
NaN NaN
## AUTOREN
Alke Wierth
Hannah Wagner
## TAGS
Jüdische Gemeinde
Wahlkampf
Juden
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Antisemitismus
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