# taz.de -- Streit um Umgang mit Gewalt in Israel: Armee stellt sich gegen die … | |
> Das Militär drängt auf vertrauensbildende Maßnahmen gegenüber | |
> Palästinensern. Menschenrechtsaktivisten kritisieren | |
> „Straßenhinrichtungen“. | |
Bild: Während die Armee mit der Politik im Clinch liegt: Ein israelischer Sold… | |
JERUSALEM taz | Die israelische Armeeführung und die Regierung sind sich | |
uneinig über die Ursachen der derzeitigen palästinensischen Attentate sowie | |
mögliche Auswege aus der Misere. Wie am Mittwochabend verlautete, hatte die | |
Führung des Militärs bereits im Vorfeld der Gewaltserie eine Liste von | |
weitreichenden Gesten eingereicht, um die Führung von | |
Palästinenserpräsident Mahmud Abbas im Westjordanland zu stärken und die | |
Lebensumstände der Palästinenser zu erleichtern. Dazu gehört die Lieferung | |
leichter Schusswaffen und kugelsicherer Fahrzeuge, die Entlassung | |
politischer Häftlinge sowie mehr Genehmigungen für Palästinenser, die in | |
Israel arbeiten wollen. | |
Die Zahl der bislang getöteten Palästinenser stieg am Donnerstag bei einer | |
versuchten Messerattacke und der Erschießung eines 51-Jährigen aus | |
Dschenin, der über 100 Personen angegriffen hatte. Die | |
Menschenrechtsorganisation Betselem protestierte gegen die „Hinrichtungen | |
auf offener Straße“. In einem offenen Brief an Ministerpräsident Benjamin | |
Netanjahu kritisierten die Menschenrechtler die Regierung, die „die | |
Transformation von Polizeibeamten und sogar bewaffneten Zivilisten in | |
Richter und Henker ermutigt“. | |
Die Ansicht der Armee, dass vertrauensbildende Maßnahmen gegenüber der | |
palästinensischen Führung zumindest Teil einer Lösung sein müssten, | |
widerspricht der auch von Netanjahu vertretenen Haltung, die Attentate | |
hätten nichts mit dem Siedlungsbau und dem Stillstand der Friedensgespräche | |
zu tun. | |
„Terrorismus in Paris, Jerusalem und überall auf dem Globus wird genährt | |
von dem gleichen Hass und der gleichen extremistischen Ideologie, die | |
darauf abzielt, unsere Zivilisation und unsere Werte zu zerstören“, zog | |
Jerusalems Bürgermeister Nir Barkat jüngst einen Bogen zwischen dem Terror | |
in seiner Stadt und der Attentatsserie in Paris. | |
Als kontraproduktiv bezeichnete hingegen die linke Menschenrechtsaktivistin | |
Naomi Chasan die Gleichstellung des „Islamischen Staates“ (IS) mit den | |
palästinensischen Messerattacken. Es sei ein „Irrglaube“, man könne gegen | |
beide mit den gleichen Mitteln angehen. | |
## „Begrenzter Aufstand“ | |
Als „begrenzten Aufstand“ bezeichnen die Militärs neuerdings die seit | |
Anfang Oktober andauernde Gewaltwelle, die lautHa’aretz „noch Monate | |
weitergehen und in eine breit angelegte Revolte eskalieren kann“. Das | |
liberale Blatt beruft sich dabei auf einen „hohen Offizier des | |
Zentralkommandos“. Die Regierung hat bereits eine Serie neuer | |
Antiterrormaßnahmen beschlossen, darunter verschärfte Straßenkontrollen und | |
Reisebeschränkungen, Verhaftungen und Strafmaßnahmen gegen die | |
Familienangehörigen von Attentätern. Verteidigungsminister Mosche Jaalon | |
strebt zudem den Bau weiterer Trennanlagen an. | |
Zum ersten Mal wird Kritik aus der israelischen Bevölkerung an den | |
„Hinrichtungen“ der oft noch minderjährigen palästinensischen Attentäter | |
laut. Am Dienstag zeigten israelische Medien Bilder, die einen Wachmann | |
zeigen, wie er auf zwei bereits am Boden liegende Palästinenserinnen | |
schießt. Eine der beiden war erst 14, die zweite, 16 Jahre alt, starb vor | |
laufender Kamera. | |
Die Menschenrechtsorganisation Betselem protestierte gegen diese | |
„pseudonormative Realität“, die das „Schießen, um zu töten“ vorschre… | |
selbst dann, wenn von dem Verdächtigen keinerlei Gefahr mehr ausgehe. | |
Betselem erinnerte daran, dass die Todesstrafe in Israel schon vor | |
Jahrzehnten abgeschafft wurde, und dokumentiert nun fünf Fälle, wo auf | |
minderjährige Angreifer, „die bereits neutralisiert worden waren“, | |
geschossen wurde. Vier von ihnen starben. | |
27 Nov 2015 | |
## AUTOREN | |
Susanne Knaul | |
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