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# taz.de -- Bremer Patientenberatung schließt: Das Ende eines Vorbildes
> Die Unabhängige Patientenberatung Bremen macht dicht. Stattdessen
> übernimmt eine kommerzielle Firma bald auch in Bremen diese Aufgabe.
Bild: Eine unabhängige Patientenberatung würde abraten, vom Aderlass. Hier da…
BREMEN taz | Die [1][Unabhängige Patientenberatung Bremen (UPB)] muss nun
doch zum Ende des Jahres schließen. Das Büro wird aufgelöst, den vier
Mitarbeiterinnen wurde gekündigt. Dafür eröffnet zu Jahresbeginn eine neue
Beratungsstelle der [2][Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD)].
Die wiederum wird ab 2016 von der [3][profitorientierten Firma Sanvartis]
getragen, die Call-Center für Krankenkassen betreibt und auch für Pharma-
und Medizinproduktehersteller arbeitet.
Es sei „ausgesprochen bedauerlich“, dass die UPB nun zugunsten von
Sanvartis aufgeben müsse, so Heidrun Gitter, Präsidentin der Ärztekammer
und Vorsitzende des Trägervereins. Dabei war Bremen bei der
Patientenberatung 1998 Vorreiter – anderswo gab es solche Beratungsstellen
erst 2006.
Bislang wird die bundesweite Patientenberatung von den Verbraucherzentralen
und dem Sozialverband VDK betrieben, ab 2016 sollte die Bremer
Beratungsstelle in das Netzwerk integriert werden. Nun kommt alles anders –
weil Sanvartis den Auftrag bekommen hat. Bezahlen müssen die
Patientenberatung die Krankenkassen. Der Auftrag dafür wird bislang alle
fünf Jahre neu vergeben, nun gibt es für sieben Jahre neun statt bisher
fünf Millionen Euro.
An dem Zuschlag für Sanvartis hatte es viel Kritik gegeben. Die UPD dürfe
nicht zu einem „krankenkassennahen Call-Center verkommen“, sagte etwa die
Ärztekammer, auch Gesundheitssenatorin Eva Quante-Brandt (SPD) sieht die
Vergabe „nach wie vor kritisch“. Sie erwarte von Sanvartis, „dass
Neutralität und Unabhängigkeit gewährleistet sind“, so Quante-Brandt. Und
von der Bundesregierung, dass sie „eine strenge Qualitätskontrolle“
sicherstelle. Aus Sicht des Patientenbeauftragten des Bundes, Karl-Josef
Laumann (CDU) ist die „Einflussnahmen Dritter auf die Beratung
ausgeschlossen“.
Weil die von vielen gelobten Mitarbeiterinnen der Bremer Beratungsstelle
nicht an diese Unabhängigkeit glauben, hatten sie alle „kein Interesse, für
Sanvartis zu arbeiten“, sagt die Geschäftsführerin Elisabeth Goetz, eine
Ärztin für Anästhesie.
Getragen wurde die Bremer Institution vom Gesundheitsressort, dem Magistrat
Bremerhaven, der Krankenhausgesellschaft, der Ärzte- sowie der
Psychotherapeutenkammer – und den Krankenkassen. Die kamen für ein Viertel
des Jahresetats von etwa 200.000 Euro auf. „Für die Finanzierung von
Doppelstrukturen gab es keine rechtliche Grundlage“, heißt es bei der
Ärztekammer. Die Entscheidung sei „nicht leichtfertig“ getroffen worden, so
die Ärztekammer, die immer noch an der Unabhängigkeit der neuen
Patientenberatung zweifelt. Die Linke will das Ende der UPB nochmal im
Landtag debattieren – und hat eine Anfrage für die Fragestunde eingereicht.
Zwar sei „geprüft“ worden, die UPB zu erhalten, heißt es aus dem
Gesundheitsressort. Das hätte allerdings nur funktioniert, wenn die
Krankenkassen diese Doppelstruktur mit bezahlt hätten. Die aber sehen dafür
keine Veranlassung. Eine Sprecherin des Verbandes der Ersatzkassen verweist
auf das „valide Ausschreibungsverfahren“, das Sanvartis für sich
entschieden habe, und die „hohen Ansprüche“ darin. Ein eigenes System in
Bremen war „nicht finanzierbar“, sagt die Sprecherin des
Gesundheitsressorts.
Die UPB hat bisher rund 4.000 Personen im Jahr beraten, in bis zu 6.000
Gesprächen. Zu den vier MitarbeiterInnen gehörten eine Ärztin, eine
Juristin, eine Sozialpädagogin und eine Krankenschwester. Oft begleiteten
sie auch längere Behandlungsprozesse.
Wer wann und wo genau in der neuen Bremer Beratungsstelle der UPD arbeiten
wird ist noch unklar. Sanvartis verspricht zudem kostenfreie telefonische
Beratung, werktags von acht bis 22 Uhr und samstags bis 18 Uhr, kostenfrei
auch von Mobiltelefonen unter der bisherigen Hotline 0800 / 011 77 22.
23 Nov 2015
## LINKS
[1] http://www.patientenberatung-bremen.de/
[2] http://www.patientenberatung.de/
[3] http://www.sanvartis.de/site-p/presse/detail/archive/2015/september/article…
## AUTOREN
Jan Zier
## TAGS
Gesundheitspolitik
Gesundheit
Ärzte
Psychiatrie
Bremen
Bremen
Patientenrechte
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