| # taz.de -- Menschenrechtler zum Urteil in Israel: „Asaria ist kein Einzelfal… | |
| > Gilad Grossman arbeitet für die israelische Menschenrechtsorganisation | |
| > Jesch Din. Hier spricht er über das jüngste Urteil – und die | |
| > Militärjustiz. | |
| Bild: Hatte Elor Asaria einfach nur Pech, erwischt zu werden? | |
| taz: Herr Grossman, Elor Asaria ist schuldig, so entschied das | |
| Militärtribunal Mittwoch früh. Entspricht das Urteil Ihren Erwartungen? | |
| Gilad Grossman: Wer die Videoaufnahmen gesehen hat, für den ist | |
| offensichtlich, dass der Schuldspruch angemessen ist. In den vergangenen | |
| Monaten hat sich außerdem der Eindruck durchgesetzt, dass die Richter eher | |
| dazu tendieren, der Staatsanwaltschaft zu glauben als der Verteidigung. Von | |
| daher kam das Urteil nicht überraschend. | |
| Ist Asaria nicht selbst Opfer von Hetze – und von Politikern, die offen zur | |
| Tötung von palästinensischen Angreifern aufgerufen haben? | |
| Nein. Die militärischen Regeln, wann das Feuer eröffnet werden darf, sind | |
| klar. Ich denke, dass Asaria das Pech hatte, wenn man das so sagen will, | |
| dass er erwischt worden ist. Nach einem Bericht von B’Tselem … | |
| … einer Menschenrechtsorganisation … | |
| … gab es allein im Jahr 2015 nahezu 80 Fälle, bei denen israelische | |
| Soldaten involviert waren und Palästinenser zu Tode kamen. | |
| Wie viele kamen vor Gericht? | |
| Nur 25 Fälle wurden überhaupt untersucht und eingestellt, noch bevor es zur | |
| Anklage kam. Kein Zweifel, dass allein schon die Anklageschrift gegen | |
| Asaria eine große Ausnahme darstellte. Wir wissen, dass seit dem Jahr 2000 | |
| nur ein einziger Soldat wegen Totschlags verurteilt wurde. Das Opfer war | |
| damals ein britischer Staatsbürger, der bei einer Demonstration im | |
| Westjordanland erschossen wurde. | |
| Wird sich als Konsequenz aus dem Schuldspruch etwas verändern? Hat sich | |
| vielleicht schon etwas verändert, sprich: Schießen die Sicherheitsleute | |
| nicht mehr so schnell? | |
| Ich bin sehr skeptisch. Schon vor einigen Jahren hatte der frühere | |
| militärische Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit angeordnet, jeden | |
| Zwischenfall, bei dem ein Palästinenser zu Tode kommt, von der | |
| Militärpolizei untersuchen zu lassen, es sei denn, es lag eindeutig eine | |
| akute Bedrohung vor. | |
| Und was geschah? | |
| Was wir aber in den vergangenen Monaten beobachten können, ist, dass die | |
| Definition einer akuten Kampfsituation weit mehr Fälle umfasst, als es nach | |
| Auffassung zumindest von Jesch Din angebracht wäre. Die Armee sieht deshalb | |
| keine Notwendigkeit, die Fälle zu untersuchen. Ich vermute, dass die | |
| Militärs versuchen werden, den Fall von Elor Asaria als Paradebeispiel zu | |
| nutzen, anhand dessen sie demonstrieren, dass sie Fehlverhalten der eigenen | |
| Soldaten sehr wohl untersuchen und vor Gericht bringen. Tatsache ist, dass | |
| Asaria gefilmt wurde, als er schoss. Damit blieb dem Militär keine | |
| Alternative mehr, als ihn vor Gericht zu stellen. | |
| Die Menschenrechtsorganisation B’ Tselem behauptet, Videos von zwölf | |
| weiteren Fällen in Händen zu halten, bei denen Palästinenser erschossen | |
| wurden. Warum kommen diese Fälle nicht vor Gericht? | |
| Asaria war insofern eine Ausnahme, weil er auf einen Palästinenser | |
| geschossen hat, der schon bewegungslos am Boden lag. Es gibt Fälle, wo | |
| Angreifer erschossen wurden, die noch nicht verletzt waren, auch wenn das | |
| aus juristischer Sicht vielleicht gar nicht so anders ist. | |
| Das Strafmaß für den Hebron-Schützen soll erst in einigen Wochen | |
| bekanntgegeben werden. Was wäre angemessen? | |
| Beim letzten Mal, als ein Soldat wegen Totschlags verurteilt wurde, lag das | |
| Strafmaß zunächst bei acht Jahren Gefängnishaft und wurde im anschließenden | |
| Revisionsverfahren auf sechseinhalb Jahre reduziert. Das ist mehr oder | |
| weniger der Standard. Ich denke, dass der Fall von Elor Asaria sehr | |
| schwerwiegend ist und die Strafe entsprechend streng ausfallen sollte. | |
| Vorläufig wissen wir nicht, was die Staatsanwaltschaft fordert. Die | |
| Botschaft des Gerichts sollte sein, dass sein Verhalten völlig unakzeptabel | |
| ist. | |
| 5 Jan 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Susanne Knaul | |
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