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# taz.de -- Flüchtlingsdebatte in den USA: Bitte nur staatsgeprüfte Christen
> Nach den Anschlägen von Paris wollen nur noch wenige US-Bundesstaaten
> syrische Flüchtlinge aufnehmen. Vor allem die Republikaner hetzen.
Bild: „Wir haben keine Ahnung, wer diese Leute sind“, sagt Trump über Flü…
New York taz | Bei Flüchtlingen aus Syrien hört die Großzügigkeit der USA
auf. Nachdem bekannt wurde, dass einer der Attentäter von Paris
möglicherweise als Flüchtling in die EU kam, erklärte am Montag eine
stündlich wachsende Zahl von Gouverneuren, dass sie nicht bereit seien,
hilfesuchende Syrer aufzunehmen.
Bobby Jindal, Gouverneur von Louisiana und republikanischer
Präsidentschaftskandidat, machte den Auftakt, als er am Morgen einen Erlass
unterzeichnete und die Behörden beauftragte, „nach Wegen zu suchen, um die
Ansiedlung von Flüchtlingen zu stoppen“. Bis zum späten Abend zogen weitere
25 Gouverneure nach – aus mehr als der Hälfte der Bundesstaaten. Die
Mehrheit sind Republikaner. Aber auch eine Demokratin machte mit.
Die Attentate von Paris haben auch den republikanischen
Präsidentschaftswahlkampf radikal verändert. Statt um Steuern dreht er sich
jetzt um Flüchtlinge: Die Kandidaten wetteifern darum, wer sich am
radikalsten gegen Flüchtlinge ausspricht. Und wer die weitestgehende
Abschottung propagiert.
Donald Trump, der seinen Wahlkampf von Beginn an mit Ressentiments (gegen
Mexikaner) gespickt hat, ist jetzt „noch stärker als zuvor“ gegen syrische
Flüchtlinge in den USA: „Wir haben keine Ahnung, wer diese Leute sind.“ F�…
den zweiten republikanischen Spitzenreiter, den Neurochirurgen Ben Carson,
wäre es eine „Suspendierung des menschlichen Verstands“, Menschen aus dem
Nahen Osten in die USA zu holen.
## Selbst Waisenkinder sind unerwünscht
Senator und Kandidat Rand Paul verfasst gerade ein Gesetz, das Flüchtlinge
aus bis zu 30 Ländern, in denen dschihadistische Bewegungen aktiv sind, das
Asyl in den USA verwehren soll. Gouverneur und Kandidat Chris Christie will
die USA sogar für fünfjährige Waisenkinder aus Syrien dichtmachen.
Senator und Kandidat Marco Rubio, der es bis vor einigen Tagen noch
akzeptabel fand, mehr Flüchtlinge aus Syrien – insbesondere, wenn sie
Christen sind – aufzunehmen, sagt nun: „Wir können niemanden in Syrien
anrufen, und um Informationen bitten“. Und Ex-Gouverneur und Kandidat Jeb
Bush meint, Syrer sollten nur aufgenommen werden, wenn sie Christen sind
und das nachweisen können.
Seit Beginn des Konflikts [1][haben die USA nur 2.100 syrische Flüchtlinge
aufgenommen], davon die meisten in den letzten Monaten. Selbst mit der
jüngsten Ankündigung von Barack Obama, im nächsten Jahr 10.000 syrische
Flüchtlinge in die USA zu lassen, bleibt das Land mit 300 Millionen
Einwohnern weit hinter vielen europäischen Ländern und erst recht hinter
den Nachbarländern Syriens zurück.
## Hartes Prüfungsverfahren
Seltsam klingt auch der Einwand, dass das Prüfungsverfahren unzuverlässig
sei. Denn kein Land prüft seine Asylbewerber akribischer als die USA.
Zwischen Antragstellung und einer Einreise in die USA vergehen mindestens
zwei, manchmal mehr Jahre. In dieser Zeit machen die US-Behörden
„Backgroundchecks“ und persönliche Befragungen, während die Flüchtlinge …
Ausland warten müssen.
Meist tun sie das in Lagern im Nahen Osten. Und schließlich kontrastiert
die Abschottung auch eigenartig mit den Biografien vieler
Präsidentschaftskandidaten: Jindals Vorfahren stammen aus Indien. Trump war
schon mit einigen Ausländerinnen verheiratet. Ted Cruz und Rubio stammen
von kubanischen Einwanderern ab. Und Bush hat eine mexikanische Gattin.
Die Bundesstaaten, die keine syrischen Flüchtlinge aufnehmen wollen, finden
sich überall in den USA. Sie sind industriell oder ländlich, ethnisch
gemischt oder mehrheitlich weiß, haben überwiegend christliche
Bevölkerungen oder große muslimische Minderheiten. Bis zum Montagabend
haben die Gouverneure folgender Staaten „Nein“ zu syrischen Flüchtlingen
gesagt: Alabama, Arizona, Arkansas, Florida, Georgia, Idaho, Illinois,
Indiana, Iowa, Kansas, Louisiana, Maine, Massachusetts, Michigan,
Mississippi, Nebraska, New Hampshire, New Jersey, New Mexico, North
Carolina, Ohio, Oklahoma, South Carolina, Tennessee, Texas, Wisconsin.
Die bislang einzige Demokratin im Bunde ist die Gouverneurin von New
Hampshire. Maggie Hassan, die 2007 Hillary Clintons Wahlkampf unterstützt
hat, verlangt zusätzliche Garantien und Prüfungen der Asylbewerber – „für
die Sicherheit des amerikanischen Volkes“.
## Obama wehrt sich
Auf der anderen Seite haben nur sechs Bundesstaaten – Colorado,
Connecticut, Delaware, Pennsylvania, Vermont und Washington – ausdrücklich
erklärt, dass bei ihnen hilfesuchende Menschen aus Syrien willkommen sind.
Die Gouverneure der übrigen Bundesstaaten haben sich nicht geäußert.
Asylpolitik in den USA ist Sache der Bundesregierung. Und die Kosten für
die zusätzlichen 10.000 syrischen Flüchtlinge sind bereits im Haushalt für
das nächste Jahr vorgesehen. Die Bundesstaaten können zwar das politische
Klima verändern. Aber auf die Ansiedlung von Flüchtlingen haben sie formal
keinen Einfluss.
Präsident Obama hat [2][vom G-20-Gipfel in der Türkei aus] dagegengehalten.
„Die USA müssen sich anstrengen und ihren Teil tun“, sagte er, „es wäre…
Verrat unserer Werte, die Tür vor Flüchtlingen zuzuschlagen.“ Bei seiner
Pressekonferenz nannte er es „beschämend“, dass Politiker, „von denen
manche selbst aus Familien kommen, die vor politischer Verfolgung geschützt
wurden“, vorschlagen „nur Christen, nicht aber Muslime aufzunehmen und
religiöse Tests für Menschen zu machen, die aus einem kriegszerstörten Land
fliehen“.
Ohne die Gouverneure und Präsidentschaftskandidaten namentlich zu nennen,
sagte Obama: „Das ist nicht amerikanisch.“
17 Nov 2015
## LINKS
[1] http://www.nytimes.com/interactive/2015/10/21/us/where-syrian-refugees-are-…
[2] /Gipfeltreffen-in-der-Tuerkei/!5248516/
## AUTOREN
Dorothea Hahn
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