# taz.de -- EGMR-Urteil zur Meinungsfreiheit: Erfolg für Abtreibungsgegner | |
> Abtreibungsärzte dürfen mit „Babycaust“ in Verbindung gebracht werden. | |
> Das hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschieden. | |
Bild: Weiße Kreuze werden gerne von AbtreibungsgegnerInnen auf ihren Demos get… | |
KARLSRUHE taz | Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat | |
Deutschland wegen Verletzung des Rechts auf freie Meinungsäußerung | |
verurteilt. Erfolg hatte eine Beschwerde des Abtreibungsgegners Klaus | |
Günter Annen aus dem baden-württembergischen Weinheim. | |
Annen, geboren 1951, kämpft seit Langem gegen Schwangerschaftsabbrüche. So | |
verteilte er Flugblätter vor Abtreibungskliniken mit der groß gedruckten | |
Aussage: In dieser Klinik „werden rechtswidrige Abtreibungen durchgeführt“. | |
In kleinerer Schrift folgte dann die Relativierung „... die aber der | |
deutsche Gesetzgeber erlaubt und nicht unter Strafe stellt“. Außerdem | |
führte Annen auf seiner Webseite www.babycaust.de eine Liste mit | |
Abtreibungsärzten. | |
Zwei betroffene Ärzte klagten zivilrechtlich auf Unterlassung und hatten | |
Anfang 2007 beim Landgericht Ulm Erfolg. Die Flugblätter und die Nennung | |
der Ärzte auf der Webseite hätten eine unzulässige „Prangerwirkung“. Hö… | |
Instanzen bestätigten das Urteil. Das Bundesverfassungsgericht lehnte eine | |
Verfassungsbeschwerde von Annen 2009 ohne Begründung ab. | |
Beim EGMR hatte der katholische Fanatiker nun Erfolg. Eine kleine Kammer | |
entschied mit fünf zu zwei Richterstimmen, dass das Verbot des Flugblattes | |
Annens Menschenrechte verletzt hatte. Seine Aussage sei juristisch korrekt, | |
insbesondere wegen der Relativierungen. Frühere Versionen des Flugblattes, | |
in denen Annen nur von „rechtswidrigen Abtreibungen“ sprach, durften | |
dagegen verboten werden. | |
Die Listung auf der Seite babycaust.de vergleiche Abtreibungsärzte auch | |
nicht zwingend mit dem NS-Holocaust. Man könne darin auch nur einen | |
allgemeinen Hinweis darauf sehen, dass Recht und Moral auseinanderklaffen | |
können. Die deutsche Justiz habe es nicht geschafft, einen fairen Ausgleich | |
zwischen Annens Meinungsfreiheit und dem Persönlichkeitsrecht der Ärzte | |
herzustellen. | |
Der EGMR sprach ihm aber keinen Schadensersatz zu, sondern nur die | |
Erstattung seiner Prozesskosten in Höhe von rund 13.700 Euro. Gegen das | |
Urteil kannDeutschland binnen drei Monaten Rechtsmittel einlegen. Der | |
Gerichtshof kann den Fall dann an die 17 Richter der Großen Kammer | |
überweisen, muss dies aber nicht tun. (Az.: 3690/10) | |
26 Nov 2015 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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