| # taz.de -- Unabhängige Beratung: Bedrohte Bremensie | |
| > Krankenkassen wollen Patientenberatung einer profitorientierten Firma | |
| > übertragen - und ernten bundesweit Kritik. | |
| Bild: Hätte er sich vielleicht lieber unabhängig beraten lassen sollen? Patie… | |
| Bremen taz | Im Grunde ist sie eine Bremer Erfindung, die unabhängige | |
| Patientenberatung. Seit 1998 gibt es die schon in Bremen – anderswo erst | |
| seit 2006. Doch nun ist ihre Autonomie in Gefahr. | |
| Und zwar obwohl sie in Bremen eigenständig ist – und bislang nicht zur | |
| Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD) gehört, einem | |
| Zusammenschluss von bundesweit 21 Beratungsstellen. Der wiederum soll | |
| Plänen zufolge nun von der profitorientierten Firma Sanvartis übernommen | |
| werden, die Call-Center für Krankenkassen betreibt und auch für | |
| Pharmafirmen und Medizinproduktehersteller arbeitet. Das hat der | |
| Spitzenverband der Krankenkassen entschieden, der diese Beratung – so | |
| steht‘s im Sozialgesetzbuch – bezahlen muss. Der Auftrag dafür wird bislang | |
| alle fünf Jahre neu ausgeschrieben, nun soll es für sieben Jahre neun statt | |
| bisher fünf Millionen Euro geben. | |
| Bislang wird die UPD von den Verbraucherzentralen und dem Sozialverband VDK | |
| getragen, ab dem kommenden Jahr sollte auch die Bremer Beratungsstelle in | |
| diesen Netzwerk integriert werden. Und gegen dessen Übernahme durch | |
| Sanvartis regte sich bundesweit Kritik: Die UPD dürfe nicht zu einem | |
| „krankenkassennahen Call-Center verkommen“, sagt beispielsweise die | |
| Ärztekammer. | |
| Auch bei der Bremer Patientenberatung habe „keiner ein Interesse, zu | |
| Sanvartis zu gehen“, sagt Geschäftsführerin Elisabeth Goetz, eine Ärztin | |
| für Anästhesie. „Das konterkariert die unabhängige Beratung.“ | |
| Zwar stehen hinter der Bremer Beratungsstelle andere gesellschaftliche | |
| Kräfte als hinter der bundesweiten UPD: Getragen wird sie in Bremen vom | |
| Gesundheitsressort, dem Magistrat Bremerhaven, der Ärzte- sowie der | |
| Psychotherapeutenkammer, der Bremer Krankenhausgesellschaft – und eben den | |
| örtlichen Krankenkassen. | |
| Doch gerade letztere sind nun das Problem: Weil ihr Spitzenverband, der die | |
| unabhängige Patientenberatung finanzieren muss, offenbar den bisherigen | |
| Trägern den Auftrag entziehen will. Deshalb, sagt Goetz, sei auch in Bremen | |
| „jetzt unklar, was passiert“. | |
| Entscheiden muss das der Vorstand der Unabhängigen Patientenberatung, in | |
| dem neben dem Gesundheitsressort auch wieder alle Träger sitzen: also | |
| Krankenhausgesellschaft, Ärztekammern und Krankenkassen. Dieser aber will | |
| sich erst festlegen, wenn Klarheit darüber herrscht, wie es künftig | |
| bundesweit laufen soll – und wer dann für die UPD verantwortlich ist. | |
| Noch ist die Vergabe der unabhängigen Patientenberatung an Sanvartis nicht | |
| endgültig, zumal die Verbraucherzentralen und der VDK Widerspruch gegen die | |
| Entscheidung eingelegt haben. Auch aus der SPD und von den Grünen kommt | |
| bundesweit Kritik. Der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, der | |
| CDU-Politiker Karl-Josef Laumann, hat sich nach eigenen Angaben noch nicht | |
| entschieden. | |
| Goetz zufolge gab es bei der Bremer Trägerschaft bislang keine Probleme mit | |
| der Unabhängigkeit: „Hier sind alle mit im Boot und halten sich gegenseitig | |
| gut in Schach.“ Zehn Jahre arbeitet Goetz schon für die Bremer | |
| Patientenberatung – und in der Zeit habe es „keinen Versuch“ gegeben, | |
| Einfluss zu nehmen. Derzeit komme aber viel Post – von Patientinnen und | |
| Patienten, die „sehr beunruhigt“ seien ob der drohenden Übernahme der UPD | |
| durch Sanvartis. | |
| Rund 4.000 Personen werden hier im Jahr beraten, in bis zu 6.000 | |
| Gesprächen. Insgesamt arbeiten auf knapp zwei Stellen vier Mitarbeiterinnen | |
| für die Bremer Beratung, neben der Ärztin eine Juristin, eine | |
| Sozialpädagogin und eine Krankenschwester. „Wir können uns auf die | |
| Notwendigkeiten des Patienten einlassen“, so Goetz. Oft werden dabei auch | |
| längere Behandlungsprozesse begleitet – das ein Call-Center das auch tut, | |
| kann sich Goetz „nicht vorstellen“. | |
| 11 Aug 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Jan Zier | |
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