# taz.de -- Muslime in Deutschland: Geschlossene Vielfalt | |
> Islamische Verbände in Deutschland üben nach den Anschlägen in Paris den | |
> Schulterschluss. Viele treibt die Angst vor Stigmatisierung um. | |
Bild: Sind sich einig in der Verurteilung des Terrors: Verbandsvertreter in Kö… | |
Köln taz | Eigentlich ist die Zentralmoschee im Kölner Stadtteil Ehrenfeld | |
noch eine Baustelle, doch Aufzug und Versammlungsraum im ersten Stock sind | |
bereits in Betrieb. Hier fanden sich Montagvormittag Vertreter der größten | |
islamischen Organisationen Deutschlands ein, um geschlossen Terror und | |
Gewalt zu verurteilen. „Im Bewusstsein der Barmherzigkeit Allahs stehen wir | |
vereint in unserer Liebe zum Nächsten und in Achtung vor dem Leben“, | |
verkünden sie in ihrer Presseerklärung. | |
Die klare Distanzierung war zu erwarten – doch ein so breiter | |
Schulterschluss ist neu. Bereits am Samstag hatten sich acht Verbände auf | |
Einladung des Koordinationsrates der Muslime getroffen. Zu dem haben sich | |
2007 die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib), der | |
Zentralrat der Muslime, der Islamrat und der Verband der Islamischen | |
Kulturzentren zusammengeschlossen. Ihrer Einladung waren die Ahmadiyya | |
-Gemeinde, die Islamische Gemeinschaft der Bosniaken, der Dachverband der | |
Schiiten sowie der Zentralrat der Marokkaner gefolgt. | |
Wie viele der in Deutschland lebenden Muslime die Verbände repräsentieren, | |
konnte Zekeriya Altuğ, Sprecher des Koordinationsrates der Muslime, nur | |
schätzen. Er nannte 60 bis 70 Prozent – eine gewagte Angabe, denn nicht | |
organisierte Muslime werden hierzulande nicht erfasst. | |
In der fast einstündigen Pressekonferenz mutete es zuweilen an, als säßen | |
die Islamvertreter auf der Anklagebank. Unentwegt verteidigten sie ihre | |
Arbeit und Entschlossenheit, mit allen gesellschaftlichen Kräften gegen | |
Radikalisierung vorzugehen. Die Angst vor Diskriminierung war allen | |
Anwesenden anzumerken. | |
Altuğ fürchtet Pöbeleien und Übergriffe auf Muslime sowie Anschläge auf | |
Moscheen. Er warnt außerdem davor, die Flüchtlinge zu stigmatisieren. | |
Nurhan Soykan vom Zentralrat der Muslime fühlt sich in ihrer Arbeit um | |
Jahrzehnte zurückgeworfen: „Wir sind nun wieder Vorwürfen und einem | |
Generalverdacht ausgesetzt. Es wird so viel kaputtgemacht durch diese | |
Anschläge.” | |
Konkrete Projekte gegen Radikalisierung nannten die Verbandsvertreter | |
nicht. Eine solide religiöse Unterweisung junger Gläubiger sei die beste | |
Prävention. Aber auch solche, die sich radikalisiert hätten, müssten | |
zurückgewonnen werden. Dabei seien „alle gesellschaftlichen Kräfte | |
gefordert”. Daher suchen die Islamverbände das Gespräch mit Politik und | |
Kirchen. | |
Bekir Altaş, Vorsitzender des Islamrats, betonte, dass die Radikalisierung | |
nicht in den Moscheen stattfände, sondern vor allem im Internet. Daher | |
müssten muslimische Organisationen dort mehr Präsenz zeigen als bisher, | |
etwa durch Kurzvideos zum Selbstverständnis des Islam. | |
16 Nov 2015 | |
## AUTOREN | |
Claudia Hennen | |
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