# taz.de -- Wahl in der Jüdischen Gemeinde Berlin: „Massive Verzerrung“ | |
> Bei der Wahl zum Gemeindeparlament soll das Ergebnis manipuliert worden | |
> sein. Angeblich wurde eine unregistrierte Wahlurne eingesetzt. | |
Bild: Das Jüdische Gemeindehaus in Berlin. | |
Berlin taz | Die Jüdische Gemeinde zu Berlin, die größte der | |
Bundesrepublik, kommt nicht aus den Negativschlagzeilen. Nach den Wahlen | |
zum Gemeindeparlament, der Repräsentantenversammlung, am Sonntag wurden | |
Manipulationsvorwürfe laut. Die Oppositionsbündnis „Emet“ kritisiert vor | |
allem das Auftauchen einer „dubiosen Wahlurne, deren Existenz uns vorher | |
unbekannt war“, während der Auszählung der Stimmen in der Nacht zu Montag. | |
Die Stimmen aus dieser Urne hätten das Ergebnis der Wahlen gedreht – | |
zugunsten der Vereinigung „Koach“ des jetzigen Vorsitzenden Gideon Joffe. | |
Seit Langem ist die Jüdische Gemeinde zu Berlin mit rund 10.000 Mitgliedern | |
zerstritten. Schon vor vier Jahren, bei den letzten Wahlen zum | |
Gemeindeparlament, waren Vorwürfe laut geworden, es sei am Ergebnis | |
getrickst worden. Dabei ging es vor allem um die Briefwahlstimmen, die den | |
Ausschlag zur Wahl von Joffe gegeben hatten. | |
Ähnlich umstritten war, wie eine Initiative für ein Abwahlverfahren des | |
Gemeindevorsitzenden vor etwa zwei Jahren ausgehebelt wurde. Die nötige | |
Stimmenzahl für den Beginn eines Abwahlverfahrens schien vorhanden zu sein | |
– dann aber wurden Briefe an die Befürworter des Verfahrens geschickt, ob | |
sie dies wirklich wollten. Nur etwa ein Viertel der Befragten bestätigten | |
dies. Die Gemeindeleitung sah sich nicht genötigt, ein Abwahlverfahren | |
einzuleiten, Joffe blieb Vorsitzender. | |
Die Emet-Leute kritisierten nun auch die Wahlen vom Sonntag: Ihre | |
Vereinigung habe „11 der 12 Wahllokale klar für sich entscheiden können“. | |
Auf der Grundlage der vor Ort abgegebenen Stimmen hätte Emet nach dieser | |
Berechnung alle 17 seiner Kandidaten ins Gemeindeparlament schicken können. | |
„Die Ergebnisse der Briefwahl zeigten jedoch ein entgegengesetztes Bild“, | |
so Emet, „wodurch, wie schon im Vorfeld befürchtet worden war, eine massive | |
Verzerrung des Wahlergebnisses zugunsten von Koach stattgefunden hat.“ | |
## Die geheimnisvolle Urne | |
Gleichwohl wäre demnach auch nach Einbeziehung der Briefwahl weiterhin die | |
Opposition mit 12 zu 9 in der Mehrheit gewesen. Dennoch habe der | |
Wahlausschuss am Ende kundgetan, dass 13 Koach- und nur 8 Emet-Leute | |
gewählt worden seien. Erst auf Nachfrage hin sei „eine bislang nicht | |
bekannte Wahlurne für ‚Abstimmungen vor dem 14. Dezember‘ ins Spiel | |
gebracht“ worden. Die Stimmen aus dieser Urne seien unter Ausschluss der | |
Öffentlichkeit ausgezählt worden. | |
Der Spitzenkandidat von Emet, Sergey Lagodinsky, zeigte sich empört über | |
die Geschehnisse: „Wir behalten es uns vor, hier weitere Schritte | |
einzuleiten. Die Diskrepanz zwischen dem Ergebnis in den Wahllokalen und | |
der Briefwahl sowie der plötzliche Fund einer dubiosen Extra-Urne müssen | |
eingehend geprüft werden.“ | |
In einer ersten Reaktion wies Viktoria Treskunov von der Geschäftsführung | |
der Gemeinde dagegen jegliche Vorwürfe einer Manipulation zurück. | |
21 Dec 2015 | |
## AUTOREN | |
Philipp Gessler | |
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