# taz.de -- Deutsche Trojaner im Ausland: Öffne deine Augen | |
> In Uganda wurden Journalisten und Oppositionelle mit deutscher | |
> Spähsoftware überwacht. Heute brauchen Firmen eine Ausfuhrgenehmigung. | |
Bild: Opposition im Griff: Ugandas Präsident Yoweri Museveni freut sich über … | |
Berlin taz | Im Dezember 2011 reisten vier ugandische Geheimdienstler in | |
den Münchner Stadtteil Obersendling. Sie blieben einen Monat, um zu lernen, | |
wie sie unliebsame Oppositionelle in ihrer Heimat am besten kontrollieren | |
können. Zurück in Uganda setzten sie ihre neu erworbenen Kenntnisse um. Sie | |
installierten im Parlament, in Regierungsgebäuden sowie in den | |
Konferenzräumen beliebter Hotels manipulierte Internetanschlüsse. Wer sich | |
dort unwissentlich einloggte, konnte in Echtzeit ausspioniert werden. | |
Die Operation „Fungua Macho“ – „Öffne deine Augen“ – war angelaufe… | |
richtet sich vor allem gegen die Oppositionspartei Forum für Demokratischen | |
Wandel (FDC), die Präsident Yoweri Museveni im kommenden Jahr bei der | |
Präsidentschaftswahl herausfordern will. Museveni regiert seit 29 Jahren. | |
Software und Training für diese Überwachung lieferte die Münchner Firma | |
Gamma International. | |
Nach der Schulung in München reisten Gamma-Mitarbeiter auch mehrmals nach | |
Kampala. Das zeigt ein internes Dokument des ugandischen Geheimdienstes vom | |
Januar 2012, das die britische Menschenrechtsorganisation Privacy | |
International im Oktober geleakt hat. | |
Darin preist der Geheimdienst seinem Präsidenten Museveni das Spionagetool | |
Finfisher als „führende Software zur Überwachung und | |
Informationsbeschaffung vieler afrikanischer Regierungen, die sich mit | |
zivilem Ungehorsam konfrontiert sehen“ an. In Nigeria, Ruanda, Simbabwe, | |
Senegal und Kenia werde sie bereits eingesetzt. Auch in Syrien. Nur „etwas | |
zu spät“, wie das Geheimdienstpapier lakonisch feststellt. Die Kontrolle | |
über die Demonstranten sei dem syrischen Machthaber schon entglitten. Mit | |
Finfisher als „Rückgrat der Operation“ könnte Museveni Medien und | |
Oppositionspolitiker wirksam kontrollieren und – wenn es nötig würde – mit | |
persönlichen Informationen erpressen. Gegenüber der BBC dementierte die | |
ugandische Regierung die Existenz der Operation „Fungua Macho“. | |
## Außenwirtschaftsverordnung geändert | |
Dass deutsche und europäische Überwachungssoftware an Autokraten und | |
Diktatoren verkauft wird, ist lange bekannt. Bereits vor zwei Jahren | |
bezeichnete Reporter ohne Grenzen die fünf exportfreudigsten Unternehmen | |
Gamma International und Trovicor (Deutschland), Amesys (Frankreich), | |
Hacking Team (Italien) und Blue Coat (USA) als „Feinde des Internets“. Der | |
Einsatz der Software Finfisher wurde – vor dem Leak aus Uganda – in 25 | |
Ländern nachgewiesen. Im April 2014 kam heraus, dass das Regime in Bahrain | |
damit auch Menschenrechtsorganisationen aushorchte. Daraufhin stoppte | |
Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) die Ausfuhr von Spionagesoftware | |
aus Deutschland in „Unrechtsstaaten“. | |
Im Juli beschloss die Regierung eine Änderung der | |
Außenwirtschaftsverordnung. Seither müssen „Monitoringsysteme für Telefonie | |
und entsprechende Vorratsdatenspeicherung“ genehmigt werden. Eine ähnliche | |
Regel will Gabriel auch auf EU-Ebene durchsetzen. Dort gilt zwar seit | |
Anfang 2015 auch für „Güter der Telekommunikationsüberwachung“ eine | |
Exportgenehmigungspflicht. Auch für Staatstrojaner wie Finfisher. | |
Auswertesysteme sind es hingegen noch nicht. | |
Ob das bayrische Unternehmen Gamma seither Überwachungssoftware ausführen | |
durfte, will das Wirtschaftsministerium „aus Gründen des Schutzes von | |
Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen“ nicht offenlegen. Auch nicht die Höhe | |
der genehmigten Exporte deutscher Firmen insgesamt. | |
Für ugandische Oppositionelle kommen die Exporthürden so oder so zu spät. | |
„Wenn die Spähsoftware einmal installiert ist, kriegt man sie schwer wieder | |
los“, sagt Daniel Ó Cluanaigh vom Berliner Tactical Technology Collective. | |
Der Trainer reist öfter nach Bahrein oder Uganda, um Aktivisten die | |
Funktionsweise von Finfisher & Co beizubringen. Die ugandischen | |
Geheimdienstler scheinen ihren Opfern jedenfalls nicht viel technisches | |
Know-how zuzutrauen: „Wir haben eine sehr gute Chance“, schreiben sie in | |
dem Geheimpapier, „sie leicht zu vernichten. Wir sind ihnen einen Schritt | |
voraus.“ | |
NaN NaN | |
## AUTOREN | |
Ralf Pauli | |
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