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# taz.de -- Israelischer Soldat vor Gericht: Zweimal geschossen?
> Zwei verletzte Palästinenser sind in Hebron getötet worden. Deswegen
> steht ein israelischer Soldat derzeit unter Anklage.
Bild: Zwei Palästinenser wurden getötet, eine Videokamera zeichnete das auf
JERUSALEM taz | Der Prozess gegen den israelischen Soldaten, der gefilmt
wurde, [1][als er einen bewusstlos am Boden liegenden Palästinenser per
Kopfschuss tötete], nimmt größere Ausmaße an als vermutet. Laut
Zeugenaussagen, die die israelische Menschenrechtsorganisation Betselem
aufnahm, war unmittelbar vor dem Todesschuss in Hebron ein zweiter
Palästinenser unter gleichen Umständen in unmittelbarer Nähe ums Leben
gekommen.
Videoaufnahmen von Anwohnern zeigen den Mann mit schwer blutendem Kopf, als
ihn ein Soldat mit dem Fuß vom Bauch auf den Rücken dreht. Betselem fordert
die Freigabe des Filmmaterials, das Armeeangehörige in Hebron aufgenommen
haben. Beide Zeugen seien bereit zur Aussage vor dem Militärgericht, hieß
es. Der Zwischenfall begann mit dem Versuch der beiden Palästinenser, die
Soldaten mit Messern anzugreifen.
Unklar ist, ob der angeklagte Soldat Elor Asaria, der sich derzeit wegen
Totschlags verantworten muss, beide Palästinenser erschoss oder ob es noch
einen weiteren Schützen gab. Asarias Anwalt hatte signalisiert, dass sein
Mandant keine Ausnahme sei. „Derartige Fälle“ würden „üblicherweise im
Rahmen eines Disziplinarverfahrens“ gehandhabt, meinte er. Die Anklage
wirft Asaria vor, geschossen zu haben, als der „Terrorist verwundet am
Boden lag und keine unmittelbare Gefahr mehr darstellte“.
Für die Verteidigung erschwerend sind neuerdings veröffentlichte
Videoaufnahmen, die beweisen, dass das Messer von Abdul Fatah al-Scharif,
dem Opfer Asarias, mehrere Meter von ihm entfernt liegt. Erst nach dem
Todesschuss kickt ein Mann, der neben einer Ambulanz steht, das Messer mit
dem Fuß in Richtung al-Scharif.
## Solidarität mit israelischem Soldaten
Der Angeklagte hatte anfangs ausgesagt, er habe aus Angst gehandelt,
al-Scharif könne die Soldaten erneut mit dem Messer angreifen. Asaria ist
der erste Soldat seit zwölf Jahren, der sich wegen Totschlags während
seiner Dienstzeit vor Gericht verantworten muss.
Die Tötung vor laufender Kamera löste in der israelischen Öffentlichkeit
eine heftige Debatte über die Methode der Sicherheitsdienste aus. Tatsache
ist, dass fast alle Messerattentate der aktuellen Terrorwelle seit letztem
Herbst mit der sofortigen Erschießung der Angreifer enden, was von der
Bevölkerung mehrheitlich gebilligt wird. Selbst Asaria, der seine Waffe auf
einen erkennbar bewusstlosen Mann richtete, genießt in weiten Kreisen
Israels große Sympathie.
Erziehungsminister Naftali Bennett, Chef der Siedlerpartei Das jüdische
Haus, solidarisierte sich mit der Familie, und auch Avigdor Lieberman,
frisch vereidigter Verteidigungsminister, forderte seine Freilassung. Ihre
Differenzen über den Fall ließen Regierungschef Benjamin Netanjahu und
Exverteidigungsminister Mosche Jaalon, der sich von Asarias „schrecklicher
Tat“ distanzierte, in einen Streit geraten, der ein Grund für Jaalons
Rücktritt war.
8 Jun 2016
## LINKS
[1] /Todesschuss-auf-verletzten-Palaestinenser/!5290741/
## AUTOREN
Susanne Knaul
## TAGS
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